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Einer für alle

Die Gründung eines gemeinsamen Koordinierungsrats im April ist vielerorts begrüßt worden, hat aber auch Kritik auf sich gezogen. Die Mehrheit der Muslime ist nicht in einem der vier Gründungsverbände organisiert, von denen auch einzig die "Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion" (DITIB) als Garant für ein säkulares, moderates Islamverständnis gilt.

Von Dorothea Jung | 02.05.2007
    Claudia Dantschke:
    Dass die vier großen Islamverbände sich zu einer Art von Koordinierungsrat zusammenschließen werden, das war zu erwarten, denn die Forderung nach diesem einen Ansprechpartner des Islam in Deutschland stand ja schon lange im Raum.

    Aiman Mazyek:
    Diesen Forderungen haben wir Folge geleistet und haben auch diesen denkwürdigen Tag des Propheten gewählt, um dann in der Köln-Arena gemeinsam mit 20.000 Menschen diesen Koordinierungsrat zu feiern. Und der der erste Schritt ist auf dem Weg,wenn es darum geht, den Islam in die, in das deutsche Staatswesen zu integrieren als gleichberechtigter Partner und Religionsgemeinschaft.

    Köln-Arena, 10. April 2007. Viele 1000 Anhänger des Propheten jubeln, als die Gründung einer einheitlichen islamischen Dachorganisation verkündet wird. Ihr Jubel macht deutlich, dass viele Gläubige auf diesen Zusammenschluss der islamischen Gruppen gewartet haben.

    Lange schon hatte die Politik von den Muslimen gefordert, ein Gremium zu schaffen, das befugt ist, für die Mehrheit der Muslime in Deutschland zu sprechen. So sagte zum Beispiel Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble vor einem Jahr der Berliner Zeitung - Zitat -

    Wir haben viele islamische Organisationen, aber keinen Dachverband, der die Interessen aller Muslime vertritt. Eine repräsentative Vertretung wäre sehr wünschenswert.

    Doch heute, ein Jahr später, nach der Gründung des Koordinationsrates, hört man von Gabriele Hermani, der Sprecherin des Bundesinnenministeriums stattdessen:

    "Einen Zusammenschluss der muslimischen Verbände hat die Regierung zu keinem Zeitpunkt gefordert."

    Was auch immer die Ursache für diese nachträgliche Korrektur von Fakten ist: Die Bundesregierung zweifelt offenbar daran, dass dieser Zusammenschluss die Mehrheit der Muslime in Deutschland verlässlich repräsentiert.

    "So wichtig die Gründung dieses Koordinierungsrates ist, es ist bedeutend, dass es keinen Monopolanspruch auf die Vertretung der Muslime in Deutschland gibt. "

    Im neuen Koordinationsrat sitzen die vier größten muslimischen Dachverbände der Bundesrepublik. Das sind erstens der Islamrat; zweitens der Verband der islamischen Kulturzentren, kurz: VIKZ; drittens der Zentralrat der Muslime und viertens die Organisation DITIB, die Türkische Union der Anstalt für Religion. Der Vorsitz wechselt unter den beteiligten Verbänden halbjährlich. Nach Meinung von Kenan Kolat vom säkular ausgerichteten Dachverband 'Türkische Gemeinde in Deutschland', TGD, wirft diese Zusammensetzung des Koordinationsrates Fragen auf.

    "Wie werden sie zum Beispiel zu den strittigen Fragen sich äußern, Schwimmsportunterricht, Gleichstellung von Mann und Frau, bei Veranstaltungen getrennt sitzen, Biologieunterricht, Klassenreisen, Religionsunterricht und die Sichtweise an diesen Staat, all diese Fragen. Das sind für mich wichtige Fragen, und da habe ich durchaus Bauchschmerzen, weil es in diesem Zusammenschluss Organisationen gibt, die den orthodoxen Islam in den Vordergrund stellen."

    In jedem der Koordinationsrats-Verbände hätten konservative und zum Teil islamistische Denkweisen Tradition, meint Claudia Dantschke, Islamismus-Expertin aus Berlin. Im Islamrat, einem Dachverband, der rund 50 000 Muslime vertritt, habe zum Beispiel die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs das Sagen. Claudia Dantschke zufolge treten Milli-Görüs-Funktionäre in jüngster Zeit zwar moderat auf, aber nach wie vor werde die Organisation vom Verfassungsschutz als extremistisch-islamistisch eingestuft.

