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Emissionsfrei essen

Während die Umweltminister darum ringen, wie ihre Länder sich am Arten- und Klimaschutz beteiligen sollen, geht ein Göttinger Naturkosthändler mit einem ungewöhnlichen Beispiel voran. Besonders beim Handel und Transport mit exotischen Früchten wird viel CO2 produziert. Um diese Emissionen wieder gutzumachen, hat sich Hermann Heldberg aus Göttingen ein klimafreundliches System ausgedacht.

Von Carolin Hoffrogge | 16.03.2007
    In den riesigen Lagerhallen des Göttinger Naturkostgroßhändlers Hermann Heldberg stapeln sich die Kisten bis unter die Decke. Bananen, Möhren, Kohlrabi, Apfelsinen. Alle Produkte sind zwar ökologisch und damit klimaschonend angebaut worden, aber trotzdem - so Hermann Heldberg - belasten sie das Klima mit Kohlendioxid. Sein Beispiel: der Transport von Bananen:
    " Es gibt Vorabberechnungen für die Bananen, und die Summe ist schon nicht ganz unerheblich, etwa über 5000 Tonnen pro Jahr allein nur für den Import der Bananen aus der Dominikanischen Republik. "

    Rechnet der Göttinger Naturkosthändler Heldberg noch seine Apfelsinen aus Spanien, seine Äpfel aus Neuseeland und seine Nüsse aus Nordamerika dazu, kommen mehrere zehntausend Tonnen des Treibhausgases zusammen; allein durch den Transport der Ökonahrungsmittel aus den fernen Ländern in die Göttinger Lagerhallen. Diese Klimaschädigung gleicht Hermann Heldberg jetzt aus, indem er Geld in Aufforstungsprojekte der Tropenländern investiert:
    " Am schönsten und besten fänden wir natürlich, wenn wir mit Bioerzeugern, zum Beispiel mit den Bananenerzeugern solche Projekte vor Ort installieren könnten, da, wo die Produkte herkommen. Es gibt zum Beispiel Gespräche mit südafrikanischen Erzeugern, mit denen wir gerade eine Zusammenarbeit beginnen und die dort vor Ort kahle Flächen haben, die sie gerne aufforsten würden. "

    Durch die neuen Waldprojekte bekommen Heldbergs gehandelte Bananen also nicht nur den Bioaufkleber, sondern auch noch den Stempel, das sie CO2-neutral sind. Kaufen die Verbraucher Heldbergs Bananen, tun sie also gleichzeitig etwas für das Klima, sagt Jörg Heinzemann. Der Göttinger Agrarwissenschaftler hat das Klimaschutzpaket für den Ökokostgroßhändler ausgerechnet:

    " Im Moment liegt der Preis für eine Tonne CO2-Zertifikation bei fünf bis zehn Euro. Wenn sie das mal durchrechnen, dann kommen sie auf einen Preis von ungefähr 0,5 bis 1 Cent pro Kilogramm Banane, die Naturkost Elkershausen mehr nehmen müsste, um die Bananen emissionsneutral hierher zu transportieren. Und nicht nur das, sondern auch, um sie zu produzieren. Es geht nicht nur um den Handel, sondern es ist wirklich die ganze Produktionskette. Praktisch von dem Moment, wo der Bananensprössling in die Erde gebracht wird, bis zu dem Moment, wo sie als Verbraucher die Banane im Laden kaufen ist komplett emissionsneutral gestellt. "

    Um zehn Tonnen CO2 auszugleichen, wird ein Hektar Wald angepflanzt, so Heinzemann. Aber setzt sich die Göttinger Idee des CO2-Ausgleichs für Nahrungsmitteltransporte flächendeckend durch, sieht man vielleicht irgendwann den Wald vor lauter Bäumen nicht, mahnt Agrarwissenschaftler Heinzemann. Also hat er noch andere Ideen:

    Wir haben zum Beispiel ein sehr schönes Projekt in Indonesien gehabt, in einer Ölpalmplantage. Die normalerweise riesige Mengen CH4 produzieren, Bassins so groß wie eine Badeanstalt, wo das ganz flüssige Sterilisat reingepumpt wird, was vor sich hingärt. Dann entstehen so zimmergroße CH4 Blasen, die da in die Atmosphäre hineingehen. Es ist ja bekannt, das CH4 also Methan wesentlich klimaschädlicher ist, nämlich 21 mal mehr als CO2. Das Projekt war völlig simpel: wie haben das Gas einfach abgefangen und abgefackelt und damit wandeln sie es in CO2 um und sie haben den einundzwanzigsten Faktor nicht mehr.

    In solche und andere klimaausgleichende Maßnahmen will Hermann Heldberg sein Geld stecken. Damit ist er als Großhändler in Deutschland Vorreiter:

    " Wir sind Vorreiter, aber nicht alleine, unsere holländischen Kollegen sind auch schon diesen Pfad gegangen, weil er ja auch vernünftig ist. Ich bin auch überzeugt, dass das, was wir jetzt tun werden, in nicht allzu langer Zeit dann auch im klassischen Lebensmitteleinzelhandel landen wird, so wie Bioware auch im klassischen Lebensmitteleinzelhandel Allgemeingut ist, wird auch dieser Punkt, weil er richtig und vernünftig ist Allgemeingut werden, eines Tages. "

    Mit seinen emissionsfreien Bananen fängt Hermann Heldberg jetzt erst einmal an. Aber schon in zwei Monaten sollen alle Produkte des Biogroßhandels CO2-freigestellt werden. Dann essen die Verbraucher nicht nur die Bananen klimabewusst:

    " Die Idee finde ich ganz große Klasse, weil wir da alle als Verbraucher ein Instrument in der Hand haben, um selber etwas tun zu können. Ein oder zwei Cent mehr pro Kilo Bananen, das muss drin sein, wenn man sich überlegt, was wir denn da anstellen mit unserer CO2-Bilanz weltweit.

    Das finde ich eine gute Idee, denn es ist hochnotwendig, es werden immer noch soviel Wälder abgeholzt. Ich glaube, wir müssen alle unseren Beitrag dazuleisten, dass das Klima nicht noch weiter den Bach runter geht. "