Dienstag, 19. März 2024

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Eine Lange Nacht über Mediation und Migration
Vom Konflikt zum Dialog

Mediation ist ein Mittel und eine Chance, Konflikte zwischen Menschen jenseits von Rechtsanwälten und Gerichten zu klären. Mediation ist ein altes Geschäft. Schon der attische Grieche Solon (um 600 vor Christus) beschäftigte sich mit der Frage, wie in der Gesellschaft zwischen "oben" und "unten" Gerechtigkeit geschaffen werden kann.

Von Blanka Weber | 12.03.2016
    Hände symbolisieren eine Streitschlichtung.
    Die Arbeit eines Mediators ist zwischen zerstrittenen Partnern zu vermitteln. Die geschaffene Balance fördert ein Erarbeiten einer gemeinsam akzeptierten Konfliktlösung im Dialog. (picture alliance / dpa / Tobias Kleinschmidt )
    Programmtipp: Lange Nacht, 23.05 Uhr Migration und Mediation
    Mediation ist ein Mittel und eine Chance, Konflikte zwischen Menschen jenseits von Rechtsanwälten und Gerichten zu klären. Mediation ist ein altes Geschäft. Schon der attische Grieche Solon (um 600) beschäftigte sich mit der Frage, wie in der Gesellschaft zwischen "oben" und "unten" Gerechtigkeit geschaffen werden kann, wie Güter fair verteilt und eine Balance zwischen dem Volk und denen "da oben" funktionieren kann. Es ist das ewige Bemühen um Recht haben und recht geben, um ideellen oder materiellen Ausgleich. Wenn heute Mediatoren um Rat gefragt werden, geht es um Streit wegen Firmenanteilen, familiäre Unternehmensnachfolge, frustrierte Mitarbeiter, Mobbing, Probleme zwischen Angehörigen verschiedener Kulturen. Ohne Mediation könnte alles dies zu endlosen Streitigkeiten führen. Der Markt der Mediatoren boomt: Es gibt Schulmediatoren, Konfliktlotsen, Mediatoren, die spezialisiert sind auf Arbeitsrecht, auf Familienrecht, Wirtschaft oder Verwaltung. Inzwischen werden Vermittlungen zwischen verschiedenen Kulturen, nicht nur in Flüchtlingsunterkünften, immer wichtiger. Eine Lange Nacht über Wege vom Konflikt zum Dialog.
    Zitate aus der Sendung:
    Doris Wietfeldt, Mediatorin in Berlin: "Ich spreche die Dinge schneller aus, ich spreche sie schneller an. Und ich nehme sie auch noch ernster. Und ich versuche, Menschen zu motivieren, und gleichzeitig habe ich den Eindruck, man kann sie schneller motivieren, wenn man ihre Grenzen klar ausspricht und sagt: Das können Sie nicht mehr. Sie wollen auch nicht mehr. Sie wollen mit diesem Kollegen nicht mehr zusammen arbeiten. Sie möchten das nicht mehr. Und es ist oft so eine Erleichterung, wenn man sagt, danke, dass sie das aussprechen. Ich hab mir das nicht getraut. Wo ich sage, genau, als Mediatorin geben wir die Erlaubnis, heikle, schwierige, schambehaftete, ganz komische Sachen, die niemand aussprechen möchte, wir geben die Erlaubnis, sie auszusprechen und wir schaffen dafür einen Rahmen und wir finden dafür Worte, wo man sagt, auf diese Art und Weise kann man sie auch aussprechen, man kann über alles reden. Wenn man dafür Worte findet, die zwar die Wahrheit sagen, also die subjektive Wahrheit, gleichzeitig den anderen Menschen nicht fertigmachen, also nicht in Grund und Boden stampfen wie man das klassischerweise macht wie mit einem Vorwurf oder einer Bedingung, sondern dass man sagt, ich kann hier nicht mehr mit dir arbeiten, weil das, was mit dir passiert ist, hat mich dermaßen gekränkt, mein Vertrauen ist so gebrochen. "