    "Milli Görüs, mit denen muss immer noch diskutiert werden, ob sie sich von ihrer politisch-islamistischen Agenda verabschiedet haben oder ob das nur Lippenbekenntnisse sind. Das heißt, wir haben oft sehr schöne Statements nach außen, aber die innere Wirklichkeit konterkariert das sehr oft."

    Intransparenz herrscht auch bei Mitglied Nummer zwei des Koordinationsrates, beim Verband der Islamischen Kulturzentren. Der Verband ist eine Koranschulbewegung mit in Deutschland mehr als 20 000 Mitgliedern. Das Hauptgewicht seiner Arbeit liegt auf der Jugendbildung. Diese Koranschulbewegung sei einst in der Türkei entstanden als Reaktion auf die Trennung von Staat und Religion durch Kemal Atatürk, so die Islamismusexpertin Claudia Dantschke.

    "Ist eine Untergrundbewegung damals gewesen mit dem Ziel, von unten durch Bildung, Ausbildung von Kindern und Jugendlichen eine Art von islamischer Elite zu schaffen über Generationen, damit die Gesellschaft sich wieder islamisiert. Hier in Deutschland steht dieser Verband durch seine Intransparenz in der Kritik. Man weiß über die inneren Strukturen fast nichts. "

    Nummer Drei der Runde schließlich ist der Zentralrat der Muslime. Unter seinem Dach gruppiert sich ein relativ weit gefächertes Spektrum islamischer Gruppierungen. Dazu gehört, neben zahlreichen deutschen Konvertiten,
    beispielsweise das IZH, das Islamische Zentrum Hamburg. Claudia Dantschke:

    "Das ist die Außenstelle der iranischen Mullahs, also ganz speziell des aktuellen Revolutionswächters Ayatollah Khamenei - und ist auch dieser religiösen Lesart der iranischen Mullahs verpflichtet, auch wenn da teilweise aus dem IZH ab und zu liberale Töne kommen. "

    Außerdem sitzen im Zentralrat türkisch-nationalistische Gruppierungen, die aus den faschistischen Grauen Wölfen hervorgegangen sind. Meinungsbildend innerhalb der unterschiedlichen Mitglieds-Organisationen des Zentralrates ist allerdings die Islamische Gemeinde in Deutschland, IGD. Das Bundesamt für Verfassungsschutz nennt die IGD die 'in Deutschland mitgliedstärkste Organisation von Anhängern der islamistischen Muslimbruderschaft'.

    "Dem Zentralrat werfe ich vor, dass er sich nicht genügend von einem Verein distanziert, dem eine Nähe, eine relativ große Nähe zu den Moslembrüdern vorgeworfen wird, und zwar auch vom Verfassungsschutz."

    urteilt Lale Akgün, die Islambeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion. Die türkisch-stämmige Abgeordnete ist Muslimin. Auch wenn die vier Verbände des neuen Koordinationsrates etwa 80 Prozent von rund 2500 Moscheegemeinden in der Bundesrepublik vertreten, heißt das für Lale Akgün keinesfalls, dass der Koordinationsrat die Mehrheit der Muslime in Deutschland vertritt.

    "Weil ich der Meinung bin, dass sie nur einen ganz bestimmten und ganz engen Ausschnitt des Islam repräsentieren. Und all die Liberalität, die Großzügigkeit, die Großherzigkeit, all das, was eigentlich für mich den Islam ausmacht, seh ich in diesem Koordinierungsrat nicht vertreten."

    Und was ist mit der Nummer vier der Runde, der Organisation DITIB? Die Türkische Union der Anstalt für Religion unterhält in Deutschland die meisten Moscheen. Nach eigenen Angaben betreut sie etwa 800 Gemeinden mit mehr als 100.000 Mitgliedern. Die DITIB steht in dem Ruf, durch ihre enge Anbindung an die laizistische Türkei ein Garant für ein säkulares, moderates Islamverständnis zu sein. Deswegen ärgert es die Bundestagsabgeordnete Lale Akgün besonders, dass die DITIB mit den drei anderen Verbänden im Koordinationsrat gemeinsame Sache macht.

