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Eine echte Chance

Bis Sonntag zeigen 26 Gruppen oder Solisten mit insgesamt mehr als 90 Akteuren aus neun Bundesländern unter dem Motto "Ei(n)fälle" Szenen, Lieder und Comedy. Zum Auftakt des 15. Festivals stellten Teilnehmer aus Würzburg, Rostock und Riesa ihre satirischen Programme vor.

Von Axel Flemming | 22.01.2010
    "Kabarett und Studium, das eine kann das andere verlängern, das andere das eine befördern.

    Und wenn es gut läuft wird das Kabarett zum Beruf.

    Aber was muss man studieren, um Kabarettist zu werden?"

    Auch Projektleiter Andreas Gaber vom Studentenwerk Frankfurt (Oder), der das bundesweite "Kabaretttreffen der Studiosi" organisiert, sieht da keine klare Präferenz:

    "Nach meinem Eindruck gibt es da keine Schwerpunkte. Da ist alles dabei, und ich kann also nicht ausmachen, weder gesellschaftswissenschaftliche noch technische noch sonst irgendwelche groben Richtungen, in denen das vielleicht verstärkt auftreten würde."

    Zu den Höhepunkten des Festivals gehören der "Große Nachmittag des Improvisationstheaters" morgen und ein satirischer Lese-Bühnen-Brunch am Sonntag. Was geboten wird, ist ein Ritt durch die Genres. Das kündigte sich auch schon bei der Eröffnungsgala an.

    Andreas Sauerwein der Jazzpianist unter den Kabarettisten, zeigte zum Beispiel, dass er mit dem Studium zwar schon fertig ist, dem Uni-Betrieb aber noch nicht ganz entwachsen:

    "Ich hab ja noch Examen gemacht. Vielleicht zur Erklärung für die Bachelorstudenten: Examen, das ist so was wie dreimal Bachelor – was die Studienlänge angeht. Es war ganz interessant, war grad so im 3. Semester, hatte mich grad so einigermaßen eingelebt, wusste jetzt, mit welchem Bus ich zur Uni komm, dann kamen so diese Bachelorstudenten rein, und es war beeindruckend. Also bis ich mir überhaupt deren Namen merken konnte, waren die mit dem Studium schon fertig. Nach sechs Semestern. Da habe ich mir zum ersten Mal ein Buch ausgeliehen."

    Das Wochenende in Cottbus wird eine Mischung aus Familien- oder Klassentreffen der Jungkabarettisten, Casting und Leistungsschau der Satire.

    Es ist die Bühne für arrivierte Künstler wie das Anarcho-Rock-Duo "Zärtlichkeiten mit Freunden", die schon zum fünften Mal hier sind.

    Aber gerade für Newcomer ist das studentische Kabarettfestival eine echte Chance, wie zum Beispiel für die politisch-satirischen Kabarettgruppe CAT-Stairs aus Burg in Sachsen-Anhalt: Die sind so frisch, dass ein Mitglied noch nicht einmal an der Uni eingeschrieben ist.

    "Ich bin Vanessa Meier, Schülerin Gymnasium in Burg"

    "Mit der Absicht zu studieren?"

    "Ja, in absehbarer Zeit, Sprachen. Deutsch, Englisch wohl."

    Und da der Spruch "Das Kabarett ist tot", mittlerweile älter ist, als die meisten Teilnehmer des Festivals, muss diese These doch irgendwann revidiert werden, fordern Dietrich und Raab aus Rostock.

    Ihr Stammensemble, der "ROhrSTOCK" blickt mittlerweile auf eine 40-jährige Bühnentradition zurück und war auch schon beim ersten Treffen in Cottbus 1996 vertreten.

    "Ja, das Kabarett ist ja, seit es lebt, tot. Und das Feuilleton hasst es in der Regel auch. Und ich kann nur für mich sprechen: Ich hasse auch ganz viel, was unter dem Namen Kabarett läuft, immer dann, wenn so fest geformte Meinungen mehr oder weniger lustig über die Bühne gebracht werden. Aber sobald man merkt, dass auf dem Kabarett was passiert, was mit Nachdenken oder Infragestellen zu tun hat, mit neuen Sachen ausprobieren, dann find ich, kann Kabarett sehr lebendig sein und ist es oft auch. Also man sieht sehr viel totes Kabarett auf der Bühne, aber auch sehr viel innovative und tolle Sachen."