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Energieverbrauch nach Herzenslust

Dan und Nancy Stower haben alles, was Statistiker über den amerikanischen Durchschnittshaushalt sagen: Zwei Autos, zwei Kinder, ein Haus. Das Ehepaar aus Omaha, Nebraska, pendelt wochentags zur Arbeit, fährt die Söhne zur Schule und samstags für den Grosseinkauf zum Supermarkt. Ungefähr 180 Liter Benzin müssen die beiden jede Woche an der Tankstelle zapfen, denn die großen amerikanischen Wagen sind nicht gerade für ihre Sparsamkeit bekannt: im Schnitt verbraucht zum Beispiel Dans schweres Geländeauto 18 Liter auf 100 Kilometer.

Annette Moll | 25.01.2003
    Im Sommer läuft zuhause die Klimaanlage auf Hochtouren - und im Winter natürlich die Zentralheizung. Nancy gibt zu, dass meistens auch Festbeleuchtung herrscht - weil die im Haus lebende Großmutter nie das Licht ausknipst: "Das versuchen wir ihr noch beizubringen", sagt sie.

    Alles in allem verbrauchen die Stowers gut 9.600 Kilowattstunden Strom pro Jahr. Zum Vergleich: Der Stromzähler im Haus einer deutschen Durchschnittsfamilie registriert weniger als die Hälfe - jährlich etwa 4000 Kilowattstunden. Doch der private Energieverbrauch und die damit verbundene Schadstoffbelastung in den USA wird natürlich noch von der Wirtschaft in den Schatten gestellt, sagt Klimaexperte Chris Flavin, Präsident des World Watch Institute. Als größte Schadstoffquelle nennt er den Transportsektor mit Autos, LKW und Flugzeugen - gefolgt von den Kraftwerken, die zu 60 Prozent mit Kohle befeuert werden, und der Industrie.

    Wir stellen weniger als 5 Prozent der Weltbevölkerung, erzeugen aber 25 Prozent des gesamten CO2. Wir sind damit nicht nur der weltgrößte Kohlendioxidproduzent, sondern auch der größte Pro-Kopf-Produzent. Das heißt: Pro Einwohner produzieren wir im Durchschnitt 5 Tonnen CO2 im Jahr - ungefähr doppelt so viel wie in Europa.

    CO2 gilt als Treibhausgas Nummer eins und wird für die zunehmende Erderwärmung verantwortlich gemacht - deren Folgen mittlerweile auch in den USA spürbar sind, so Umweltaktivistin Mari Robnett: Auf einmal breiten sich nämlich Krankheiten aus, die man bis vor wenigen Jahren nur mit einem Kontinent wie Afrika in Verbindung brachte - nicht aber mit den nördlichen Regionen der Vereinigten Staaten. In diesem Sommer etwa trat im Bundesstaat Virginia, direkt vor den Toren Washington DCs, zum ersten Mal Malaria auf.

    Das gleiche ist schon mit Ebola und dem West Nil Virus passiert. Die Vorstellung, dass ich mich jetzt gegen Malaria impfen lassen muss, um nach Virginia zu fahren, ist einfach völlig absurd. Mit dieser Art von Ansteckungskrankheiten werden wir uns in Zukunft herumschlagen müssen - und das ist wirklich nicht lustig.

    Im vergangenen Sommer brütete der Großraum Washington unter einer Hitzeglocke, wie sie seit 150 Jahren nicht registriert worden war: Monatelang sank die Durchschnittstemperatur kaum unter 30 Grad Celsius. Und der Mittlere Westen der USA wurde von einer extremen Dürre heimgesucht, die Tausende Farmer in den Bankrott trieb. Das sei ein Trend, der sich in den nächsten Jahren noch deutlich steigern werde, warnt Ökologe und Energieexperte Joe Romm.

    In den USA haben wir schon Hochwasserkatastrophen, Waldbrände, Hurricanes, Tornados in Gegenden gesehen, wo sie eigentlich gar nicht auftreten dürften. Dazu fürchterliche Hitzewellen - es ist ziemlich klar, dass das an der Erderwärmung liegt. Wir müssen jetzt etwas dagegen unternehmen!