    "Letztendlich habe ich die Sorgen, dass, wenn sie dann zusammenkommen, sie dann über ihre gegenseitigen Defizite hinwegschauen und man dann den Mantel des Schweigens über bestimmte Dinge legt, die man vorher durchaus thematisiert hat."

    Die DITIB - ein liberales Feigenblatt für einen Club von Islamisten? Diese Sorgen kann Bekir Alboga nicht nachvollziehen. Der Dialogbeauftragte der DITIB betont, dass der neue Zusammenschluss die Vielfalt des Islam zum Ausdruck bringe. Auch theologisch gebe es im Koordinationsrat eine fruchtbare Pluralität. Der Koordinationsrat sei weder orthodox noch konservativ, sondern ein demokratisch verfasstes Gremium - und überdies sehr diskussionsfreudig.

    "Es wird über ein Thema sehr demokratisch diskutiert, bis wir dann in der Lage sind, einen Satz zu beschließen. Und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass wir bei manchen Punkten streiten. Und es ist durchaus, sozusagen, ja, belebend, diese Streitkultur innerhalb der Muslime. Und da sagt DITIB seine Meinung, der Zentralrat seine Meinung und so weiter und so fort. "

    Allerdings hat die DITIB sich in der Geschäftsordnung des neuen Vierer-Rates ein Veto-Recht ausbedungen. Islamismus-Expertin Claudia Dantschke vermutet, dass diese Vormachtstellung der DITIB der Preis war, den die anderen drei Koordinationsratsmitglieder bezahlen mussten, damit sich DITIB mit ihnen an einen Tisch setzt.

    "Die DITIB, die eine Organisation der Trennung von Staat und Religion ist, die wollen natürlich ihr Selbstverständnis auch behalten. Und insofern war DITIB politisch nur ins Boot zu bekommen, wenn sie Sonderrechte bekommen. Das heißt Vetorecht, und DITIB hat als einziger der vier Verbände drei Personen als Vertreter, während die anderen jeweils nur zwei Personen haben."

    Ihr Veto-Recht braucht die DITIB, um die mächtigste Organisation der Runde zu bleiben. Denn trotz ihrer zusätzlichen Stimme wäre sie bei einer Kampfabstimmung im Rat gegenüber den Fraktionen in der Minderheit, die für eine konservative und orthodoxe Auslegung des Koran stehen. - Das Etikett von der 'konservativ-orthodoxen' Fraktion' passt Aiman Mazyek allerdings gar nicht. Der Generalsekretär des Zentralrats der Muslime besteht darauf, kein konservativ-orthodox denkender Muslim zu sein, selbst wenn sich seinem Zentralrat Gruppierungen zuordnen, die der Verfassungsschutz beobachtet.

    "Ja, sicherlich, gibt einen großen Teil, der dieses konservative Weltbild verinnerlicht. Aber die Frage ist: 'Ist das gegen unsere Verfassung oder geht das im Rahmen unserer Verfassung?' Und solange es im Rahmen unserer Verfassung ist, ist das okay. "

    Der Koordinationsrat berufe sich in seiner Geschäftsordnung nicht nur auf Koran und Sunna - sondern ebenso aufs Grundgesetz. Ins gleiche Horn stößt der Islamrats-Vorsitzende und Milli-Görüs-Vertreter Ali Kizilkaya

    "Milli Görüs ist eine legale, verfassungsloyale Organisation."

    betont Ali Kizilkaya. Im Koordinationsrat sei Verfassungsloyalität eine Voraussetzung für die Mitgliedschaft. Denn der Koran sei mit dem Grundgesetz vereinbar. Den Vorwurf, der Koordinationsrat vertrete hauptsächlich orthodoxe Muslime, will Kizilkaya ebenfalls auf keinen Fall gelten lassen. Der Zusammenschluss sei nun einmal auf der Basis von vorhandenen Moscheegemeinden erfolgt.

    "Das sind die organisierten Muslime, und wir können keine Organisation auf Bestellung liefern, das ist die Realität in der muslimischen Gesellschaft, dass es diese Organisationen gibt, und das ist nicht richtig, dass alle konservativ wären. Es ist eine ganz bunte Mischung, und dass einige Organisationen größer sind als andere und etwas mehr Gewicht haben, bringt auch Ressourcen mit."