    Dr. Patrice Poutrus, Wissenschaftler am Lise-Meitner-Fellow am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien: "Als wenn ich gefragt werden würde, was ich mir wünsche. Würde ich sagen, dass wir endlich aufhören, für neue Situationen immer wieder die gleichen alten Antworten zu finden oder zu verwenden. Ich habe selber nicht alle Antworten auf die Situation, aber ich bin es satt immer wieder zu hören wir müssten die Menschen nur loswerden, dann wären alle Probleme gelöst. Das andere, ich finde es erstaunlich welchen Einfluss rechtsextreme und Rechtsradikale auf die öffentliche Debatte haben und welchen geringen Einfluss die Menschen haben, die jeden Tag dafür einstehen, dass Artikel 1 auch am LAGESO, auch am Flüchtlingsheim, auch in Notunterkünften eingehalten wird. Ich würde mir wünschen, dass mit diesen Menschen endlich ein Dialog eingegangen wird und dass auch denen endlich nicht nur in einer symbolischen Handlung, sondern tatsächlich Gehör verschafft werden würde."
    "Und es ist immer wieder erstaunlich für mich und meine Kollegen wie weit die Debatte von den empirischen Befunden entfernt ist, wie weit Behauptungen in den Raum gestellt werden, die scheinbar die Wirklichkeit abbilden, ohne dass das tatsächlich der Fall ist. Es gibt eine Art Dynamik in der Politik mit schlechten Beispielen Gesetze zu machen aber Gesetze die auf Basis schlechter Beispiele entwickelt werden sind meistens schlechte Gesetze, weil sie nicht die Komplexität abbilden, sondern die negative Seite einnehmen. So sehe ich persönlich auch das Asylpaket zwei."
    Bernhard Böhm, Master of Mediation, Mediator, Supervisor. Als Vertreter der Steinbeis-Hochschule Berlin ist er Mitglied im Deutschen Mediationsrat: "Meine Erfahrung ist die, dass in der Regel Mediation dann in Anspruch genommen wird, wenn die Situation schon relativ ausweglos ist, also wenn man das Gefühl hat, man hat alles getan, die Führungskräfte haben alles getan, die Geschäftsleitung hat vieles versucht, die Personalabteilung hat schon versucht in dem Konflikt zu vermitteln und man ist einfach in einer Sackgasse. Man merkt, dass man keine Entscheidung treffen kann, zum Beispiel, dass ich jetzt einen Kollegen versetze. Manchmal wissen die Führungskräfte auch gar nicht, wen soll ich mir jetzt rauspicken, also so in Gesprächen höre ich dann öfters Herr Böhm, wenn ich einen Schuldigen hätte, ich würde ihn ja nehmen und versetzen oder arbeitsrechtliche Schritte einleiten. Das ist in vielen Fällen gar nicht möglich."
    "Was ich persönlich spannend finde, gerade bei Mediationen innerhalb von Organisationen, dass es nur in seltensten Fällen ein Standardprozess ist. Also Mediation ist kein Malen nach Zahlen, sondern es ist tatsächlich ein Aushandlungsprozess und anders wie in anderen Feldern muss sich in Organisationen und Unternehmen tatsächlich auch viele Dinge hinterfragen und klären im Vorlauf, also diese Grundprinzipien, die man mit der Mediation verknüpft wie Freiwilligkeit, Allparteilichkeit, Vertraulichkeit, Ergebnisoffenheit. Das sind alles Prinzipien, die so 1:1 im Unternehmen nicht angewendet werden können. Ich hab im Unternehmen noch keine Mediation erlebt, die wirklich ergebnis-offen ist."