    Doch CO2-Reduzierung und Energiesparen stehen nicht auf der Agenda der Bush-Regierung. Im Gegenteil: Alles deutet darauf hin, dass der Ausstoß von Treibhausgasen noch zunehmen wird. Schon in den Jahren 1990 bis 2000 haben amerikanische Kraftwerke, Autos und Heizungen die Gesamtemissionen der USA um 18 Prozent gesteigert - während Deutschland im gleichen Zeitraum den CO2-Ausstoss um 19 Prozent reduzierte - was vor allem am Abbau der Kohlekraftwerke im Osten lag. Seit seinem Amtsantritt hat Präsident Bush immer wieder, fast gebetsmühlenartig wiederholt, dass härtere Umweltschutzauflagen der amerikanischen Wirtschaft schaden würden. Und da die Konjunkturdaten zur Zeit eher pessimistisch stimmen, hielt es die US-Umweltbehörde EPA, die Environmental Protection Agency, Ende November für gerechtfertigt, einigen der größten Umweltverschmutzer in den USA eine Art Freibrief auszustellen: Veraltete Kraftwerke und Raffinerien müssen sich nun nicht mehr an geltende Umweltgesetze halten, die zum Beispiel die Aufrüstung alter Anlagen mit modernen Rußfiltern vorschreiben. Dank dieser Lockerung würden die Kraftwerksbetreiber nun unternehmerisch flexibler - so die EPA in einer knappen Pressemitteilung. Ein Interview lehnte die Umweltbehörde jedoch ab.

    Dass die Energiepolitik der USA sich aber weiter auf die CO2-intensiven fossilen Brennstoffe wie Kohle und Öl konzentrieren wird, bestätigt der Leiter des US-Energie-Informationsamts, das direkt dem Energieministerium angegliedert ist. Guy Caruso:

    Unsere Prognose ist, dass fossile Brennstoffe auch im Jahr 2025 ungefähr 90 Prozent der gesamten Energiequellen ausmachen werden. Das liegt hauptsächlich an den wirtschaftlichen Gegebenheiten, an der derzeitigen Politik und an den Gesetzen.

    Kritiker befürchten weitere schlechte Nachrichten für die Umwelt. Nachdem die Republikaner bei den Zwischenwahlen Anfang November beide Häuser des Kongresses erobert haben, werde es für Bush ein Leichtes sein, seine unternehmensorientierte Energiepolitik durchzusetzen: Das prophezeit Timothy Moore, Wirtschaftsberater einiger Kongressabgeordneter in Washington, DC.

    Die größte Veränderung wird sich im Senat zeigen: Er wird unter der neuen republikanischen Mehrheit bei Umwelt-Debatten noch mehr auf Bush-Kurs sein. Der Entwurf für ein Energiegesetz, der vor einigen Monaten im Senat angenommen wurde und der einen moderateren Ansatz verfolgt hat, wird jetzt vermutlich der viel härteren Version des Repräsentantenhauses angeglichen. Und das bedeutet: Ölbohrungen im arktischen Naturschutzgebiet, mehr Anreize für die Öl- und Gas-Industrie und weniger Umweltschutz-Aspekte in der Gesetzgebung.

    Insider wie Timothy Moore sprechen von der größten Chance für Energieunternehmen seit mehr als einem Jahrzehnt: 33 Milliarden Dollar sollen in Form von Steuervorteilen und Fördergeldern ausgeschüttet werden. Umweltauflagen fallen dabei unter den Tisch. Dass Bush Anfang des Jahres den Kyoto-Vertrag ablehnte, wurde auch von Umweltgruppen in den USA als herber Schlag empfunden. Die Unterzeichnerstaaten des Protokolls haben sich verpflichtet, ihre Treibhausgas-Emissionen bis zum Jahr 2012 zu senken. Und zwar um mindestens 5 Prozent - im Vergleich zu den Ausstoß-Raten von 1990. Mit der Absage der USA an dieses internationale Abkommen habe Präsident Bush deutlich gezeigt, wo seine Prioritäten liegen, kritisiert Chris Flavin, Präsident des World Watch Institutes:

    Von Anfang an hat diese Regierung ganz systematisch versucht, das Thema "Klimawandel" herunterzuspielen und gleichzeitig die wissenschaftlichen Zweifel hervorzuheben und zu sagen: "Wir brauchen weitere Studien." Das spiegelt natürlich nicht wirklich eine wissenschaftliche Analyse wider - es ist eine rein ideologische Entscheidung: Diese Regierung fördert fossile Brennstoffe. Immerhin kommen sowohl der Präsident als auch sein Vize Dick Cheney aus zwei Öl-Unternehmen. Und keiner von beiden hat Interesse daran, irgendetwas zu unternehmen, was uns von fossiler Energie wegführt. Sie haben auch politische Entscheidungen getroffen, eine siegreiche politische Koalition geschmiedet, die sie eng an die Kohle- und Ölindustrie gebunden hat.