    Ressourcen, zum Beispiel, die die DITIB mitbrachte. Mit großem Einsatz hat sich die Türkische Union der Anstalt für Religion ins Zeug gelegt, um die Einigung der Muslime voranzutreiben, bekennt Bekir Alboga, der Dialog-Beauftragte der Organisation. Ohne die DITIB wäre die Einigung auf Bundesebene nicht innerhalb von zwei Jahren gelungen. Und nun beginne die eigentliche Arbeit.

    "Jetzt haben wir einen Koordinationsrat der Muslime auf Bundesebene. Aber wir wissen, wenn wir zum Beispiel den islamischen Religionsunterricht in der Schule einführen möchten, dann braucht man auf Länderebene einen einheitlichen Ansprechpartner. Und wenn wir auf der Länderebene auch als Ansprechpartner fungieren möchten, dann müssen wir uns an dieses föderative System in Deutschland insgesamt anpassen, so wie EKD und Bischofskonferenz sollten wir Muslime auch dieses Modell uns aneignen."

    Erklärtes Ziel: Eine gleichberechtigte muslimische Glaubensgemeinschaft, die - ähnlich wie die christlichen Kirchen - föderal strukturiert ist und wie die Kirchen Körperschaft öffentlichen Rechtes wäre. Koordinationsräte, 'KRMs', wie sie Alboga nennt, soll es in allen Bundesländern geben. Dass bis dahin noch ein weiter Weg ist, weiß der DITIB-Beauftragte. "Wie sehen uns als Hebamme dieser Strukturen", sagt Bekir Alboga.

    "Zum Beispiel entwickeln wir einen Lehrplan sozusagen auf Bundesebene und stellen das dem KRM im, sagen wir mal Saarland, vor und sagen: 'So, liebe Schwestern, liebe Brüder, wir haben für euch einen Lehrplan entwickelt, bitte schaut das euch mal an, wenn ihr damit leben könnt, übernimmt sie, wenn ihr damit nicht leben könnt, dann sagt uns, wo sozusagen der Schuh drückt.' Und unsere Vorgehensweise wird schon demokratischer geprägt sein als es bei der katholischen Kirche der Fall ist."

    Der neue Koordinationsrat werde erst einmal die Länderstrukturen verlässlich aufbauen. Einzelpersonen, die bislang in keinem Moscheeverein Mitglied sind, könnten sich ebenfalls zusammenschließen und unter dem Dach des Koordinationsrates, KRM, Platz finden.

    "KRM schafft eine neue Möglichkeit, dass zum Beispiel die konservativ denkenden Muslime sich die Ansichten der liberal denkenden Muslime anhören und umgekehrt! Dann hat man wirklich einen einheitlichen Ansprechpartner mit Deutungshoheit und mit Verbindlichkeit."

    Für viele säkular denkende Muslime ist die Vorstellung, von einem Verband religiös vertreten zu werden, allerdings ein Unding. Zum Beispiel für Ezhar Cesairli. Die Zahnärztin aus Frankfurt am Main repräsentiert die "Initiative säkularer Muslime" in Wolfgang Schäubles Islamkonferenz. Ezhar Cesairli hält vom neuen Koordinationssrat wenig.

    "Der Islam ist nicht so organisiert wie das Christentum. Es ist eine Tatsache, dass es in keinem islamischen Land eine Institution gibt oder einen Verband, der für alle Muslime sprechen kann; es ist im islamischen Glauben so, dass niemand, keine Institution und kein Verband zwischen dem Gläubigen und dem Gott stehen kann. Also wäre das eine künstliche Verkirchlichung des Islam, was hier in Deutschland stattfinden würde, das kann man nicht akzeptieren als Muslimin."

    Wenn rechtliche Dinge im Zusammenhang mit islamischen Gruppen zu besprechen sind, sollte man nach Auffassung von Ezhar Cesairli lieber kleine, intelligente, regionale Lösungen suchen. Ein bundesweiter Dachverband könne die Vielgestaltigkeit der Muslime niemals abbilden. Da gebe es nicht nur die, wenn man so will, konfessionellen Abweichungen zwischen Schiiten, Sunniten und Aleviten, sondern auch die verschiedenen islamischen Rechtsschulen sowie die unterschiedlichen religiösen Traditionen der Herkunftsländer - all das sei nicht in einen Koordinationsrat zu zwingen. Auch sei es wichtig, die Migranten in Deutschland nicht nur über ihre Religion zu definieren.