    "Führungskräfte wollen natürlich auch an der einen oder anderen Stelle informiert werden über das Ergebnis der Mediation, ob also die Investition sich rentiert hat oder nicht. Andererseits gibt es auch Mitarbeiter, die gehen nicht mit wehenden Fahnen in die Mediation, sondern die würden von ihrer Führungskraft mehr oder weniger freundlich gebeten an der Mediation teilzunehmen. Das heißt, das sind alles Voraussetzungen, die man im Vorfeld klären muss, die zum Teil sehr aufwendig sind, die aber wichtig sind, um eine gute Arbeitsbasis zu schaffen. Und ich denke, das ist auch noch mal ein Unterschied zu anderen Mediationsfeldern wie im Familienbereich zum Beispiel."
    Sergej Lochthofen: "Aber insgesamt darf man nicht den Eindruck erwecken, das Land geht gerade kaputt, Krise, Chaos usw. die Menschen, die über dieses Chaos das ganze Jahr geredet haben, haben keine Ahnung, wie ein Chaos aussieht. Das heißt Lampedusa, oder auf Lesbos konnte man sehen, wie eine kleine Region, die sonst auf ein paar Touristen wartet, aber nicht auf Tausende und Zehntausende Flüchtlinge, dass die natürlich schnell unter Druck gerät. Deutschland hat eine Million Flüchtlinge relativ schnell verteilt, interessanterweise, am Ende, wenn man heute die Statistik sieht, sind die meisten Leute nicht in Bayern geblieben, sondern bezogen auf die Bevölkerungszahl leben sie im Osten. Das heißt, mehr Flüchtlinge sind in den Osten verteilt worden als in den Westen, geht völlig in der Diskussion unter, aber ich will deutlich machen, differenziert, sachlich, vernünftig darüber berichten und nicht bemühen, sich dem anderen Moderator im Sender nebenan noch zu übertrumpfen und noch eins draufzustehen, da ist das Thema viel zu ernst dafür."
    Christoph C. Paul, Rechtsanwalt, Notar, Mediator: "Und wenn ich Leute erlebe, die sich dem in einer so vehementen Abwehr gegenüberstellen, dann erschreckt mich das zunächst erst einmal und dann frage ich mich, was ist da falsch gelaufen? Was kann man möglicherweise machen, um die Leute wieder dazu zubekommen, sich vielleicht mehr mit einem anderen Blick den Interessen und Bedürfnissen den Notwendigkeiten der hier Ankommenden zu stellen."
    Sosan Azad, Mediatorin, Geschäftsführerin von StreitEntknoten: "Und ich glaube, es gibt viele, viele Menschen, die wie ich, gerade die Brücken zwischen den verschiedenen Kulturen bauen und ich bin vielleicht eine von den wenigen, aber es gibt ganz ganz viele wunderbare Menschen, die sind leider nicht sichtbar, die werden nicht gehört, weil es sind Ressourcen. Die haben beide Erfahrungen gemacht und mein Appell ist immer fragt die. Die haben Konzepte und es sind Lebenserfahrungen."
    "Die Gefahr besteht, dass die Interpretationen auch nonverbal ablaufen, die Vermutungen und Befürchtungen auch nonverbal und damit auch wahrscheinlich Bedenken und Kontaktlosigkeit entsteht und mein Wunsch ist, das ich das als ein Modell zeige, ja, ich werde mich anders verhalten, wenn ich anders gekleidet bin. Der Kontakt wird anders gestaltet. Ich möchte aber darüber reden, was das heißt."
    "Ich möchte auch gefragt werden, wie man mit mir umgehen soll und das ist für mich das Interkulturelle oder die interkulturelle Kommunikation, dass wir über unsere Bilder, Vermutungen und Interpretationen reden und gemeinsam Wege finden. Ich sag schon, was sind dann meine Grenzen da."
    "Für viele wird es nicht gegeben, wenn man jung ist und die ganze Zeit von der Gesellschaft hört, pass dich an, sei eine von uns dann ist es auch ein starker Druck, dem die jungen Leute ausgesetzt sind. Das heißt, sei eine von uns, Pass dich an, heißt das, verzichte auf deine Identität, deine Herkunft, deine Tradition, deine Familie."
