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Energie
Bundesrat setzt Fracking-Kommission ein

Der Bundesrat hat eine Kommission zum Fracking eingesetzt, in die er zwei Experten entsendet. Vier weitere Mitglieder ernennt die Bundesregierung. Umweltschützer fürchten, dass damit auch der Weg zu Probebohrungen geebnet werden könnte.

Dieter Nürnberger im Gespräch mit Georg Ehring | 08.06.2018
    Mitglieder der Umweltschutzorganisation BUND protestieren mit Plakaten "Stoppt Fracking" und "No Fracking"
    Fracking ist in Deutschland höchst umstritten. (picture alliance / dpa / Felix Kästle)
    Georg Ehring: Wer sind die Mitglieder der Kommission?
    Dieter Nürnberger: Der Bundesrat hat bereits am Vormittag den betreffenden Tagesordnungspunkt behandelt - und auch durchgewunken. Das heißt konkret: Es gibt jetzt eine unabhängige Expertenkommission, der auch zwei durch den Bundesrat zu benennende Vertreter angehören. Es sind zwei Frauen - zum einen Angelika Seidemann vom Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe in Brandenburg und zum anderen Sabine Rosenbaum vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume in Schleswig-Holstein.
    Die Bundesregierung hatte bereits im Vorfeld Fachleute aus der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, aus dem Umweltbundesamt, aus dem Deutschen Geoforschungszentrum und dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung benannt. Insgesamt sind es nun also sechs Mitglieder - und somit ist diese sogenannte Fracking-Expertenkommission komplett.
    Jährlich ein Bericht an den Bundestag
    Ehring: Welche Aufgabe soll die Kommission haben?
    Nürnberger: Die Kommission hat die Aufgabe einer wissenschaftlichen Begleitung von Probebohrungen. Und Ziel dieses Begleitprozesses ist es, die Auswirkungen des Einsatzes von Fracking im Schiefer-, Ton-, Mergel- oder Kohleflözgestein zur Aufsuchung oder gar Gewinnung von Erdgas oder Erdöl zu erforschen. Hier geht es insbesondere um die Auswirkungen im Untergrund und auch im Wasserhaushalt.
    Das Interessante dabei ist: Eigentlich werden im sogenannten Fracking-Gesetz genau solche Bohrungen erst einmal grundsätzlich untersagt. Aber abweichend davon können eben in maximal vier Fällen solche Erprobungsmaßnahmen erteilt werden. Allerdings nur unter wissenschaftlicher Begleitung - weshalb sich heute der Bundesrat auch damit beschäftigen musste. Die nun ernannte Expertenkommission soll dann mögliche Ergebnisse auswerten und dem Deutschen Bundestag jährlich einen Bericht vorlegen.
    Unternehmen, die bohren wollen, müssen also zuerst einen Antrag stellen. Allerdings ist das - laut unseren Erkenntnissen - derzeit noch nicht passiert.
    Grüne: "Katze nun aus dem Sack"
    Ehring: Das Fracking ist umstritten. Wie umstritten ist die Kommission?
    Nürnberger: Da ist weniger die Kommission an sich umstritten, aber sehr wohl Fracking als Verfahren. Und das seit Jahren, seit Jahrzehnten. Umweltschützer befürchten eine Verschmutzung des Grundwassers. Beim Fracking wird mit Sand und Chemikalien versetztes Bohrwasser unter hohem Druck in die Erde, in den Untergrund gepresst. Und aus den dabei entstehenden Rissen strömt dann beispielsweise Erdgas zur Bohrstelle.
    Nach Ansicht der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe befindet sich förderbares Schiefergas im Untergrund von Niedersachsen und auch Nordrhein-Westfalen. In der Regel in Tiefen von 1.500 bis 3.000 Metern. Und besonders risikoreich könnten eben Bohrungen in Gegenden sein, wo auch Trinkwasser gewonnen wird.
    Somit gibt es auch Kritik hinsichtlich der heute ernannten Expertenkommission. Vor allem die Grünen im Bund und auch in einzelnen Bundesländern befürchten, dass parallel mit der Ernennung der Kommission auch die im Gesetz als Option genannten Probebohrungen bevorstehen.
    So sagt beispielsweise die grüne Bundestagsabgeordnete Julia Verlinden, sie ist energiepolitische Sprecherin ihrer Fraktion, dass die "Katze - so wörtlich - nun aus dem Sack sei". Die schwarz-rote Bundesregierung würde somit den Startschuss für Schiefergas-Fracking auch in Deutschland geben. Die Ernennung der Kommission sei ein klarer Hinweis für einen bevorstehenden Einsatz der Technik in sogenannten unkonventionellen Lagerstätten, die bislang schwer zugänglich sind.
    Ob sich diese Befürchtungen nun bewahrheiten, muss abgewartet werden. Denn zuerst müssten konkrete Anträge auf Probebohrungen gestellt werden. Die Grünen befürchten dies - aber im Moment liegen diese nicht oder noch nicht vor.