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Elektronische Musik trifft auf Klassik

Für sein neues Album "OPUS" konnte Christopher von Deylen vom Musikprojekt Schiller Größen der klassischen Musik gewinnen. Wie auf dem Vorgängeralbum "Sonne" wechseln ruhige, fast sphärische Passagen mit pompösen Momenten. Es ist das erste Album von Schiller, das nicht ausschließlich in Berlin entstanden ist.

Von Milan Schlegel | 29.08.2013
    "Für mich ist es eigentlich die Musik, die ich selber gerne hören möchte. Es ist genau die Klangkombination, die ich mir immer gewünscht habe und da ich sie nirgendwo gebündelt finden konnte, habe ich dann irgendwann angefangen, sie selber zu machen."

    Christopher von Deylen alias "Schiller" sagt das, was man so oft von Musikern hört. Mit OPUS habe er etwas Neues geschaffen, einen völlig neuen Klang. Doch beim Hören wird schnell klar: Schiller ist auch auf diesem Album seiner Linie treu geblieben. Denn ähnlich wie beim Vorgängeralbum "Sonne" wechseln auch bei "OPUS" wieder ruhige, fast sphärische Passagen mit pompösen Momenten. Und doch ist einiges anders - vor allem die Arbeitsweise war dieses Mal untypisch.

    "OPUS ist das erste Album, was nicht durchgehend in Berlin im Studio entstanden ist. Ich hatte die Idee zu OPUS Anfang des Jahres und habe dann mein Studio eigentlich eingepackt und bin in das Coachella-Valley gegangen, das ist in Amerika, und habe dort wirklich sehr naturverbunden dieses Album aufgenommen."

    Diese Naturverbundenheit spiegelt sich auch in den Titeln der Stücke wieder. "Imperial Valley", "Desert Empire" oder "Sunrise Way" erinnern an die Wüstenlandschaft, in der OPUS entstanden ist. Doch neben diesen Eigenkompositionen finden sich auf OPUS vor allem zahlreiche Adaptionen klassischer Melodien. Und beim Hören wird schnell klar: Weg von der Popmusik und hin zur Klassik scheint dieses Mal die Devise von Schiller zu sein - das ist gerade wieder schwer in Mode, man denke nur an Olafur Arnalds.

    "OPUS ist natürlich, wie der Name vielleicht auch schon suggerieren mag, sehr eng mit klassischen Themen verbunden, sehr eng verwoben mit der Klassikwelt. Es ist natürlich trotzdem noch elektronische Musik. Ich habe versucht, diese Zeitlosigkeit und diese kraftvollen Melodien in die elektronische Welt einzuladen, um ihre Kraft sogar noch zu verstärken."

    Dazu hat Christopher von Deylen auch etablierte Klassik-Größen eingeladen. Unter anderem leiht ihm die weltbekannte Sopranistin Anna Netrebko ihre Stimme.

    Edvard Griegs "Solveig’s Song" wird von Netrebko und Schiller in die Welt der Lounge-Sounds transferiert, einen Begriff, den Schiller selbst übrigens nicht so schätzt. Dabei bleibt die Grundstimmung des Stücks sehr nah am Original und behält den klagenden Charakter bei, verstärkt wird das Ganze durch die Schiller-typischen Synthie-Schwaden.

    Neben Anna Netrebko hat Christopher von Deylen auch mit der Pianistin Hélène Grimaud zusammengearbeitet. Die unterschiedlichen musikalischen Prägungen stellten hier keine Hürde dar, versichert von Deylen:

    "Es ist natürlich unglaublich inspirierend, mit jemandem wie Hélène Grimaud zusammen Musik zu machen, denn sie fühlt ja Musik ganz anders als ich, aber auf ihre Art und Weise kann sie natürlich dem Ganzen einen ganz anderen Aspekt abgewinnen. Wir haben wirklich zusammen im Studio gestanden, es ist am Ende eigentlich eine Liveaufnahme geworden. Wir haben das zusammen parallel gemacht, sodass zu der musikalischen Tiefe auch noch eine menschliche Intensität kam, die man auch nicht simulieren kann."

    "Ich habe versucht, die Kompositionen von dem, was ich als kompositorischen Zierrat empfinden würde, zu befreien und mich wirklich auf das Kernthema zu konzentrieren, denn vieler dieser Melodien sind ja eingebettet im Ursprung und dann kommt irgendwann eben ein Melodiefragment, auf das alle warten. Und kaum hat das angefangen, hört es auch schon wieder auf und da habe ich mir die Freiheit genommen, das etwas anders aufzubauen."

    Sei es die eben gehörte Klaviermelodie aus Erik Saties "Gymnopedie No. 1" oder das Thema aus Tschaikowskis "Schwanensee": Die Leitmotive der klassischen Stücke stechen aus dem Album stark hervor. Hinzu kommt, dass von Deylens elektronische Elemente oft sehr minimalistisch und stark am Original angelegt sind. Große Veränderungen oder gar Experimente mit den "Klassikern" findet man hier also nicht. Und trotzdem - oder vielleicht gerade deshalb - ist OPUS ein klassisches Schiller-Album. Wohlklang für die Massen. Und - ja - auch für die Lounge.