    Lisa Hinrichsen, Mediatorin, Berlin: "Ich glaube, das man Vermittlung immer und überall machen kann und das es immer möglich ist, wenn so eine Herzenswärme dargestellt ist, also wenn eine Bereitschaft ist, in einer Form da zu sein und unaggressiv da zu sein, sondern eben tatsächlich mit einem offenen Herzen. Und ich glaube, dass, was wir alles an Feinheiten von Mediation, was es da alles an Handwerkszeug gibt, wenn wir das eindampfen auf Verständigung und Vermittlung, für Menschen da sein, dann glaube ich doch, dass man damit was erreichen kann. Die Frage ist, welche Anforderungen ich stelle, was Mediation ist. Für mich ist ein Kernpunkt der Mediation die meditative Haltung. Ich kann Menschen immer mediativ begegnen und dann findet auch fast immer Mediation statt. Also im Sinne von überbrücken von unterschiedlichen Bedürfnissen und Interessen. In dem Moment, wo ich dastehe mit einer Herzens- und mediativen Haltung, dann kann etwas gelingen, was vorher nicht gelingt."
    Lucyna Festag, Pädagogin, Gotha: "Also man sagt Seiteneinsteiger, das ist, wenn man sich vorstellt, ein Bahndamm und an dessen Rand die Menschen stehen und warten. Da kommt der Zug, der vorbei fährt. Er hält aber nicht an. Die Menschen möchten da einspringen, sie möchten dazu gehören, die Menschen, die mit dem Zug weiterfahren, aber sie brauchen Hilfe. Es muss jemand aus dem Zug die Hand ausstecken und muss die reinziehen. Diese Umschreibung ist schon sehr alt, über 30 Jahre. Aber hat an der Aktualität nichts verloren."
    "Das ist, denke ich, das, was ich selbst als Migrantin sehr gerne habe, die Nähe zu den Menschen, die mir geholfen haben. Ich kenne durch meine Biografie oder kann sehr gut nachvollziehen wie man sich fühlt, wenn man an diesem Bahndamm steht und der Zug fährt vorbei und man schaut ob da Hände sind, Menschen, die da stehen und sagen, komm wir helfen dir. Diese Hilfe habe ich ganz viel bekommen im Studienseminar, als ich mich entschieden habe für den Anpassungslehrgang, da habe ich Menschen getroffen, die mir geholfen haben, die mich enorm unterstützt haben. Ich habe meinen Beitrag geleistet, aber die hatten auch immer ein offenes Ohr, wenn ich Probleme hatte und haben mich unterstützt."
    Aydan Özogus, Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration: "Wir haben ja so ein Bild bei uns: Die Welt will zu uns! Die wollen immer nur irgendwie kommen. Tatsächlich war es aber in den vergangen Jahrzehnten so, dass wir, also dieses Land, wiederholt Menschen eingeladen hat, zu kommen. Aus unterschiedlichsten Gründen, natürlich. Bei den Aussiedlern war es ein anderer Grund als bei den Gastarbeiter. Es hatte natürlich immer was mit den Interessen dieses Landes zu tun, auch die EU- Freizügigkeit, bei der man heute sagen kann, naja, an der einen oder anderen Stelle erleben wir natürlich auch unsere Probleme so damit, das kann man im Ruhrgebiet sehen, noch woanders. Sie hat uns aber auch einen gewissen Wohlstand gebracht, auf den ja auch keiner verzichten möchte."
    Buchtipps:
    Christoph Besemer
    Mediation - die Kunst der Vermittlung in Konflikten
    Karlsruhe: Werkstatt für gewaltfreie Aktion, Baden, 2009
    Reinhard Greger, Hannes Unberath'
    Mediationsgesetz (MediationsG), Kommentar
    Recht der alternativen Konfliktlösung.
