Donnerstag, 28. März 2024

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Elefantengedächtnis
Elefanten fürchten männliche Massai

Das Elefantengedächtnis ist viel gerühmt, und jetzt haben britische Forscher in Kenia beobachtet, dass die dort lebenden Elefanten Angehörige unterschiedlicher Stämme an der Sprache unterscheiden können. Die Tiere können offenbar sogar erkennen, ob es ein Kind, ein Mann oder eine Frau ist – und ob diese Person gefährlich für sie ist.

Von Christine Westerhaus | 11.03.2014
    Die Elefanten im Amboseli Nationalpark führen eigentlich ein beschauliches Leben. Sie sind vor Wilderern weitgehend geschützt und leben meist friedlich mit den Massai und den Kamba zusammen. Im Gegensatz zu den Kamba machen männliche Massai aber manchmal Jagd auf die Tiere. Zum Beispiel wenn sie ihre Männlichkeit beweisen wollen oder wenn sie mit den Elefanten um Wasser konkurrieren. Offenbar ein Nachbarschaftsstreit, der sich den Dickhäutern ins Gedächtnis eingebrannt hat. Denn als britische Forscher den Tieren ein Tonband mit der Stimme eines männlichen Massai vorspielten, ergriffen die Elefanten die Flucht.
    Originalton männlicher Massai
    "Schau, da vorne sind ein paar Elefanten" heißt dieser Satz übersetzt. In der Sprache der Kamba klingt das so:
    Originalton männlicher Kamba
    Doch als die Forscher den gleichen Tieren diese Aufnahme vorspielten, zeigten sich die Tiere eher unbeeindruckt und grasten in Ruhe weiter. Für Karen McComb von der Universität von Sussex in Brighton, ist das ein klares Zeichen dafür, dass die Tiere gelernt haben, die Massai und die Kamba anhand ihrer Sprache zu unterscheiden.
    "Die menschliche Stimme enthält sehr viele Informationen über den Sprecher. Elefanten können sie deshalb als frühes Warnsystem nutzen: An der Sprache können sie schon von Weitem erkennen, dass sich da ein Massai nähert. Dadurch sparen sie Energie, denn sie müssen nicht jedes mal aufhören zu fressen und weglaufen, wenn sie einem Menschen begegnen, sondern nur, wenn es wirklich notwendig ist."
    Elefanten lassen sich sogar durch Computertricks nicht täuschen
    Die Forscher spielten die Tonaufnahmen insgesamt 48 Elefantenherden vor. Alle Gruppen reagierten ähnlich: Hörten sie die Stimme des männlichen Massai, stießen sich die Tiere häufiger gegenseitig an und zogen sich in den meisten Fällen zurück. Offenbar erkennen sie aber nicht nur die Sprache der Massai, sondern auch das Geschlecht und das Alter der Stimme. Denn als die Forscher den Tieren weibliche und Kinder-Massai-Stimmen vorspielten, blieben die Dickhäuter unbeeindruckt.
    "Es war spannend, zu sehen, dass Elefanten in der Lage sind, die Massai-Männer und Frauen an der Stimme zu unterscheiden. Das allein ist ja schon eine ziemliche Leistung. Doch als wir die typischen Merkmale änderten, die für uns eine weibliche oder männliche Stimme kennzeichnen – die Tonhöhe zum Beispiel - stellten wir fest, dass sich für die Elefanten damit das Geschlecht der Stimme gar nicht änderte."
    Die Forscher bearbeiteten die Stimmen der Massai am Computer derart, dass sie für menschliche Ohren nicht mehr als weiblich bzw. männlich erkennbar waren.
    Originalton Frau in Mann verwandelt
    So klang die Stimme der Massai Frau nach der digitalen Manipulation. Und auch der Massai Mann klang nach der sprachlichen Geschlechtsumwandlung viel weiblicher.
    Originalton Mann in Frau verwandelt
    Doch die Elefanten ließen sich nicht von dieser "Kreidestimme" täuschen und ergriffen auch weiterhin die Flucht.
    "Die Tiere sind also in der Lage, die Stimmen sehr gut unterscheiden zu können. Offenbar nutzen sie dazu andere Merkmale als wir, um Männer und Frauen an der Stimme zu erkennen. Damit lassen sie für uns also noch einige interessante Fragen offen."
    Frühere Studien haben gezeigt, dass die Elefanten im Amboseli Nationalpark die Massai auch am Geruch von den Kamba unterscheiden können. Zudem reagierten sie deutlich aggressiver auf rote Kleidung, die traditionelle Farbe der Massai Gewänder. Ein Verhalten, das sich vielleicht schon bald ändern wird, meint Karen McComb. Denn die Massai leben heutzutage wesentlich friedlicher mit den Elefanten zusammen, als noch vor 20 Jahren.