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Einstieg ins Studium
Mehr miteinander reden würde schon helfen

Der Einstieg in ein Studium fällt manchen schwer. Mit der Frage, wie man ihnen helfen und sie unterstützen kann, beschäftigt sich "Nexus", ein Projekt der Deutschen Hochschulrektorenkonferenz. Jetzt liegen erste Ergebnisse vor. Manche Vorschläge sind nicht so überraschend.

Von Marco Poltronieri | 17.03.2016
    Zur Einführungsvorlesung am traditionellen Campustag haben sich im Auditorium Maximum der Universität Rostock mehr als 500 Studenten eingefunden.
    Studierende im Auditorium Maximum an der Universität Rostock (dpa / picture alliance / Bernd Wüstneck)
    Maike Bielitz atmet tief durch: Im ersten Semester, erinnert sie sich, war alles noch relativ einfach, "da hab ich noch gedacht, okay, studieren ist jetzt nicht so schwer, aber dann kam das zweite Semester, und dann ist man tatsächlich erst mal so auf den Boden der Tatsachen gekommen, weil da dann auch schwierigere Dinge waren."
    Nicht allen geht es so wie ihr. Sie studiert soziale Arbeit an der Fachhochschule Münster, im vierten Semester, mittlerweile hat sie die Kurve ganz gut gekriegt. Andere dagegen kommen gleich im ersten Semester gehörig ins Trudeln, sagt Frauke Hennike, Leiterin der Zentralen Studienberatung an der FH. Sie gibt ein Beispiel mit dem Fach Ökotrophologie, "wo viele denken, ja, super, das gefällt mir, find ich interessant, und auch nicht wissen, dass da ein ganz erheblicher Batzen an Chemie und Biologie drin vorkommt. Und wenn man da in der Schule zum Beispiel diese Fächer schon früh abgewählt hat, dann ist es ganz schön schwierig, da am Anfang rein zu kommen. Und so ist es bei vielen Fächern."
    "Wir wissen nicht so genau, was wirklich funktioniert"
    Dabei gibt es von den deutschen Hochschulen so viel Hilfe wie noch nie. Kaum eine Uni oder Fachhochschule, die keine Erstsemesterwochen, keine Brücken- oder Orientierungskurse, keine Tutoren oder Mentoren anbietet. Darauf lässt sich aufbauen, meint Didaktiker Thilo Harth. "Da wird die Beratung intensiviert, da werden Stützkurse angeboten, da werden Kleingruppen gebildet, aber wir sind im Moment in der Phase, wo man vielleicht etwas zugespitzt sagen könnte, viel Aktionismus, und wir wissen nicht so genau, was wirklich funktioniert."
    Harth ist Leiter des Qualitätszentrums an der FH Münster und Nexus-Experte. Seit vielen Jahren schon beschäftigt er sich damit, wie die Studieneingangsphase verbessert werden kann. Eine Sisyphos-Aufgabe. "Das Problem ist, dass Studierende immer heterogener werden, dass wir ganz andere Zielgruppen an den Hochschulen haben. Ganz unterschiedliche Voraussetzungen, was die Lernleistung angeht, was die Herkunft angeht, und sozusagen der normale Studierende, den man sich so vorstellt, der direkt nach dem Abitur zu uns an die Hochschule kommt, der gerät sogar manchmal in die Minderheit."
    Studierende nicht mit Informationen berieseln
    Aber es gibt Lösungsansätze. Dazu gehören auch interdisziplinäre Lehrangebote, die forschendes Lernen schon in den ersten Semestern möglich machen sollen. Christian Tauch, Projektleiter von Nexus, hält große Stücke darauf. "Das zielt darauf, die Studierenden nicht passiv mit Informationen zu berieseln, sondern sie dazu zu bringen, sich den Stoff aktiv anzueignen durch die Lösung von bestimmten Problemen."
    Auch das Modell des "Service Learning" könnte funktionieren. Das bedeutet, dass Studierende ihr Wissen zum Nutzen der Allgemeinheit einbringen, eine zusätzliche Motivation. Jurastudierende beraten Asylsuchende, angehende Mediziner bieten Erste-Hilfe-Kurse für Obdachlose an, und wer Architektur studiert, könnte sich doch am Büro-Umbau einer wohltätigen Organisation beteiligen.
    Dozenten müssten für ihr Fach werben
    Immer häufiger wird auch auf Selbsteinschätzungs-Tools zurückgegriffen, die online angeboten werden. Wer wissen will, ob dieses oder jenes Fach etwas sein könnte, macht den Test. Das ist zwar nicht unbedingt neu, wird aber immer weiter verfeinert. "Und ganz toll, und das ist die neueste Entwicklung, ist, wenn dieses Self-Assesment adaptive Programme sind, also wo das Programm erkennt, das ist jemand, der fängt bei Null an, dem muss ich andere Fragen stellen als beispielsweise jemandem, der berufstätig ist. Da geht die Zukunft hin, dass wir intelligente Self-Assesment-Systeme etablieren, und dann eben vorankommen mit diesem Werkzeug."
    So oder so: Es wird noch gefrickelt werden müssen an der Studieneingangsphase. Wobei: Mehr miteinander reden würde schon helfen, meint Nexus-Fachmann Wilfried Schubarth von der Uni Potsdam. Studierende und Dozenten sollten einfach in die Schulen gehen. "Die Hochschullehrer und Dozenten müssten sich drauf einstellen, für ihr Fach werben, und eben nicht nur Hochglanzbroschüren machen oder Homepages, sondern mit den Leuten reden. Es geht viel mehr um Kommunikation, Kooperation, und das muss eben jede Hochschule mit ihrer Partnereinrichtung machen, in der Region noch mal."