Freitag, 19. April 2024

Archiv


Eiserne Disziplin führe England zum Sieg

Monatelang schon hatten im Jahr 1805 Napoleons Flotte auf der einen und die Britische Marine auf der anderen Seite Katz und Maus miteinander gespielt. Von der Bretonischen Küste bis in die Karibik und wieder zurück hatten sich die beiden Flotten gegenseitig verfolgt. Doch die Gelegenheit zum vernichtenden Schlag bot sich keiner der beiden Seiten. Einmal stand der Wind schlecht, ein anderes Mal war der Nebel zu dicht. Bis es dann zur entscheidenden Schlacht kam, am 21. Oktober vor 200 Jahren, am Kap von Trafalgar.

Von Regina Kusch | 21.10.2005
    Mehrere Jahre lang hatte Napoleon Bonaparte die Eroberung Englands geplant. Er wusste, dass ihm das nur gelingen konnte, wenn er die starke Britische Flotte besiegen würde. Deshalb hatte Frankreich sich mit der spanischen Armada vereinigt, um die britische Seeherrschaft zu beenden. Die Briten ihrerseits wussten, dass ihre einzige Chance, eine Invasion ihrer Insel zu verhindern, war, die Gegner bereits auf See zu schlagen. Und so trafen am Vormittag des 21. Oktober 1805 die Britische Flotte und die französisch-spanische Allianz nahe der Straße von Gibraltar zur entscheidenden Schlacht aufeinander, am Kap von Trafalgar. Der Britische Admiral Lord Nelson befehligte 20 000 Seeleute auf 27 Kriegsschiffen. Damit war er seinem Gegner zahlenmäßig unterlegen. Aber er hatte einen entscheidenden Vorteil, erklärt der Militärhistoriker Nigel Dunkley.

    "Es gab eine eiserne Disziplin damals in Nelsons Flotte. Er sagte z.B. dass England … erwartet, dass jeder seine Pflicht erfüllen wird. Und es ist ihm gelungen, den Kampfgeist und Elan und esprit du corps ein bisschen aufzupeitschen. Die waren darauf vorbereitet, die wussten, dass die bevorstehende Schlacht eine sehr bedeutende sein würde. "

    Der Schriftsteller Sten Nadolny lässt in dem Buch "Die Entdeckung der Langsamkeit" seinen Helden John die Schlacht von Trafalgar miterleben und Lord Nelson treffen.

    "Ein zarter entschiedener Herr. … Als er der Mannschaft … gegenüber stand, sprach er im Flüsterton und fast bittend. Er schien ein Mann voller Liebe zu sein. Liebe zum Ruhm und zu seiner eigenen Sorte. Und so gab es bald niemanden mehr, der nicht von Nelsons Sorte sein wollte. … Dieser Nelson schien ganz sicher zu sein, dass alle das tun würden, wofür er sie liebte. Sie taten es auch. Er liebte Verrückte. Und so schien es verlockend, verrückt zu werden für England. Plötzlich waren die gepressten Seeleute und die geschundenen Soldaten zu Heldentum entschlossen. "

    Bis dahin wurden Seeschlachten fast immer nach dem gleichen Muster ausgefochten. Die Schiffe fuhren hintereinander und bildeten eine Linie, parallel zur Linie der gegnerischen Schiffe. Da die meisten Kanonen an den Seiten der Schiffe waren, konnten sie sich so am effektivsten beschießen. Die Schlacht hatte gewonnen, wer die Linie des Gegners zerstörte. Doch Nelson hatte sich eine andere Taktik ausgedacht. Er segelte nicht parallel zur französisch-spanischen Flotte sondern keilförmig auf die Mitte der feindlichen Linie zu, um sie aufzubrechen, erklärt Nigel Dunkley.

    "Wenn man mit einer Flotte direkt auf den Feind zusegelt, dann hat man natürlich den Vorteil von Geschwindigkeit und Manövrierfähigkeit der Flotte. … Wenn man … versucht, sich so zu manövrieren mit der Flotte, dass der Feind nicht alle seine Kanonen benutzen kann, weil du nicht parallel zu ihm segelst, sondern … seine Linie durchbohrst, durchbrichst, dann hat man den Vorteil. Und er verstand das ganz genau. "

    Mit seinem Schlachtschiff "Victory" führte Nelson die Britische Flotte an. Die Befehle an die anderen Schiffe ließ er durch Flaggensignale geben.

    "Das war sehr schwierig. Die ganze Flotte, und wenn man bedenkt, er hatte 27 Schiffe zu kontrollieren, nur mit Flaggen, die nicht leicht zu sehen sind natürlich, wenn man den Abstand von mehr als 200, 300 m zwischen den großen Linienschiffen hatte, … dann hat das zu bedeuten, dass die ganze Flotte vielleicht auf zwei bis drei Kilometer hinaus gedehnt wurde. … Wenn man ein Kommando per Flagge abgab, dauerte es manchmal bis zu einer Viertelstunde, bis das letzte Schiff … das Kommando empfangen hat. "

    Erst nachdem Nelson die feindliche Linie durchbrochen hatte, signalisierte der französische Admiral Villeneuve den Schiffen an den Außenseiten seiner Linie zu wenden und ihm zu Hilfe zu kommen. Doch da war es schon zu spät. In einem erbitterten Nahkampf konnten die Reste der Flotte Villeneuves der starken britischen Artillerie nicht standhalten und wurde vernichtend geschlagen. Nelson wurde von der Kugel eines französischen Scharfschützen getroffen. Vier Stunden lang hielt er sich mit zerschossener Wirbelsäule noch am Leben, bis er die Nachricht vom britischen Sieg erhielt. Er soll mit den Worten gestorben sein: "Gott sei Dank habe ich meine Pflicht erfüllt." Nelson wurde nach London gebracht und feierlich beigesetzt. Am Trafalgar Square setzte man dem Nationalhelden ein Denkmal. Sein Schiff, die "Victory" liegt bis heute im Hafen von Portsmouth. Als Erinnerung an die Britische Herrschaft über die Weltmeere. Besiegt wurde Großbritannien zu Wasser nie. Aber heute im Zeitalter der Flugzeugträger dominieren die USA auf den Ozeanen.