Heizung entlüften oder schlecht isolierte Fenster austauschen: Frauen trauen sich solche Dinge viel seltener zu als Männer, so der Eindruck der Verbraucherzentrale Bremen. Deshalb bietet sie am Weltfrauentag eine kostenlose Energieberatung von Frauen für Frauen an. Energiefachfrau Inse Ewen erklärt die Hintergründe dieses Angebots.
Inse Ewen: Wir beraten zu dieser Thematik oder zu allen Fragen, die im Haushalt zum Thema Energiesparen auftreten könnten. Dann müssen die Verbraucherinnen allerdings einen Termin bei uns vereinbaren. Wenn Frauen sich melden, die sagen, ich möchte gerne gar nicht von einem Mann beraten werden, sondern ich würde mich freuen, wenn ich von Frau zu Frau sprechen könnte, ist das auf jeden Fall möglich, weil wir auch mehrere Beraterinnen bei uns haben.
"Kleine Dinge, die eigentlich selbstverständlich sein könnten"
Pfister: Warum glauben Sie denn, dass speziell Frauen diese Beratung noch nötig haben?
Ewen: Ich möchte gar nicht behaupten, dass sie das unbedingt nötig haben, sondern wir möchten die Verbraucherinnen motivieren, die Themen nicht einfach nur ihren Partnern zu überlassen, sondern sich auch selbst beispielsweise mal mit der Heizungsanlage zu beschäftigen, oder aber zu überlegen, warum wird der Heizkörper nicht mehr warm, muss ich da Wasser nachfüllen lassen in der Anlage oder muss ich entlüften. Das sind teilweise ganz kleine Dinge, die eigentlich selbstverständlich sein könnten, die aber dann gerne einfach in Arbeitsteilung den Partnern überlassen werden und irgendwann vielleicht zum Problem werden, nämlich dann, wenn Trennungen im Haus sind oder Partner nicht mehr da sind. Dann müssen es plötzlich die Frauen tun und sind dann teilweise vollkommen verzweifelt.
Pfister: Ist das tatsächlich noch so? Die Männer bringen den Müll raus und kümmern sich ums Technische?
Ewen: Genau. Wir können das immer wieder feststellen. Wir machen zum Beispiel auch Hausbesuche in unseren Energiechecks, zwar im Moment leider nicht so gut möglich, aber im Prinzip schon, und dann merken wir immer wieder, dass die Männer uns dann sofort die Heizungsanlage erklären im Haus und die Frauen sich eher zurücknehmen oder gar nicht an den Gesprächen teilnehmen, was ich sehr schade finde, weil auch die Frauen sich mit diesen Dingen vielleicht nicht im Detail auskennen müssen. Das ist nicht jedem in die Wiege gelegt oder das Interesse ist auch nicht da. Aber das Grundsätzliche einfach zu wissen.
"Keine Frage des Alters"
Pfister: Ändert es sich denn bei jüngeren Frauen?
Ewen: Nee, ganz im Gegenteil. Es ist keine Frage des Alters. Es sind sowohl die jungen Frauen wie auch die älteren Frauen, die eine Arbeitsteilung machen. Ich glaube, das ist auch gar nicht so untypisch in einer Partnerschaft. Aber auch Frauen sollten genau wissen, wie die Heizungsanlage funktioniert, denn möglicherweise sind sie beispielsweise gerade an einem eiskalten Tag im Kalten und keiner in der Nähe, der mal weiß, wo der Störknopf ist oder wo die Bedienungsanleitung für die Heizungsanlage ist oder ob ich vielleicht das Problem sogar selbst lösen kann.
Pfister: Vielleicht liegt es aber auch daran, dass sie sich von den Handwerkern gar nicht ernst genommen fühlen. Das sind ja meistens Männer.
Ewen: Genau. Es ist so, dass die Frauen sich nicht ausreichend informiert fühlen und dann von den Handwerksbetrieben auch nicht ernst genommen fühlen. Aber je informierter die Frauen sind, was sie vom Handwerker, vom Handwerksbetrieb anfordern können oder welche Informationen sie brauchen, um den Auftrag letztendlich erteilen zu können, diese Vorabinformationen, die brauchen sie von uns oder von einer Informationsstelle, um dann hier auch einen richtigen Auftrag erteilen zu können.
"Jede Beratung ist sehr individuell"
Pfister: Wenn die Frauen jetzt bei Ihnen anrufen und einen Beratungstermin machen, wie sie zum Beispiel ihr Haus energetisch sanieren können oder worauf sie beim Kauf einer Heizung achten müssen, womit fangen Sie an? Was ist das Wichtigste, worüber Sie mit denen reden?
Ewen: Das Wichtigste ist die Frage, was jetzt erst mal im Blick ist, wo der Schwerpunkt ist, und welches Budget zur Verfügung steht. Bestimmte Fragestellungen erledigen sich, wenn ich eine Summe X nur zur Verfügung habe. Wir gucken aber auch, ob die Summe X sich vielleicht erweitern lässt, nämlich dann, wenn es auch Fördermittel gibt und die dann motivieren könnten, doch noch eine weitere Maßnahme zu planen. Jede Beratung ist sehr individuell. Häufig denken die Verbraucherinnen, ach ja, ich möchte die Fenster und muss die Fenster austauschen, die sind ja schon alt, vergessen aber dabei beispielsweise die Heizungsanlage, und dann gibt es ein Abwägen: Mache ich erst die Heizungsanlage und dann die Fenster vielleicht im nächsten Jahr oder jetzt dann doch alle Fenster? Das ist sehr individuell im Gespräch zu klären und dann natürlich immer die Frage, worauf muss ich achten beim Kauf des Fensters oder beim Kauf der Heizungsanlage.
Seminare von Frauen für Frauen zum Sanieren
Pfister: Ist es denn aus Ihrer Erfahrung so, dass Frauen da ein bisschen ökologischer denken?
Ewen: Es ist tatsächlich so, dass die Frauen nicht nur die technischen Details abfragen, worauf muss ich bei der Heizungsanlage denn achten, sondern sehr wohl auch diskutieren, soll ich auf nachhaltigere Systeme setzen, soll ich auf erneuerbare Energien setzen, gerade jetzt bei den Fragestellungen, ich möchte die alte Ölheizung austauschen. Diese Fragen stellen Frauen intensiver. Ich will jetzt nicht unterstellen, dass die Männer sich dafür überhaupt nicht Interessen, aber die Frauen, gerade wenn es Familienfrauen sind, auch Kinder im Haus sind, dann wird da schon sehr intensiv drüber nachgedacht, was hat das auch für eine Auswirkung auf künftige Generationen.
Wir haben extra Seminare auch von Frauen für Frauen angeboten zum Sanieren, wie geht es denn eigentlich konkret. Wir arbeiten mit anderen Institutionen, zum Beispiel Energieagenturen zusammen, um auch praktisch Sanierungen vorzustellen, wie geht denn eigentlich eine Dämmung, worauf ist da zu achten, oder wie geht denn der Heizungsaustausch oder der Fensteraustausch, wie ist er wirklich auch fachgerecht, damit ich ein bisschen eine Vorstellung habe, wie Handwerksbetriebe arbeiten, um das ein bisschen bewerten zu können. Auch diese Seminare werden im Laufe spätestens des nächsten Jahres hoffentlich auch wieder angeboten werden, und das ist auch bundesweit ein Konzept. Das gibt es in fast allen Verbraucherzentralen, diese speziellen Seminare.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.