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Energie
Neue Gaspipeline zwischen Rumänien und der Republik Moldau

In ein paar Tagen wird eine Verbindungs-Pipeline zwischen der Republik Moldau und Rumänien in Betrieb genommen. Die Moldau kann damit erstmals Gas aus der EU beziehen. Die Alternative auf dem Gasmarkt könnte die hohen Preise für die Privatverbraucher purzeln lassen.

Von Annett Müller | 14.08.2014
    Alexandru Ambros tippt schnell ein paar Zahlen in seinen Taschenrechner. Er ist Bürgermeister der Bezirkshauptstadt Ungheni und will wissen, wie viel Gas in Kürze durch die rumänische Pipeline fließen könnte. Für die moldauische Grenzregion Ungheni mit ihren rund 120.000 Einwohnern reiche es allemal, schaut Ambros zufrieden auf die Summe.
    Der Anschluss ans europäische Gasnetz kommt der Republik Moldau gerade recht. Bislang ist das rohstoffarme Land bei seiner Gasversorgung vollständig vom russischen Energieriesen Gazprom abhängig. Seit die Regierung in Chisinau verstärkt Kurs auf die EU nimmt, droht Moskau damit, das Land in diesem Winter im Kalten sitzen zu lassen. Zuletzt geschehen 2009, als sich Russland und die Ukraine über Transitgebühren stritten. Bürgermeister Ambros hat den damaligen Lieferstopp bis heute nicht vergessen:
    "Unsere Stadt liegt am Ende des ex-sowjetischen Versorgungsnetzes: Somit sind wir im Land die Ersten, die frieren müssen. Wir haben den Lieferstopp 2009 nur überstanden, weil wir den Gaskonsum drastisch reduziert und die Leute mit Holz geheizt haben. Mit der Gaspipeline aus Rumänien ändert sich unsere Position: Da sind wir nicht mehr die letzten, sondern die ersten."
    Bei der Energieversorgung sitzt die Republik Moldau zwischen den Stühlen. Hauptlieferant ist eigentlich Russland. Doch vor vier Jahren ist die kleine Ex-Sowjetrepublik der "Europäischen Energiegemeinschaft" beigetreten, die eine Diversifizierung von Stromnetzen und Anbietern fordert.
    Die rund 40 Kilometer lange neue Pipeline aus dem rohstoffreichen Nachbarland Rumänien ist da ein gutes Beispiel, doch der große Wurf ist sie nicht. Die Trasse endet bereits gleich hinter der Grenze. Um eine ernst zu nehmende Alternative zu Gazprom zu sein, müsste die Pipeline bis in die Hauptstadt Chisinau reichen, wo das meiste Gas verbraucht wird. Der rumänische Energieminister Răzvan Nicolescu setzt auf Zeit:
    "Wir haben erst einmal eine wichtige Etappe bewältigt, wir können uns nunmehr gegenseitig mit Gas versorgen. Sicher ist die Liefermenge anfänglich klein - acht Prozent von dem, was die Moldau braucht. Doch bereits in zwei Jahren könnten wir nach einem Trassenausbau die gesamte Moldau versorgen. Dann würde die Pipeline auf Höchstleistung laufen."
    "Ein politisches Projekt"
    Die Abkehr von Gazprom ist für die Moldau ein teures Unterfangen. In den 1990er-Jahren hatte die postkommunistische Regierung das staatseigene Gasversorgungsnetz mehrheitlich an den russischen Energieriesen verkauft. Der Monopolist denkt nicht daran, es mit anderen Anbietern zu teilen. Chisinau bleibt damit nur der Bau eines weiteren Netzes. Auf mehrere hundert Millionen Euro schätzt der moldauische Wirtschaftsjournalist Ion Preasca die Kosten:
    "Das ist kein wirtschaftlich rentables, sondern ein politisches Projekt. Wir sind damit weniger erpressbar durch Russland und Gazprom. Doch bis wann der Trassenausbau umgesetzt wird, ist noch nicht klar. Auch die neue Pipeline aus Rumänien hat man jahrelang aufgeschoben. Erst als die EU Druck gemacht hat, ist das Projekt ins Rollen gekommen."
    Auf der moldauischen Seite wurden in diesen Tagen die letzten Rohre verlegt. Die Gesamtkosten für die Pipeline belaufen sich auf 28 Millionen Euro - ein Viertel davon hat die EU finanziert. Cristian Guinea vom Bukarester Think Tank "Rumänisches Zentrum für Europäische Politik" hofft, dass sich Brüssel jetzt auch am Weiterbau beteiligt:
    "Die Moldau strebt nach Europa und hat deswegen Probleme mit Russland. Es wäre zynisch, nicht zu helfen, wenn jemand versucht, sich dir zu nähern."
    Zur offiziellen Eröffnung der Pipeline am 27. August haben die Regierungschefs aus Bukarest und Chisinau auch EU-Energiekommissar Günther Oettinger geladen. Chisinau wird die Feier am moldauischen Unabhängigkeitstag austragen - eine indirekte Botschaft an Moskau. Politik-Experte Ghinea hofft bei der Einweihung dennoch auf leise Töne:
    "Mit der Pipeline ist lediglich der erste Schritt gemacht - auf einem langen Weg. Jetzt große Lobreden zu halten, provoziert Russland nur unnötig. Das sollte man erst, wenn man Moskau wirklich etwas entgegenzusetzen hat."