    Mit einem sogenannten "alternativen Energieplan" versuchte Bush seine schärfsten Kritiker zu beruhigen. Der Plan sieht einen verringerten Ausstoß von Treibhausgas vor, basiert allerdings auf dem Prinzip der Freiwilligkeit. Doch es sei unwahrscheinlich, dass viele Unternehmen aus freien Stücken in Umweltschutzmaßnahmen investierten, moniert David Doniger vom Natural Resources Defense Council, einer der US-weit aktivsten und einflussreichsten Umwelt-Lobby-Gruppen:

    Unsere Kraftwerke allein produzieren 40 Prozent der US-amerikanischen CO2-Emissionen - das entspricht 10 Prozent des CO2-Ausstoßes weltweit. Unsere Autos sind für 20 Prozent allen Kohlendioxids in den USA verantwortlich - das entspricht 5 Prozent der weltweiten Emissionen. Die Bush-Regierung hat überhaupt keinen Umweltplan - keine Auflagen für die Industrie, keine Limits. Die versuchen, den Weg freizumachen für mehr Emissionen. Und das ist fürchterlich unverantwortlich!

    Doniger war zu Clinton-Zeiten Mitglied im Verhandlungsteam für das Kyoto-Protokoll - und zeigt sich heute enttäuscht vom Rückzieher Bushs. Ein Gutes habe die Kyoto-Krise allerdings doch gehabt, gibt er zu: Sie habe nämlich Eigeninitiative und Aktionen jenseits der von Washington gestuerten US-Bundespolitik gefördert. Beispiel Kalifornien: Der als innovationsfreudig geltende Staat an der Pazifikküste hat in diesem Sommer das US-weit erste Gesetz zur Reduzierung von Auto-Abgasen verabschiedet.

    Die Gesetzesinitiative in Kalifornien zielt auf die Luftverschmutzung durch Autos ab, die für die globale Klimaerwärmung mitverantwortlich ist. Es geht nicht nur um CO2, sondern auch um Methangas, Stickoxide und jene Stoffe, die in Auto-Klimaanlagen eingesetzt werden. Kalifornien war der erste Einzelstaat in der US-Geschichte, der Umwelt-Standards einführte. Als vor 30 Jahren das erste Bundes-Luftschutz-Gesetz der USA erlassen wurde, festigte das die führende Rolle Kaliforniens. Seitdem ist Kalifornien das Testlabor, in dem Maßnahmen zur Abgas-Verminderung initiiert werden.

    Doch auch auf anderer Ebene tut sich der Staat an der Westküste der USA hervor: Im September dieses Jahres wurden - auch in Folge der kalifornischen Energiekrise und mehrtägiger Stromausfälle - die Stromerzeuger verpflichtet, ein Fünftel der Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen zu gewinnen: aus Wind, Wasser und Sonne. Insgesamt 15 Staaten - einschließlich übrigens Bushs Heimatstaat Texas - haben sich selbst verpflichtet, zunehmend erneuerbare Energien zu nutzen. Doch das sei alles nicht genug, die drohende hausgemachte Klimakatastrophe zu verhindern, warnt Ökologe Joe Romm, der das Center for Energy and Climate Solutions leitet - eine Organisation, die Energie- und Klimalösungen anbietet. Er glaubt, dass die Wirtschaft selber zupacken muss:

    Wir arbeiten mit vielen Unternehmen zusammen, die in den USA wirklich neue Standards setzen, indem sie ihre Emissionen reduzieren, zum Beispiel IBM, Johnson & Johnson, sogar NIKE. Energieverschwendung ist der Hauptgrund für den fetten Anteil der USA an der Erderwärmung. Die Vereinigten Staaten sind ein großes Land, die Energie ist billig, also wird viel verschwendet. Wer weniger Treibhausgase produzieren möchte, der muss sparsamer mit Energie umgehen. Das spart dem Unternehmen Geld und macht es produktiver!

    Auch auf lokaler Ebene tut sich etwas in den USA: Viele Kommunen bieten Steuervorteile und günstige Kredite für umweltfreundliche Energie-Anlagen. Mike Tidwell aus Takoma Park, einer kleinen, idyllischen Gemeinde in Maryland, hat sich vor kurzem von Gas-Zentralheizung und Stadtstrom verabschiedet und sein Heim zum Solarhaus umgebaut - dank der Steueranreize hat ihn das fast nichts gekostet.

