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Ein zweites Sonnensystem
Der berechnete Planet

Es ist eine doppelte Premiere: Astronomen haben erstmals ein Planetensystem entdeckt, das wie das Sonnensystem aus acht Planeten besteht - bisher galt unser System als Rekordhalter. Und zum ersten Mal hat ein Computerprogramm die Existenz eines dieser Planeten berechnet.

Von Guido Meyer | 15.12.2017
    Zeichnung des Teleskops "Kepler" im Weltall
    Signale des Weltraumteleskops Kepler können von Computerpogrammen ausgewertet werden (NASA)
    Seit fast neun Jahren sucht das Weltraumteleskop Kepler nach exosolaren Planeten - nach Welten also, die einen anderen Stern umkreisen als die Sonne. Schon mehr als zweitausendmal ist es fündig geworden. Tausende Signale warten noch auf ihre Auswertung. Die Forscher haben sich deswegen nur auf die stärksten Signale konzentriert.
    Computerprogramme auf Kepler-Signale trainiert
    Mit all den anderen schwächeren Signalen haben die Astronomen Computerprogramme gefüttert. Sie sind untereinander wie ein neuronales Netzwerk verbunden, erklärt Christopher Shallue, Softwareingenieuer bei Google AI, der Abteilung für künstliche Intelligenz im kalifornischen Mountain View.
    "Dieses Netzwerk lernt anhand von Beispielen. So kann es verschiedene Arten von Inputs klassifizieren. Es könnte Bilder von Katzen als Katzen und solche von Hunden als Hunde erkennen. Oder aber - wie in diesem Fall - es lernt Signale des Kepler-Teleskops danach zu unterscheiden, ob sich dahinter ein Planet verbirgt oder nicht."
    Das Weltraumteleskop Kepler bedient sich der Transit-Methode. Es kann beobachten, ob das Licht eines Sterns für eine gewisse Zeit abfällt. Dies könnte beispielsweise daran liegen, dass - von der Erde aus gesehen - ein Planet vor dem Stern vorbeizieht und ihn so minimal abdunkelt. Diesen Effekt zu erkennen und ihn auszuwerten, das musste das Computernetzwerk erst lernen.
    "Um das neuronale Netzwerk zu trainieren, haben wir uns 15.000 Kepler-Signalen bedient, die Wissenschaftler schon ausgewertet hatten. Danach konnte der Algorithmus in 96 Prozent aller Fälle erkennen, wann es sich um einen Planeten handelte und wann nicht."
    Kepler-90i ist der achte Planet in seinem System
    Fündig geworden ist die Software jetzt erstmals mit dem Planeten Kepler-90i. Er umkreist einen Stern von der Größe der Sonne in mehr als zweieinhalbtausend Lichtjahren Entfernung von der Erde, wie der Astronom Andrew Vanderburg von der University of Texas in Austin erläutert.
    "Der neue Planet ist klein genug, dass wir ihn für einen Felsplaneten halten. Er dürfte über keine besonders dicke Atmosphäre verfügen. Kepler-90i ist aber kein Ort, den ich gerne besuchen würde. Die Oberfläche ist glühend heiß. Wir haben berechnet, dass es dort wahrscheinlich im Durchschnitt mehr als 400 Grad Celsius heiß sind."
    Das liegt daran, dass der Planet seinen Stern in nur vierzehn Tagen umrundet. Seine Umlaufbahn liegt somit wesentlich näher an seinem Stern als der innerste Planet des Sonnensystems, Merkur, um die Sonne kreist. Und damit ist die Zahl der Planeten im Kepler-90-System auf insgesamt acht gestiegen.
    "Zum ersten Mal, seit die Planeten des Sonnensystems vor Tausenden von Jahren entdeckt wurden, wissen wir jetzt, dass das Sonnensystem nicht der Rekordhalter ist, was die Anzahl der Planeten angeht. Vielleicht gibt es dort draußen Systeme mit so vielen Planeten, dass das Sonnensystem mit seinen acht Planeten dagegen regelrecht verblasst."