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Elfenbeinküste
In der Bevölkerung brodelt es

Eine schwere Wirtschaftskrise macht derzeit der Elfenbeinküste zu schaffen. Viele Menschen wissen nicht, wie sie über die Runden kommen sollen. Meuternde Soldaten konnten aber der Regierung finanzielle Zugeständnisse abringen. Auch die Mitarbeiter des Öffentlichen Dienstes fordern mehr Geld. Viele Bürger haben dafür kein Verständnis.

Von Jens Borchers | 24.05.2017
    Soldaten der Präsidialgarde der Elfenkeinküste haben am 12. Mai 2017 vor einem Lager meuternder Soldaten Stellung bezogen.
    Soldaten der Präsidialgarde der Elfenbeinküste haben am 12. Mai 2017 vor einem Lager meuternder Soldaten Stellung bezogen. (imago / Xinhua / Yvan Sonh )
    Tagelang hatten die Rebellen in der Elfenbeinküste für Angst und Schrecken gesorgt: Sie blockierten Straßen, ballerten eine Salve nach der anderen in die Luft und blockierten den Verkehr. Händler konnten ihre Waren nicht mehr ausliefern, Lastwagen steckten in den großen Wirtschaftszentren wie Abidjan und Bouaké fest. Es gab Verletzte und Tote. Das war Mitte Mai. Dann erschien der Verteidigungsminister auf den Bildschirmen des Staatsfernsehens und verkündete – jetzt sei alles gut: "Wir haben eine Vereinbarung gefunden", sagte der Minister. Was genau mit den Rebellen vereinbart wurde, das sagte er allerdings nicht.
    Viele dieser Soldaten waren nach dem Ende des blutigen Machtkampfes, der den amtierenden Präsidenten Ouattara 2012 ins Amt gebracht hatte, in die reguläre Armee der Elfenbeinküste integriert worden. Darüber hinaus pochten sie aber auf finanzielle Versprechungen aus dieser Zeit – die hat die Regierung nun offenbar eingelöst.
    Bewaffnete fordern Zugeständnisse der Regierung
    Jetzt aber gab es wieder Tote und Verletzte. Sie stammen ebenfalls aus den Reihen ehemaliger Kämpfer für Ouattara. Nur wurden sie später nicht in die Armee aufgenommen. Geld fordern sie jetzt trotzdem. Und sie machten es, wie sie es Mitte Mai bei den rebellierenden Soldaten gesehen hatten: Bewaffnet blockierten sie eine Ausfallstraße in der Stadt Bouaké. Warum dabei vier Menschen starben, ist noch unklar. Polizei und Rebellen beschuldigen sich gegenseitig.
    Fest steht aber, dass die Elfenbeinküste nicht zur Ruhe kommt. Das begann Anfang des Jahres mit den ersten Geldforderungen rebellierender Soldaten. Kurz darauf folgte ein Streik im Öffentlichen Dienst – drei ganze Wochen lang. Präsident Alassane Ouattara rief angesichts von Rebellion und wochenlangem Streik zur Mäßigung auf: "Die Bevölkerung war entsetzt, die Verwaltung blockiert, die Wirtschaft beeinträchtigt. Wir müssen Hand in Hand arbeiten, um die Lebensbedingungen für alle zu verbessern. Mit Sinn für die Realität, aber ohne Erpressung und Konfrontation."
    Wirtschaftskrise trifft große Teile der Bevölkerung
    Damit sprach der Präsident wohl vielen aus dem Herzen. Dennoch gab seine Regierung den neuerlichen Geldforderungen rebellierender Soldaten nach. Medienberichten zufolge haben die aufständischen Militärs der Regierung Zusagen von insgesamt knapp 90 Millionen Euro abgerungen. Die Forderungen des Öffentlichen Dienstes nach mehr Gehalt müssen noch verhandelt werden. Viele Bürger der Elfenbeinküste haben dafür in Zeiten einer schweren Wirtschaftskrise nur wenig Verständnis.
    Der Weltmarktpreis für Kakao, das mit weitem Abstand wichtigste Export-Gut der Elfenbeinküste, ist im Keller. Deshalb wurde der Staatshaushalt um fast zehn Prozent gekürzt. Das bedeutet: weniger Investitionen und weniger finanzieller Spielraum in einem Staat, in dem – allen offiziellen Wachstumsraten zum Trotz - mehr als 40 Prozent der Menschen in Armut leben. Deshalb brodelt es in der Bevölkerung. Weil viele den Eindruck haben, dass bisher vor allem ausländische Investoren und die Elite des Landes vom bisher guten Wachstum profitiert haben. Und dass Bewaffnete und Beamte sich jetzt ihren Anteil mit massivem Druck erstreiten. Während ein großer Teil der Bevölkerung ohne Hilfe mit der Wirtschaftskrise fertig werden muss.