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Energieträger
Bundesregierung will Wasserstoff-Strategie vorlegen

Von der Wärmequelle bis zum Fahrzeugantrieb - seit zwei Jahrzehnten gibt es Visionen, was Wasserstoff alles leisten könnte. Doch der Allzweck-Energieträger steckt weiterhin in der Entwicklungsphase. Das soll sich bald ändern - mit der Wasserstoff-Strategie der Bundesregierung.

Von Johannes Kuhn | 05.11.2019
Blick auf den Offshore-Windpark von Neeltje Jans im Morgennebel.
Um "sauberen" Wasserstoff zu erzeugen, will die Politik unter anderem überschüssige Windenergie umwandeln (imago / Blickwinkel / W.Pattyn)
Es klingt ganz einfach: Überflüssige Energie aus Solar- und Windkraft wird per Elektrolyse in Wasserstoff umgewandelt. Und dieser Wasserstoff dient dann als Wärmequelle in Stahl-Hochöfen, als Basis für künstliche Flugzeugkraftstoffe oder Antreiber für das Brennstoffzellen-Auto.
Schon seit zwei Jahrzehnten gibt es Visionen, was Wasserstoff alles leisten könnte. Doch der Allzweck-Energieträger steckt weiterhin in der Entwicklungsphase. Auf der Suche nach klimaschonenden Technologien soll er nun zu einer wichtigen Säule der deutschen Energiewende werden. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier:
"In all diesen Bereichen - Wärmemarkt, Verkehrswende, Dekarbonisierung bei Chemie und bei Stahl - ergibt sich eine enorm zunehmende Rolle von Wasserstoff in den nächsten Monaten."
Jungfirmen bereits in den Startlöchern
Bis Ende des Jahres will die Bundesregierung eine eigene Wasserstoff-Strategie vorlegen und dann auch Fördermaßnahmen vorstellen. Auf einer Konferenz kamen nun noch einmal Experten, Politik und Interessenvertreter zusammen. Im Mittelpunkt der politischen Überlegungen steht der sogenannte grüne Wasserstoff – also zum Beispiel überzählige Windenergie, die dann in Wasserstoff umgewandelt wird. Jungfirmen in den norddeutschen Küsten-Bundesländern stehen dafür in den Startlöchern. Dort gibt es genügend Windparks. Doch die Umwandlung in Wasserstoff ist noch teuer und ineffizient, weil im Prozess zu viel Energie verloren geht. Weshalb der BDI für Erzeuger eine Befreiung von der Erneuerbare-Energien-Stromzulage fordert. Der Wirtschaftsminister hält sich dagegen bedeckt.
"Es ist so, dass wir natürlich auch darauf achten müssen, dass nicht am Ende nur noch einige Rentnerinnen und Rentner die EEG-Umlage zahlen, die ja in einer gewissen Größenordnung jedes Jahr anfällt."
Fest steht, dass die in Deutschland erzeugte erneuerbare Energien nicht ausreicht, um den grünen Wasserstoff-Bedarf zu decken. Forschungs- und Entwicklungsministerium halten deshalb bereits im Ausland Ausschau. Michael Meister, Staatssekretär im Forschungsministerium:
"Wir glauben, dass wir die notwendigen Mengen Wasserstoff nicht allein in Deutschland werden erzeugen können, deshalb dringend Partnerschaften benötigen. Unser Hauptfokus geht deshalb nach Afrika und Australien, weil wir glauben, dass wir dort die notwendigen Potenziale haben."
Wasserstoff als Antrieb für schwere Fahrzeuge interessant
Ob Deutschland zur Importnation werden kann, hängt auch am Transport. Und der ist beim Wasserstoff bislang nicht geklärt. Vor allem die Schwer- und Chemieindustrie hat in den kommenden Jahrzehnten dringenden Bedarf, will sie eine CO2-neutrale Produktion erreichen. Der Bedarf im Verkehr dagegen hält sich bislang in Grenzen. Verkehrsminister Andreas Scheuer mit den Zahlen zu Wasserstoff-Fahrzeugen:
"Wir haben 600 Fahrzeuge mit Brennstoffzellen auf der Straße, 86 Wasserstoffbusse, 30 Züge. Das sind geringe Zahlen."
Zwar will die Bundesregierung Brennstoffzellen-Pkws nicht aus dem Auge verlieren, doch Experten halten Großfahrzeuge für geeigneter. Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach:
"Wir denken, dass insbesondere für schwere Fahrzeuge - für Busse oder Lkws - das Thema Wasserstoff interessant sein könnte, gegebenenfalls für Pkw auf der Langstrecke. Weil ansonsten relativ viel Batteriekapazität und eben auch Gewicht herumgeschleppt werden muss, wenn man etwa rein batterie-elektrische Fahrzeuge dagegen stellt."
Auch Schiffe und Flugzeuge könnten künftig mit Wasserstoffantrieben fahren. Allerdings ist die Marktreife solcher Technologien noch einige Jahre entfernt.