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Elektroautos
Gut für die Stadtluft, schlecht für die Umwelt?

In der Debatte um den Dieselskandal wird der Ruf nach umweltfreundlicheren Autos laut. Sind Elektroautos eine Lösung? Auf den ersten Blick belasten sie die Luft nicht. Sobald allerdings alle Auswirkungen auf Umwelt und Klima berücksichtigt werden, verdunkelt sich das Bild vom "sauberen Auto".

Von Uschi Götz | 31.07.2017
    Ein Areal des Aksdal Einkaufcenters im südwestlichen Norwegen, in dem sich Tankstellen mit herkömmlichen Treibstoffen befinden und Elektro-Ladestationen.
    Nur eine Kombination von Elektrofahrzeugen und Strom aus erneuerbaren Energiequellen würden zu einer Energiebilanz ganz ohne CO2 aus fossilen Brennstoffen und ohne Schadstoffe führen. (imago/Ludwig Heimrath)
    "Wir haben natürlich noch einige Herausforderungen zu bewältigen. Das Ziel, eine Million Autos im Jahr 2020 auf den Straßen zu haben, wird man nicht ganz einfach erreichen."
    Das war im Herbst 2012. Fünf Jahre später sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel: "Wie es im Moment aussieht, werden wir das Ziel nicht erreichen. Die Herausforderungen wurden nicht bewältigt."
    Die Kaufprämie für Elektroautos und Hybridfahrzeuge von bis zu 4.000 Euro ist ein Flopp. Lediglich rund 23.000 Anträge gab es seit der Einführung der Prämie vor gut einem Jahr. Etwa 34.000 Elektroautos waren zu Beginn des Jahres in Deutschland zugelassen. Eines davon ist meins. Vor eineinhalb Jahren habe ich mir einen Renault Zoe zugelegt. Ohne Kaufprämie.
    Keine bessere Klimabilanz von Elektroautos
    Mein Büro liegt 800 Meter von Deutschlands dreckigster Straßenkreuzung, dem Neckartor in Stuttgart, entfernt. Mit einem klimaneutralen Elektroauto wollte ich meinen Beitrag für eine bessere Luft leisten.
    Tatsächlich stößt mein Auto keine Schadstoffe mehr aus. Aber eine 2015 veröffentlichte Studie des Heidelberger Umwelt- und Prognoseinstituts UPI machte mir ziemlich schnell klar, dass mein Elektroauto alles andere als klimaneutral ist, wie der Leiter des Instituts, Dieter Teufel, erklärt.
    "Es wurden zwar in den letzten 10, 15Jahren recht gut regenerative Energiequellen aufgebaut: Photovoltaik, Sonnenenergie, Windenergie, die Wasserkraft wurde ein bisschen ausgebaut. Das ist sinnvoll, aber das hat in den letzten 15 Jahren nur den Rückgang der Kernenergie ausgeglichen."
    Doch die Menge an fossiler Energie für die Stromerzeugung sei gleich geblieben, so der Biologe und Systemanalytiker.
    "Wenn man das berücksichtigt und wenn man die Herstellung der Fahrzeuge berücksichtigt, dann ergibt sich, dass ein Elektroauto heute und leider auch bis etwa 2030, 2035 von der CO2-Emission, von der Klimabilanz, praktisch nicht besser ist, als ein normaler Benziner oder ein Diesel."
    Umweltschädliche Batterie-Produktion
    Eine Studie im Auftrag der Schwedischen Energieagentur ergab jüngst: Die Produktion einer Batterie für ein Elektroauto ist umweltschädlicher als bisher angenommen. Erst wenn beispielsweise ein Tesla Model S mindestens acht Jahre gefahren wird, hat er eine bessere CO2-Bilanz gegenüber einem Verbrennungsmotor.
    Am meisten machten jedoch Vorgaben der EU-Kommission die eigentlich vorhandenen Vorzüge eines Elektroautos zunichte, erklärt Wissenschaftler Teufel. Mit der Klassifizierung "Null-Emission" gelänge ein Rechentrick, der ausschließlich den Autobauern zugutekomme. Das Stichwort dabei lautet "Flottenverbrauch". Als Flottenverbrauch wird der durchschnittliche Kraftstoffverbrauch einer Fahrzeugflotte bezeichnet. Ein Autohersteller gibt immer einen Gesamtwert an.
    "CO2 Emission steigt sogar an"
    "Und der kann damit die starke Überschreitung, zum Beispiel bei SUVs oder anderen schweren Fahrzeugen, wie Geländewagen, ausgleichen. Das führt unterm Strich dazu, dass leider durch Elektroautos heute und auch in naher und mittlerer Zukunft, so lang diese Gesetzgebung so bleibt, die CO2 Emission sogar ansteigt."
    Mit anderen Worten: Mit jedem Kauf eines Elektroautos werde der Verkauf von Fahrzeugen mit besonders hohen CO2 Werten nahezu gefördert. Das ursprünglich von Bundeskanzlerin Merkel ausgegebene Ziel, bis 2020 eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen zu haben, sei eher der Automobilbranche als dem Umweltschutz geschuldet gewesen.
    Auf der Homepage des Bundesumweltministerium steht: Nur eine Kombination von Elektrofahrzeugen und Strom aus erneuerbaren Energiequellen würden zu einer Energiebilanz ganz ohne CO2 aus fossilen Brennstoffen und ohne Schadstoffe führen. Das Bundesumweltministerium entwickle daher Möglichkeiten, die Koppelung an Strom aus erneuerbaren Energien zu verwirklichen.
    Fazit: Erst wenn die Politik dieses Vorhaben verwirklicht hat, lohnt es sich, dem Klima zuliebe auf ein Elektroauto umzusteigen.