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Einmal volltanken, bitte!

Raumfahrt. - Zahllose Satelliten schwirren inzwischen um die Erde, funktionsfähige ebenso wie ausrangierte. Sie alle haben eines gemeinsam: Ist ihr Treibstoff verbraucht, oder gibt es einen schwereren Defekt, sind sie Weltraumschrott. Die Nasa arbeitet an Möglichkeiten, die künstlichen Himmelskörper im Orbit zu betanken und gegebenenfalls auch vom Himmel zu holen. Auf einem Workshop in der Nähe von Washington wurden die Untersuchungen vorgestellt.

Von Guido Meyer | 31.05.2012
    Halle 27 N im Goddard Spaceflight Center der amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasa, rund zwanzig Kilometer außerhalb von Washington, DC. Satellite Servicing Center nennt sich das Gebäude, also "Satelliten-Wartungs-Zentrum". Von innen sieht es aus wie ein Hollywood-Studio, in dem gerade ein Science-Fiction-Film gedreht wird. Die Wände sind mit schwarzen Vorhängen abgedunkelt, was eine regelrechte Weltraumatmosphäre hervorruft. Den größten Teil der Halle jedoch nehmen auf dem Boden verankerte surrende Roboterarme ein, die sich automatisch hin- und herbewegen.

    "Dieser Roboterarm hier reagiert genauso, wie sich ein Satellit im Weltraum verhalten würde. Wenn sie ihn anstoßen, nimmt er die Bewegung auf, bewegt sich ein Stück zurück und fängt an zu taumeln. Anhand dieser Apparatur wollen wir lernen, wie wir Satelliten, die instabil sind und die sich unkontrolliert um die Erde bewegen, greifen und anschließend reparieren können."

    Jill McGuire ist bei der Nasa Projektmanagerin für RRM, die Robotic Refueling Mission, ein Experiment also, das mit Hilfe von Robotern im All Satelliten auftanken soll. Dazu jedoch müssen sie erst einmal eingefangen und davor noch stabilisiert werden.

    "Wir haben mehr als 400 Andockversuche durchgeführt. Dabei haben wir uns dem Satellitenmodell aus verschiedenen Winkeln genähert, und jedesmal ist es uns gelungen, es zu greifen. Wir sind jetzt optimistischer als jemals zuvor, dass diese Technologie funktioniert und wir mit ihrer Hilfe Satelliten im All automatisch warten können."

    Ist dieses Verfahren erst einmal funktionsfähig, schweben der Nasa noch ganz andere Möglichkeiten vor, als nur Satelliten aufzutanken, wie Robert Ambrose erläutert, der Leiter der Abteilung für Software, Robotik und Simulationen beim Johnson Space Center der Nasa im texanischen Houston.

    "Die gleichen motorischen Fähigkeiten könnte ein Roboter auch einsetzen, um Weltraumschrott einzufangen und zielgerichtet zum Verglühen in der Atmosphäre zu bringen. Oder um automatisch größere Raumschiffe im Orbit zusammenzubauen, die zu groß sind, um sie mit einem Start ins All zu transportieren."

    Bis dahin ist es jedoch noch ein weiter Weg. Als nächster Schritt soll die Feinmotorik von Roboterarmen im All verbessert werden. Dazu ist an der Außenseite der Internationalen Raumstation ein Satellitenmodell befestigt. Ihm soll sich der Roboterarm der ISS in den kommenden Wochen nähern und einzelne, winzige Bauteile auf seiner Außenhülle lösen. Endziel dieses Experiments ist die automatische Betankung des Satellitenmodells. McGuire:

    "Wenn Sie Ihren Wagen betanken wollen, müssen Sie auch zuerst den Tankdeckel abschrauben und anschließend den Zapfschlauch einführen. Erst dann können Sie damit beginnen, Benzin einzufüllen. Uns geht es genauso. Wir müssen eine Kappe entfernen, den Betankungsstutzen anlegen und können dann mit der Betankung beginnen."

    Gelingen die kommenden Versuche, könnte eine solche mobile Weltraumtankstelle schon in wenigen Jahren in Betrieb gehen. Betreiben soll sie eine Privatfirma, die einerseits technisch mit der Nasa kooperiert, und die andererseits ihre Hardware an Unternehmen vermietet, denen an lebensverlängernden Maßnahmen für ihre Satelliten gelegen ist.