    2012 Beck Juristischer Verlag
    Der neue Kommentar erläutert das neue Mediationsgesetz und alle anderen durch das Gesetz zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung getroffenen Gesetzesänderungen. Die Kommentierung wird ergänzt durch eine praxisorientierte, systematische Darstellung zu den vertrags- und berufsrechtlichen Aspekten der Mediation. Anleitungen für die Führung von und die Teilnahme an Mediationsverfahren sind ebenfalls enthalten. Einbezogen sind sämtliche Formen der alternativen Konfliktlösung innerhalb und außerhalb gerichtlicher Verfahren. Zahlreiche Formulierungshilfen und Muster runden das Werk ab.
    Reinhard Greger, Hannes Unberath
    Mediationsgesetz (MediationsG), Kommentar
    Recht der alternativen Konfliktlösung.
    2016 Beck Juristischer Verlag
    Dieser Kommentar erläutert die wesentlichen gesetzlichen Normen, die hierzulande den Rahmen für alternative Konfliktlösungen, insbesondere die Mediation und die neu geplante sog. Verbraucherstreitbeilegung bilden. Das Mediationsgesetz, das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) und alle anderen durch das Gesetz zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung getroffenen Gesetzesänderungen werden in einer klassischen Kommentierung erläutert, die durch eine praxisorientierte, systematische Darstellung ergänzt wird. Diese erstreckt sich auf die vertrags- und berufsrechtlichen Aspekte der Mediation und gibt Anleitungen für die Führung von und die Teilnahme an Mediationsverfahren. Sämtliche Formen der alternativen Konfliktlösung innerhalb und außerhalb gerichtlicher Verfahren werden einbezogen. Das Werk enthält außerdem Formulierungshilfen und Muster für die Praxis.
    Josef Freise
    Interkulturelle Soziale Arbeit
    Theoretische Grundlagen, Handlungssätze, Übungen zum Erwerb interkultureller Kompetenz. Politik und Bildung Bd.36 2.
    2007 Wochenschau-Verlag
    Das Buch leistet einen Beitrag zur Förderung der interkulturellen Kompetenz in der Gesellschaft und speziell in sozialen Berufsfeldern. Interkulturelle Kompetenz wird als Schlüsselqualifikation heute nicht nur in der Sozialen Arbeit, sondern auch in der Wirtschaft gefordert.
    Wer beruflich mit Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft zu tun hat, braucht nicht nur theoretische und konzeptionelle Kenntnisse, sondern auch persönliche Fähigkeiten im Umgang mit Menschen und gesellschaftlichen Strukturen. Deshalb werden in dem Buch theoretische Inhalte vermittelt, Handlungskonzepte vorgestellt und Übungen für ein Methodentraining erläutert.

    Joseph Duss-von Werdt
    homo mediator
    Geschichte und Menschenbilder der Mediation. Schriften zur Theorie und Praxis der Mediation
    2015 Schneider Verlag Hohengehren
    Der Klassiker in überarbeiteter Neufassung
    Der "homo mediator" handelt von Menschen, die willens sind, gemeinsam mit andern nach Wegen zu suchen, um aus der Verstrickung in Konflikte und Probleme herauszukommen.
    Der erste Teil geht der Frage nach, seit wann diese Wege begangen werden. Vor rund 40 Jahren galt die Mediation als etwas ganz Neues aus den USA. In der Geschichte Europas erreicht sie aber das nachweisbare Alter von gut 2500 Jahren. In ihren Dokumenten findet man jedoch nur selten etwas über den Mediator als homo faber und oeconomicus. Dazu wurde er erst in neuester Zeit. Hingegen wissen wir mehr von Eigenschaften und Haltungen friedfertiger Frauen und Männer, die zerstrittenen Menschen mit geduldiger Zurückhaltung, Verständnis und Respekt begegnet sind. Sie hießen seit Jahrhunderten Mediatrix und Mediator.