    "Es werden nur noch die Muslime als Muslime wahrgenommen, die man auch äußerlich erkennt, und wir wollten vor allem zeigen, dass es eine große Mehrheit von Menschen gibt, die eben unauffällig und problemlos hier in der deutschen Mehrheitsgesellschaft integriert sind und ihren wirtschaftlichen wie sozialen und auch kulturellen Beitrag hier leisten - und die werden aber nicht wahrgenommen - und wir wollten dieser schweigenden Mehrheit eine Stimme verleihen."

    Der säkular ausgerichtete Dachverband 'Türkische Gemeinde in Deutschland', TGD, bereitet sich unterdessen darauf vor, diesen Muslimen eine organisatorische Plattform zu organisieren. Geplant ist die Gründung eines Kompetenzzentrums, in dem von islamischen Theologen eine säkulare Deutung des Islam entwickelt werden soll. Kenan Kolat von der Türkischen Gemeinde will, dass die deutsche Öffentlichkeit ein komplexeres Bild vom Islam erhält, als es der Koordinationsrat abbildet.

    "Die Menschen sollen mehrere Möglichkeiten bekommen, die Muslime, dass sie sehen, da ist Koordinierungsrat, da gibt es Aleviten, da gibt säkulare Muslime, vielleicht andere Richtungen, insofern sollen sie unter diesen selber entscheiden."

    Dieser Plan löst bei Ali Kizilkaya, der für den Islamrat im Koordinationsrat sitzt, Unverständnis aus.

    "Ich weiß jetzt nicht, was säkulare Muslime sind, also ich kenn die Definition nicht; ich weiß nicht, ob eine Organisation dadurch zu einer Religionsgemeinschaft wird, indem er sich einen Theologen zulegt. Dann müssen wir sämtliche Fußballvereine auch aufnehmen, die möglicherweise auch einen Theologen beschäftigen werden."

    polemisiert der Milli-Görüs- Funktionär. Und Bekir Alboga von der DITIB sieht durch die Gründung von Verbänden außerhalb des Koordinationsrates das Ziel gefährdet, für die Muslime den Status einer Körperschaft zu erreichen - und damit die rechtliche Gleichstellung mit den anderen Religionsgemeinschaften in Deutschland. Er richtet deswegen eindringliche Worte an die Türkische Gemeinde.

    "Ich warne die Türkische Gemeinde davor. Wir haben auch liberale Flügel im KRM, und ich warne vor einer Spaltung der islamischen in Deutschland, muslimischen Minderheit. Wir sind eine Minderheit. Und Türkische Gemeinde darf ruhig seine Meinung uns auftragen und vortragen; lieber führen wir gemeinsame Gespräche als als getrennte Organisationen."

    Der kräftige Wind, der dem neuen Koordinationsrat bereits kurz nach seiner Gründung ins Gesicht weht, hat seine Mitglieder enttäuscht. "Wir haben uns große Mühe gegeben, den Anforderungen der Deutschen Regierung nach einem Ansprechpartner nachzukommen", sagt Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime. Die Einigung sei nicht leicht gewesen. Mazyek erhofft sich nun vor allem Empowerment, also Ermutigung, damit die rechtliche Gleichstellung der Muslime in Deutschland Wirklichkeit wird.

    "Das ist übrigens, wenn ich das sagen darf, keine allein muslimische Arbeit, sondern das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir hören so viele Sonntagsreden, die da sagen, Muslime mögen sich vereinigen, und dann können wir dies und jenes tun. Nun haben wir zumindestens eine Hausnummer, jetzt haben wir einen wichtigen Schritt gemacht. Und Empowerment gilt auch für die muslimischen Bürger, die sind nicht davon ausgeschlossen. Sie sollten mitmachen, mitgestalten."

    Das dürfte für die muslimischen Bürger allerdings nicht ganz einfach werden. Heißt es doch in der Geschäftsordnung des Koordinationsrates: "Mitglieder können nur Dachorganisationen werden", ..." über ihre Aufnahme entscheidet die Mitgliederversammlung" (des Koordinationsrates). "Eine Ablehnung der Mitgliedschaft braucht nicht begründet zu werden."