    Der Durchschnittsamerikaner hat immer noch keine Ahnung von Klimaerwärmung - und selbst wenn er etwas weiß, schert er sich nicht weiter darum. Denn die Kultur in diesem Land ermutigt zur egoistischen Verschwendung und dazu, nicht weiter über die Folgen unseres Lebensstils nachzudenken. Im wesentlichen geht es bei uns um gedankenloses Konsumverhalten - sicher nicht um Rücksicht auf die Menschen außerhalb unseres beschränkten Blickfelds. Das ist die vorherrschende Einstellung in Amerika.

    Die Verschwendungssucht seiner Landsleute gründet sich auf mehrere Faktoren. Erstens: Die USA sind ein extrem großes Land, in dem es weite Entfernungen zu überwinden gilt: Also fahren die Amerikaner viel Auto - auch deshalb, weil ein gut ausgebautes Bahnnetz fehlt. Zweitens: Der Baustil ist der Weite des Landes angepasst - man baut große Häuser, die schwer zu beheizen sind. Und weil es - drittens! - in vielen Teilen der USA sehr viel heißer wird als beispielsweise in Deutschland, sind Klimaanlagen weit verbreitet. Der vordringlichste Grund für sorglosen Energieverbrauch sind aber die niedrigen Preise: Der Liter Benzin kostet zur Zeit im Schnitt umgerechnet 40 Euro-Cent. Für Strom und Erdgas bezahlt der Amerikaner nur knapp die Hälfte dessen, was deutsche Verbraucher hinlegen müssen. Die USA definieren sich selbst traditionell als ein Land, das dem Individuum Freiheit für Eigeninitiative und Eigenverantwortung lässt. Die Kehrseite der Medaille ist freilich, dass viele Bemühungen um Umweltschutz und Ökologie unkoordiniert und ineffektiv bleiben. Gerade die konservativen Republikaner legen, zumindest im offiziellen Wortlaut, Wert auf einen kleinen Regierungsapparat und den Abbau von staatlichen Projekten und Subventionen. Besonders betroffen unter George W. Bush: die Sozial- und Umweltprogramme.

    Und so lastet die Verantwortung in vieler Hinsicht auf den 50 Einzelstaaten. Jeder Staat hat seine eigene Regierung, einen eigenen Kongress - und eine eigene Gesetzgebung. Solange keine Widersprüche zu übergeordneten Bundesgesetzen auftreten, kann ein Einzelstaat eigene Regeln und Vorschriften aufstellen. Das zur Zeit beste Beispiel ist Kalifornien mit seinem neuen Abgaslimit für PkW. Die Autoindustrie protestierte scharf gegen die Gesetzesinitiative, weil Neuwagen exklusiv für den kalifornischen Markt umgerüstet werden müssten - das sei teuer und führe zu produktionstechnischen Engpässen, meint Paul Taylor. Er ist Chef-Ökonom der amerikanischen Autohändler-Vereinigung NADA und verteidigt die Abwehrhaltung der mächtigen Auto-Lobby:

    Es macht uns einfach das Leben schwer. In der EU versteht man das sicher, weil man dort auch versucht, die Gesetzeslage über die Ländergrenzen hinweg zu vereinheitlichen. Viele Staaten bei uns sind sehr groß, und wir versuchen, die Vorschriften in allen 50 Staaten miteinander in Einklang zu bringen. Kalifornien hatte schon immer die Tendenz zu Alleingängen, und das macht den Autoherstellern weltweit das Leben schwer. Die Tatsache, dass einzelne Wagen nun nach speziellen kalifornischen Vorschriften hergestellt werden müssen, nimmt Kapazitäten weg, die man nutzen könnte, um Richtlinien für Benzinverbrauch und Abgasausstoß bei allen Autos zu entwickeln. Kalifornien hat einen sehr unwirtschaftlichen, umständlichen Ansatz gewählt - wir hoffen auf einen nationalen Einheitsstandard.

    Doch einschneidende Umweltauflagen auf nationaler Ebene sind nicht zu erwarten. Nicht zuletzt war es der Lobbyarbeit hochrangiger Regierungsmitarbeiter zu verdanken, dass der US-Kongress im März 2002 eine Gesetzesinitiative abschmetterte, die zum ersten Mal seit den 80er Jahren den Standard für Benzinverbrauch deutlich verschärft hätte. Die Auto-Hersteller sperren sich seit langem dagegen, PKW mit geringerem Benzinverbrauch zu produzieren: Angeblich, weil das zu teuer - und kein Kunde bereit sei, entsprechend mehr für das sparsamere Familienvehikel zu bezahlen. Die Verkaufszahlen geben der Detroiter Autolobby allerdings Recht: die zehn sparsamsten Pkw machen zur Zeit noch weniger als zwei Prozent aller Autoverkäufe aus.

