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"Endlich mal weg vom Vier-Vierteltakt"

Er ist eine lebende Musiklegende: berühmt als Pianist, Schlagersänger, Bandleader, Entertainer und Jazz-Interpret. Dass Paul Kuhns Klassiker ein Jazz-Musikstück ist, ist also nicht unbedingt überraschend.

Von Hartwig Tegeler | 19.06.2012
    Paul Kuhn: "Also, mein Name ist Paul Kuhn, wir reden von Klassikern. Und mein Klassiker, innerhalb des Jazz ist 'Take Five'. Dave Brubeck.

    Es gibt Stücke, da denkt man, die werden sich halten. Und nach einer Woche spielt es kein Mensch mehr. Aber andere Stücke, die man nicht beachtet, die werden ewig gespielt. Die sind immer da. Ich weiß nicht, was an der Nummer "Whispering" so schön ist zum Beispiel. Da-da-da-di-da-da-da-da-di. 'Lass mich dein Badewasser schlürfen', war ja der deutsche Spaß-Text.

    'Take Five' - wann wurde es geschrieben? Das liegt ja schon lange zurück. Das war, weil es ja endlich mal vom Vier-Vierteltakt wegging und zum Fünf-Vierteltakt gegangen ist. Was man vorher komischerweise nicht so konsequent durchgeführt hat. Das Stück lebt ja davon, dass es fünf Viertel hat und nicht nur vier.

    Es fiel mir sehr leicht, das zu spielen. Und das ist schön, weil es geht weg von jedem Schema. Es war anders gebaut. Und der Saxofonist hat mir besonders gefallen. Aber das ist eine andere Sache.

    Heute ist das ein alter Hut. Das ist klar.

    Es gibt Stücke - und das ist eines davon -, dann sage ich immer: Das gibt es nicht mehr. Damit meine ich, dass wir es nicht mehr gerne spielen. Wir haben es zum Es Geht Nicht Mehr gespielt, aber das gibt es natürlich immer. Es ist ja kein Stück Zucker oder ein Stück Fleisch oder das ausgeht. Es geht ja weiter. Das wird ja in zehn Jahren auch noch gespielt. Wir sagen das nur aus Spaß, dass wir es nicht mehr spielen müssen.

    Es gibt Dinge, die kann ich nicht beantworten. Es gibt Dinge, die keine Erklärungen haben. Was ist die Faszination Musik überhaupt. Abstrakte Geschichten sind das.

    Die Abstraktion ist: Sie hören einen Ton. Bahhh! Na gut. Und einen zweiten dazu, richtig gespielt, kann so traurig sein, dass Sie sich am liebsten das Leben nehmen können. Oder der zweite Ton ist so ein Ding, dass Sie sich tot lachen. Und das ist nur mit zwei Tönen hergestellt. Und das ist doch ganz abstrakt. Und das ist doch nicht greifbar. Und deswegen kann man vieles in der Musik doch nicht erklären."