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Eine gefährlich naive Selbstverständigungsübung

Das Stück "Trapped" der südafrikanischen Theatermacherin Princess Mhlongo besteht aus vielen Momentaufnahmen und stellt die Frage nach der Freiheitsdefinition. Ein Zwillingspärchen, das die Nabelschnur zum anderen schwer lösen kann und eine Art Castingshow der Selbstzurichtung variieren das Thema.

Von Karin Fischer | 01.08.2012
    Die Szene soll ein verlassenes Museum sein. Vor einem Plastikvorhang senkrechtes Gestänge, mit Baustellen-Planken verbunden, und ein paar Würfel, die Sockel nicht mehr vorhandener Exponate. Darauf zuerst eine Schauspielerin, die eine Schwarzen-Marionette darstellt, an Schnüren gehalten von dürren Männern in schwarz glänzendem Material. Sie stellen Ameisen dar, oder: die Schwarzen als namenlose Arbeitstiere?

    Die Regisseurin wollte ursprünglich das Stück "Colored Museum” von George C. Wolfe inszenieren, doch das scheiterte an der Rechtefrage. Anleihen an Wolfes berühmte Satire aus den 80er-Jahren gibt es jetzt nur der Form nach. Das Stück nahm die historische Last auf den Schultern der Black People in den USA völlig schmerzfrei auf die Schippe und ist heute einen Meilenstein der Theatergeschichte. Zinzi Mhlongos Marionette kultiviert das Pathos:

    "Welcome. Welcome to the world of the forgotten. You must know that your presence is greatly appreciated. You understand that without you there is no us, so it is very important that you witness all that you can in this moment.”"

    Das Stück besteht aus vielen Momentaufnahmen und stellt die Frage: "Was ist Freiheit?" Jeder Szenenwechsel ist von Gesang begleitet. Eine goldglänzende Lady in Ketten wird auf einer Schubkarre hereingefahren, sie verkörpert den Glauben an die Ordnung - aus Angst vor Freiheit. Ein Mann vor einer Spiegelwand ist Narzisst und jedermanns Hure - but don't worry, I'm the Queen. Soldaten, auch sie im Glitzerlook, sprechen von Krieg und Töten, vom Männlichkeitsideal und von der Sehnsucht, die Freiheit zu gewinnen, bevor man stirbt. Ein Zwillingspärchen, das die Nabelschnur zum anderen schwer lösen kann und eine Art Castingshow der Selbstzurichtung variieren das Thema.

    ""I wonna be a star, star, star, famous famous famous famous ... "

    Am Schluss wird Buddha bemüht und die etwas harmlose Einsicht, dass jeder Mensch die Quelle der eigenen Gefangenschaft sein kann oder die der Freiheit.

    Es gibt Theatertruppen, wie zum Beispiel das Duo Gintersdorfer/Klaßen mit ihren Schauspielern von der Elfenbeinküste, die das moderne Afrika - korrupte Politiker, promiskuitive Discokönige, die Möchtegernreichen mit Verwandtschaft in Paris - augenzwinkernd auf die Bühne bringen und dabei sowohl afrikanische Theaterformen als auch den postkolonialen Blick der Zuschauer mit inszenieren. Das ist immer ein intelligentes Vergnügen, demgegenüber sich das "farbige Museum” von Princess Mhlongo als dunkel gefärbte, pathetische und gefährlich naive Selbstverständigungsübung gibt. Dass genügend Sperriges bleibt, machen allein die Masken und die Akustik.

    Ein spezifisch Salzburger Problem gibt es auch: In Afrika müssen die Mitglieder der Truppe eine Theaterproduktion mit ein paar Tausend Euro stemmen. Hier in Salzburg werden sie mit Audis durch die Stadt gefahren, die das 30-fache kosten. Der Hauptsponsor des YDP, Montblanc, verstärkt den Festspiele-Hype durch Einladung sogenannter Prominenter wie "Desperate Housewife”-Star Teri Hatcher. Gut, dass Prinzessin Zinzi Mhlongo jetzt durch die Salzburger Festspiele zusätzlich geadelt wird. Das Problem der Beliebigkeit aufseiten der Kuratoren ist damit noch nicht gelöst.