    Falls es jemals einen neuen nationalen Trend geben sollte, so bestünde er vermutlich eher im Aushebeln der Umweltgesetze von Einzelstaaten als in deren Vereinheitlichung, befürchtet Timothy Moore, der liberale Wirtschafts- und Energieberater im Washingtoner Kongress.

    Möglicherweise wird der Kongress auf Bundesebene einschreiten und jene Gesetze von Einzelstaaten unwirksam machen, die besondere Anforderungen an Auto-Hersteller und Energieerzeuger stellen. Das bedeutet nichts Gutes für die kalifornischen Gesetze.

    In den USA sind heute rund 216 Millionen Autos zugelassen - zum Vergleich: das Land hat insgesamt etwa 280 Millionen Einwohner. Am beliebtesten sind jene großen Familienfahrzeuge, die zumindest optisch den Eindruck erwecken, geländegängig zu sein: Weil Benzin in den USA kaum besteuert wird, können sich Amerikaner den Durchschnittsverbrauch dieser sogenannten Sports Utility Vehicles, kurz SUV, leisten. Die zum Teil monströsen Gefährte mit Hightech-Klimaanlagen und bis zu 350 PS verbrauchen immerhin zwischen 15 bis 20 Liter auf 100 Kilometer. Jährlich blasen US-Autos so 300 Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre.

    Der hohe nationale Benzinverbrauch und die Abhängigkeit der Industrie von Rohöl werden den Bedarf an Ölimporten in den nächsten zehn Jahren noch um mindestens 10 Prozent steigern, warnt Chris Flavin vom World Watch Institute in Washington: Immerhin wird derzeit schon etwa ein Viertel der weltweiten Erdölproduktion in den USA verbraucht.

    In den letzten Jahren sind die USA zum weltgrößten Öl-Importland geworden. Fast all unser Öl kommt aus dem Ausland. Und diese Abhängigkeit ist eine echte politische Achillessehne - und ein Sicherheitsproblem.

    Abgesehen von den möglichen politischen Komplikation im Nahen Osten steuerten die USA im Augenblick auf einem klimapolitisch bedenklichen Kurs, so Flavin. Dass die Amerikaner weiter Energie in konkurrenzlos hohen Mengen verbrauchten, sei der direkte Effekt der konsum- und wirtschaftsorientierten Umweltpolitik der Bush-Regierung. Die zeigt sich jedoch ungerührt. In einer Verteidigungsrede für Präsident Bush hat es der Pressesprecher des Weißen Hauses, Ari Fleischer, auf den Punkt gebracht: Energieverbrauch nach Herzenslust zähle eben zur amerikanischen Freiheit, zum Lebensgefühl. Und jeder Politiker sollte es sich zur Aufgabe machen, diese Tugenden - kurz: den gesegneten amerikanischen "Way of Life" zu schützen.

    It should be the goal of every policy maker to protect the American Way of Life. The American Way of Life is a blessed one.

    Den gelegentlich vorgebrachten Vorwürfen, die US-Regierung sei an einer Konfrontation mit Irak vor allem wegen dessen Erdölvorkommen interessiert, möchte sich World Watch Praesident Christ Flavin nicht anschließen. Mit solchen Äußerungen müsse man vorsichtig sein, sagt er. Aber Umweltaktivist Mike Tidwell provoziert gerne - und fragt: "Was glauben Sie, warum viele Menschen im Nahen Osten die USA so hassen!?"

    Sie hassen uns, weil wir dort Truppen und militärische Ausrüstung im Wert von 50 Milliarden Dollar stationiert haben, sogar Bodentruppen in Saudi-Arabien, um einen stabilen Ölmarkt zu gewährleisten. Wir würden die auch hassen, wenn sie ihre Truppen in Florida und Flugzeugträger im Golf von Mexiko stationieren würden. -- Wie können wir also Terrorismus vorbeugen?! Indem wir unsere Abhängigkeit vom Rohöl aufgeben. Das würde den ganzen Planeten abkühlen, es würde uns unabhängig machen - das wäre ein Weg, den Terrorismus zu bekämpfen.