    Der zweite Teil knüpft an ihre Tradition an und erweitert sie: Homo mediator ist nicht nur eine Profession, sondern eine Lebensweise als Mitmensch im Alltag und als demokratischer Mitbürger.
    Wie man öffentlich, beruflich und privat mit anderen umgeht, wird von Menschenbildern geleitet, die wir uns dabei machen. Bei Konflikten erstarren sie zu Wahrheiten: Du warst und bist immer so. Doch können sich Bilder ändern: "Die entsprechende Bereitschaft (...) macht es möglich" (Abraham de Wicquefort, 1682). Mediation lebt von der Bereitschaft, offen aufeinander zuzugehen. Dafür braucht es nicht immer einen Dritten, der einem Sprichwort gemäß lacht, wenn andere sich streiten. Und miteinander statt gegeneinander zu reden, hält die Demokratie zusammen.
    Massimo Livi Bacci
    Kurze Geschichte der Migration
    2015 Wagenbach
    Die Geschichte Europas ist eine Jahrhunderte währende Geschichte von Migration. Wenn wir heute unser Territorium in eine nahezu uneinnehmbare Festung verwandeln, bringen wir uns um die Zukunft.
    Den Ort zu wechseln, anderswo zu leben, in einer anderen Gegend als der angestammten heimisch zu werden, sichert dem Menschen seit seinen frühesten Entwicklungsstufen das Überleben. Im Unterschied zu den Migrationsströmen der vergangenen zweitausend Jahre geschieht Migration allerdings heute oft nicht mehr legal, sondern illegal. Migranten werden als Bedrohung empfunden und kriminalisiert. Dabei brauchen wir Einwanderung nach Europa dringender denn je, und zwar in allen Lebensbereichen.
    Massimo Livi Bacci ist einer der führenden Experten für Bevölkerungswanderung und Demographie. Er beginnt seine Geschichte der Migration in der Ur- und Frühzeit, beschreibt die Besiedlungsgeschichte des Mittelalters ebenso wie die großen transozeanischen Migrationsströme der Neuzeit und analysiert die Gegenwart mit einer Fülle aktueller Zahlen und Fakten. Livi Baccis Geschichte der Migration umfasst damit als einzige die gesamte Menschheitsentwicklung.
    Aber der Autor denkt noch weiter und wagt einen Ausblick ins Jahr 2050: Wenn wir das hohe Lebensniveau in Europa halten wollen, müssen wir Einwanderung erleichtern und befördern.
    Filmtipp:
    Die Entscheidung: "Trennung oder Neubeginn"
    Ein Film von Heidi und Bernd Umbreit
    Mediator:
    Siegfried Rapp
    DVD, 44 Minuten
    Peter E. verlässt seine Familie wegen einer anderen Frau. Das Ehepaar beschließt, statt einer schnellen und vielleicht schmutzigen Scheidung eine Mediation zu beginnen.
    Dieser Film zeigt eine Live-Mediation, die der Mediator und LIKOM-Leiter Siegfried Rapp durchgeführt hat. Die Filmautoren Heidi und Bernd Umbreit haben das Ehepaar Silke und Peter E. auf ihrem Weg durch die Mediation einfühlsam begleitet.
    Der Film erzählt in sensiblen Bildern vom "Verlassen" und "Verlassen werden". Er zeigt die Mediation als Weg durch die Krise. Der Film wurde im SWR- und im WDR-Fernsehen sowie auf ARTE gesendet.
    Weitere Informationen über Mediation beim Bundesverband Mediation
    "Die Mediation". Die Fachzeitschrift für Wirtschaft, Familie, Kultur und Verwaltung
    "Die Wirtschaftsmediation"- das Fachmagazin für Unternehmen und öffentliche Verwaltung
    Musik:
    Die afghanische Musik dieser Langen Nacht ist aus dem Musikprojekt Safar (zu Deutsch: Reise) entnommen. Informationen dazu finden Sie hier