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Eingebettete Superrechner

Früher waren sie elektronische Schaltungen, die nur für eine einzige Steuerungsaufgabe entwickelt und eingesetzt wurden. Inzwischen sind die eingebetteten Systeme vielseitige und leistungsfähige Superrechner, ohne die die moderne Infrastruktur nicht mehr denkbar ist.

Von Peter Welchering | 17.03.2012
    Eingebettete Systeme, das waren einmal elektronische Schaltungen, die nur für eine einzige Steuerungsaufgabe entwickelt und eingesetzt wurden. Sie steuerten zum Beispiel in einem Stahlwerk den Pressenstempel - und zwar nur in zwei Richtungen: rauf oder runter. Mehr konnte ein solches eingebettetes System nicht leisten. Die Schaltungen mussten preiswert, einfach zu handhaben und robust in der Ausführung sein. Sicherheitsfragen waren im wesentlichen Fragen der Materialsicherheit und der richtigen Programmierung einfacher Logikelemente. Der Systemexperte Rolf Hänisch vom Fraunhofer-Institut bringt das so auf den Punkt.

    "Diese Elemente sind nicht anfällig für Schadsoftware, weil diese Software so speziell ist, dass sich die direkt überwachen kann. Das ist ein geschlossenes System."

    Doch inzwischen sind die Steuerungen vielseitiger geworden. Ein eingebettetes System, das zum Beispiel den Druck in der Verdichtungsstation einer Gaspipeline regelt, muss nicht nur die Ventile öffnen oder schließen, sondern auch die Drehzahlen für die Pumpen ausrechnen und einstellen und ständig die zahlreichen Messdaten der Sensoren in den Rohren der Pipeline auswerten. Nicht selten werden Teile der Software für ein eingebettetes System im laufenden Betrieb ausgetauscht oder nachgeladen, weil die Steuerung zusätzliche Funktionen übernehmen muss. Der Münchner Elektronik-Experte Heinz Arnold gibt deshalb eine sehr breite Definition von "embedded System":

    "Embedded ist eben alles, was nicht ein Computer ist im herkömmlichen Sinne, der auf dem Schreibtisch steht und auf dem ein Schreibprogramm läuft, sondern die eben im Hintergrund, ohne dass man das eigentlich merkt. Im Grunde das tun, was ein herkömmlicher Computer auf dem Schreibtisch auch tut: nur eben speziell auf die Aufgaben zugeschnitten und in einer sehr viel kleineren Bauform."

    Embedded Systems, das sind teilweise sogar richtig kleine Superrechner, die in Echtzeit Bildverarbeitung leisten und nebenher Dutzende von Messdaten verarbeiten. Etwa bei einem Landefahrzeug für die Raumfahrt, das der Systemarchitekt Reinier van Kampenhout mit entwickelt hat.

    "Also wir haben einen Bordrechner gebaut für Raumfahrzeuge, der basiert auf Multicore-Prozessoren. Bis jetzt wird das immer von der Erde aus gesteuert, man möchte das aber haben, dass die autonom landen können. Und da kann man moderne Algorithmen zur Bildverarbeitung einsetzen. Da gibt es ein Modell von einem Planeten, in diesem Fall der Mond, und der Bordrechner hat ein Zielgebiet in seinen Speicher geladen. Und der Bilderkennungsalgorithmus läuft jetzt gerade live auf diesem Bord Rechner."

    Der Bordrechner besteht aus lauter eingebetteten Systemen, die jeweils autonom ihre Programme abarbeiten und bestimmte Teile des Raumfahrzeuges steuern, dabei aber auch mit den anderen Systemen kommunizieren. Dabei verwenden die eingebetteten Systeme in diesen Raumfahrzeug sogar Linux als Betriebssystem. Energieversorger setzen auch zunehmend Windows-Versionen ein, um die Geräte im intelligenten Haus zu steuern. Spätestens dann aber werden neue Sicherheitsfragen akut, Heinz Arnold.

    "Ich glaube, da hat sicherlich ein Umdenken stattgefunden. Ein großes Thema sind jetzt elektronische Zähler, intelligente Zähler, die Strom messen und die die Daten aus den Haushalten zu den Energieversorgern liefern sollen, damit die Energieversorger wiederum die Netze besser steuern und auslasten können und auch Lastverschiebungen durchführen können. Da spielt die Sicherheit eine sehr große Rolle, weil man das ja nicht als Einfallstor für Hacker haben will, die dann das gesamte Stromnetz letztlich durch Einspeisung falscher Daten an den Rand des Zusammenbruchs bringen."

    Eingebettete Systeme steuern heute universal alle möglichen Anwendungen in den Haushalten und in der Industrie. Erdöl-Raffinerien, Satelliten und sogar Raumfahrzeuge, Wasserwerke und Kraftwerke werden von autonom arbeitenden Steuerungsmodulen überwacht und gesteuert. Sie sind universell einsetzbar geworden und unsere gesamte moderne Infrastruktur ist ohne eingebettete Systeme gar nicht mehr denkbar.

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