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Endlich rauchfrei!

Schluss machen mit dem Glimmstängel - für viele Menschen ein täglicher Kampf. Für die Studierenden der Universität Bielefeld eine Chance. Denn sie profitieren von der Hilfe einer besonderen Einrichtung: dem Gesundheitslabor. Das betreiben die Bielefelder Gesundheitswissenschaftler seit 1996. Durch praxisnahe Studien verbessert das Team die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Studierenden. Zum Beispiel durch ein einmaliges Entwöhnungsprogramm für Raucher. 25 Studierende wurden medizinisch und psychologisch betreut. Jessica Grünemeier war eine der Studierenden. Vor einem Jahr entschloss sie sich, die Hilfe der Wissenschaftler anzunehmen.

Von Ingo Müntz |
    Warst Du letzte Woche auf der Mensaparty? Die war echt super. Mein Gott habe ich viel geraucht.

    Jessica Grünemeier macht Pause. In der kleinen Raucherzone ist es voll. Grauer Zigarettenqualm schwebt über ihrem Kopf. Auf dem Tisch das kleine Gedeck: Kaffee und Zigarette. Jessica spricht mit Kommilitonen Ingo Bowitz. Der Blick ist verärgert:

    Ich habe auch echt keinen Bock mehr, und ich kriege auch Magenschmerzen. Ich merke das so langsam. Habe zwei Schachteln Kippen weggeraucht an dem Abend.

    Die 25-Jährige hat die Nase voll. Zehn Jahre raucht sie schon. Unzählige Versuche sich das abzugewöhnen - vergeblich.

    Hilfe bietet ihr das Gesundheitslabor der Uni Bielefeld. In sechs Wochen zum Nichtraucher - das versprechen die Gesundheitswissenschaftler.
    Kostenlos dazu, und auch noch auf dem Campus. Das Angebot für die Pädagogik-Studentin. Ein Termin muss her.

    Hallo. Sie kommen zur Beratung? Richtig. Und zu ersten Laboruntersuchung. Schön, dass sie gekommen sind. Sind sie immer noch überzeugt?

    Eine Tür in den kargen Gängen der Uni öffnet sich. Anamaria Diaz empfängt ihre Patientin im Gesundheitslabor. Nun der Treffpunkt für regelmäßige Gespräche und Untersuchungen. Denn das Entwöhnungsprogramm baut auf zwei Säulen auf - der medizinischen und der psychologischen. Eine erste medizinische Untersuchung zeigt Jessica zunächst die körperlichen Folgen ihrer Sucht.

    Zum Beispiel der Lungentest. Jessica pustet ins Rohr:

    Das war nicht viel, glaub ich.

    Aber auch die Blut- und Körperfettmessung, der Urinstatus und die Gewichtskontrolle. Nikotin im Urin, eingeschränkte Lungenfunktion. Das sind bedenkliche Ergebnisse. Jessicas Werte müssen besser werden. Wichtig sei außerdem, die Sucht zu erkennen, erklärt ihr die Psychologin Anamaria Diaz den zweiten Schritt:

    Sie wissen dass dieses Training auf Merken basiert. Wichtig ist für sie zu entdecken, bei welchen Anlässen Sie rauchen. Deswegen dürfen sie die erste Woche weiterrauchen, damit sie ihr Rauchverhalten beobachten können.

    Das kann Jessica nur noch in den kleinen Raucherzonen. Denn seit einem halben Jahr ist die große Unihalle rauchfrei. Ein Trend, der sich in vielen Universitäten durchsetzt. Die logische Ergänzung dazu - Das Entwöhnungsprogramm. Ein Projekt des Labor-Teams. Mediziner, Psychologen und Sozialpädagogen arbeiten dafür Hand in Hand. Sabine Meier:

    Ziel des Gesundheitslabors ist es, die Gesundheit der Studierenden zu beobachten, aber auch Interventionen und Beratungen für Studierende anzubieten.

    Die Gesundheitswissenschafterin leitet das Entwöhnungsprogramm. Doch Rauchen ist nicht der einzige Risikofaktor im Lebensraum Uni. Auch sexuell übertragbare Krankheiten, Essstörungen oder die schlechte Ergonomie in Hörsälen waren Forschungsgegenstand. Medizinische Untersuchung und Fragebogen sind die Werkzeuge. Mit den Ergebnissen sensibilisieren die Forscher Studierende für die Risiken und stärken sie für den Umgang mit Gesundheit oder Krankheit. Sabine Meier erklärt die Chancen:

    Studierende sind als Interventionsgruppe besonders interessant, weil das Studium einen Wechsel im Leben und Gewohnheiten beinhaltet. Und weil Studierende Multiplikatoren in der Gesellschaft sind. Das heißt, wenn Studierende an der Hochschule erkannt haben, was Gesundheitsförderung für positive Auswirkungen auf die Lebensqualität hat, können sie das auch in späteren Führungsstrukturen vermitteln.

    Jessica Grünemeier sitzt in der Cafeteria. Entspannt schaut sie aus dem Fenster. Neben dem Kaffee fehlt - die Zigarette. Sie hat es geschafft. Körperlich gehe es ihr besser, sagt sie. Und auch im Studium merkt sie eine entscheidende Verbesserung.

    Also Vorlesungen von zwei Stunden waren echt unangenehm, wo ich bereits nach einer dreiviertel Stunde gemerkt habe, oh, jetzt könnte ich mal eine rauchen. Ich kann die Vorlesungen viel entspannter mitmachen, die Seminare auch.