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Einreiseverbot
Trump scheitert erneut vor Gericht

Donald Trumps Einreiseverbot für Menschen aus sieben islamisch geprägten Ländern bleibt gerichtlich ausgesetzt. Der US-Präsident äußerte sich wütend - und könnte nun in weiteren Instanzen versuchen, seine Verordnung noch durchzusetzen.

10.02.2017
    Donald Trump am 9. Februar 2017 im Weißen Haus in Washington D.C.
    Donald Trump am 9. Februar 2017 im Weißen Haus in Washington D.C. (imago stock&people)
    Ein Bundesberufungsgericht in San Francisco entschied in der Nacht zu Freitag, dass die Einreiseverbote für Bürger aus sieben mehrheitlich muslimischen Staaten sowie alle Flüchtlinge vorläufig weiterhin außer Kraft bleiben.
    Das Gericht bestätigte mit seinem einstimmig gefällten Urteil eine vor knapp einer Woche von Bundesrichter James Robart - einer untergeordneten Instanz - in Seattle getroffene Entscheidung. Die dagegen eingelegte Berufung des Justizministeriums wurde abgewiesen. Die Regierung habe nicht nachgewiesen, dass durch die vorläufige Suspendierung des Dekrets ein "irreparabler Schaden" entstehe, begründeten die Richter in San Francisco ihren Beschluss.
    Trump: "Wir sehen uns vor Gericht!"
    Trump kündigte nur wenige Minuten nach Bekanntwerden des Urteils weitere juristische Schritte an. "Wie sehen uns vor Gericht, die Sicherheit unserer Nation steht auf dem Spiel", twitterte er in Großbuchstaben. Mit "Gericht" dürfte der Oberste Gerichtshof gemeint sein. "Wir gewinnen das locker", sagte er später zu Reportern, die Entscheidung sei "politisch".
    Washingtons Gouverneur: "Ein Sieg für das ganze Land"
    Die Aufhebung des Erlasses hatten die Generalstaatsanwaltschaften der Bundesstaaten Washington und Minnesota erwirkt. Sie sehen in dem Einreiseverbot unter anderem eine Beschädigung ihrer staatlichen Interessen, Diskriminierung, sowie eine Verletzung der Rechte von Einwohnern, deren Familien auseinandergerissen würden. Jay Inslee, der Gouverneur von Washington, sprach in einer Mitteilung von einem "Sieg für das ganze Land. Niemand steht über dem Gesetz - nicht einmal der Präsident".
    Trumps Regierung hält dagegen, dass der Erlass notwendig sei, um das Land vor möglichen Terroranschlägen zu schützen. Sie geht auch davon aus, dass der Präsident die Vollmacht besitzt, aus Gründen der nationalen Sicherheit derartige Einreiserestriktionen zu verhängen.
    Das Bundesberufungsgericht ging in seiner 29-seitigen Urteilsbegründung ausführlich ein auf die Abwägung zwischen "nationaler Sicherheit" und der Reichweite präsidialer Machtbefugnisse einerseits und dem berechtigten öffentlichen Interesse an "Reisefreiheit", "Freiheit von Diskriminierung" und dem Recht von Familien auf ein ungehindertes Zusammenleben andererseits.
    US-Präsident Donald Trump hat als ein Kernstück seines Anti-Terror-Kampfes einen 90-tägigen Einreisestopp für Menschen aus den mehrheitlich muslimischen Ländern Syrien, dem Iran, dem Irak, dem Sudan, Somalia, Libyen und dem Jemen verfügt. Flüchtlinge aus aller Welt sind für 120 Tage ausgesperrt, jene aus Syrien sogar auf unbestimmte Zeit. Trump will die Verbote erst dann wieder aufheben, wenn "angemessene" Überprüfungsmechanismen sicherstellten, dass keine "radikalen islamischen Terroristen" in die USA gelangten. Karte mit der Lage der vom Einreiseverbot in die USA betroffenen Länder.
    Wie geht es weiter?
    • Trumps Regierung kann nun zum Obersten Gerichtshof, dem Supreme Court, ziehen. Dort herrscht gegenwärtig eine Pattsituation - vier eher liberale Richter stehen vier eher konservativen gegenüber. Der fünfte Konservative, Trumps Kandidat Neil Gorsuch, muss erst noch angehört und vom Senat bestätigt werden, das dauert.
    • Sollte im Supreme Court eine 4:4-Entscheidung herauskommen, bleibt die von der Vorinstanz erreichte Entscheidung in Kraft. Da dies eine Gefahr für Trump darstellt, ist noch nicht klar, ob er überhaupt so weit geht - auch wenn er es lautstark angekündigt hat.
    • Es geht derzeit nur um die Eilsache, also um die Frage, ob Schaden abgewendet werden muss. In der Hauptsache, ob der Einreise- und Flüchtlingsstopp tatsächlich gesetzeswidrig ist oder gar gegen die Verfassung verstößt, ist noch gar nicht entschieden. Dieses Verfahren wird zunächst in Seattle fortgesetzt und könnte später ebenfalls zum Supreme Court gelangen.
    • Bei allen Überlegungen drängt die Zeit: Mit seinem Dekret hatte Trump das Einreiseverbot für 90 Tage festgelegt. Je nachdem, wie lange ein Gerichtsstreit durch niedrigere Instanzen dauert, ist das Verbot also schon vor einer Entscheidung möglicherweise wieder Geschichte. Diese Problematik gilt auch für einen kommenden Gerichtsstreit: Es ist fraglich, ob die ursprünglich angesetzte Dauer des Einreisestopps nicht ausläuft, bevor der Oberste Gerichtshof den Fall überhaupt bearbeiten kann.
    Trump stellt Gerichtsbarkeit in Frage
    Trump hatte Bundesrichter Robart aus Seattle scharf kritisiert. Dessen Entscheidung nannte Trump "lächerlich" und verhöhnte ihn als "sogenannten" Richter. Trumps eigener Kandidat für den derzeit freien Richterstuhl am Obersten Gerichtshof, Neil Gorsuch, nannte die Justizschelte des Präsidenten daraufhin "demoralisierend und entmutigend".
    (nch/tgs)