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Endgültige Klärung?

Der Spanier wurde während seines Tour-Siegs 2010 - also vor gut 15 Monaten - positiv auf das Dopingmittel Clenbuterol getestet. Doch seitdem streiten sich Verbände und die Welt-Anti-Doping-Agentur.

Von Robert Kempe | 20.11.2011
    Es werden zähe Verhandlungstage im schweizerischen Lausanne erwartet, wenn sich in der kommenden Woche Alberto Contador vor dem Internationalen Sportgerichtshof, CAS, verantworten muss. Den positiven Dopingbefund bei der Tour de France führt der spanische Radprofi auf den Verzehr von kontaminiertem Fleisch zurück. Seit Monaten wird der lang erwartete Prozess von den Anwälten beider Seiten geheimnisvoll vorbereitet. Die eingesetzten CAS-Richtern Efraim Barak, Quentin Byrne-Sutton und der Deutsche Ulrich Haas hatten in der Zwischenzeit die Anhörung gar zweimal verschoben.
    David Howman, Generaldirektor der Welt-Antidoping Agentur, WADA, erklärt warum der Beginn der Verhandlungen so lange gedauert hat:

    "In diesem Fall haben die Anwälte von Contador eine Fristverlängerung beantragt und diese auch bekommen. Am letzten Tag haben sie die Dokumente eingereicht - Ich schätze sie haben 3000 bis 3500 Seiten eingereicht. Die Anwälte der WADA und von der UCI, benötigten Zeit all diese Informationen zu berücksichtigen und sie beantragten daher eine weitere Fristverlängerung. Es ist bedauerlich, denn wir alle wollen eine schnelle Justiz. Aber wir wollen auch sicherstellen, dass es fair abläuft und den einzelnen Parteien die Möglichkeit geben, sich so gut wie möglich vorzubereiten."

    Allein Contador beschäftigt für die CAS-Verhandlung vier Anwälte unter Führung des Briten Mike Morgan. Sie werden genau darlegen müssen, wie das leistungssteigernde Mittel Clenbuterol in den Körper des Spaniers kam. In der Tat ist Clenbuterol als Kälbermastmittel in den letzten Monaten wieder verstärkt in den Fokus gerückt. Im letzten Sommer wurden zum Beispiel 109 Spieler bei der U17-Junioren-Fußball-WM in Mexiko positiv auf die Substanz getestet. Alle wurden freigesprochen, ihre Befunde wurden mit dem Verzehr von kontaminiertem Fleisch vor Ort begründet. Nach Contadors bisherigen Erklärungen konsumierte er Fleisch aus Spanien, was ein Freund mit zur Tour de France brachte. Der Einsatz von Clenbuterol in der Tierzucht ist in der EU verboten, die letzten verzeichneten Fälle in Spanien liegen Jahre zurück. Öffentlich sind Belege für Contadors Erklärung noch nicht bekannt geworden.

    Dafür haben Contadors Anwälte schon seit Samstag, die wichtigsten Zeugen nach Lausanne geladen. Wie die spanische Tageszeitung EL Pais in dieser Woche berichtete sollen sie 13 Zeugen aufgeführt haben. Darunter ehemalige Teamkollegen Contadors und wissenschaftliche Experten. Auch UCI und WADA warten mit einer Vielzahl von Experten auf, so sollen unter anderem Mitarbeiter des Dopingkontrolllabors in Köln oder der australische Blutspezialist Michael Ashenden vor dem CAS angehört werden. Auch der spanische Fleischer, der das Rindersteak damals verkauft haben soll, soll von der WADA geladen sein.

    Doch verfolgt die WADA wohl noch eine andere Strategie. Nach ARD Informationen im September 2010 wurde in Contadors Urin neben dem Clenbuterol ein sehr hoher Wert an Plasticizern gemessen, solche die auch bei der Produktion von Blutbeuteln verwendet werden. Diese Messwerte will die WADA mit in das Verfahren einbringen, wohl als Indiz für Eigenblutdoping bei Contador.

    Dieser bestreitet Eigenblutdoping. Um den Vorwurf zu widerlegen hat der Spanier einen Wissenschaftler aus Deutschland hinzugezogen. Wie der Deutschlandfunk erfuhr, soll dieser darlegen, dass der bei dem Spanier gefundene Weichmacher auch in vielen anderen Kunststoffen sowie in Kosmetikartikeln auftaucht. Außerdem will man Studien vorbringen, wonach Werte - wie bei Contador gemessen - in der Bevölkerung nicht ungewöhnlich seien.

    Ein Expertenstreit droht. Doch ist man auf der Seite der WADA von der eigenen Plastecizer-Theorie vielleicht nicht vollends überzeugt. Vor einigen Tagen bestätigte die WADA, das sie die Weiterentwicklung eines existierenden Plastecizer-Tests für die Detektierung von Bluttransfusionen nicht mehr fördern will.

    WADA-Generaldirektor David Howman bestreitet, dass diese Entscheidung Auswirkungen auf den anstehenden Prozess hat:

    "Diese Entscheidung betrifft nur ein Forschungsprojekt. Das bedeutet nicht, dass wir uns mit Plasticizern-Forschungen nicht weiter beschäftigen, es bedeutet nur das wir aktuell kein Geld für dieses Projekt ausgeben werden. Wir haben nur begrenzte Mittel."

    Gegenüber dem Deutschlandfunk wollten sich Contadors Anwälte zu diesem Sachverhalt nicht äußern, zeigten sich aber durchaus überrascht über den Zeitpunkt der Bekanntgabe durch die WADA. Die Chancen auf einen Freispruchs des dreimaligen Tour de France Siegers werden von Insidern als gut gedeutet.

    Doch bei einer Verurteilung wegen Dopings drohen Contador sowohl die Aberkennung des Tour-Titels 2010 und von Siegen, die er in Zwischenzeit errang, wie der beim Giro d'Italia 2011. Außerdem würde Contador dann für zwei Jahre gesperrt werden.