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Energiewende im Pazifik

Lange Zeit war Elektrizität ein Luxus in der Südsee, oft dreimal teuerer als in Industrieländern. Strom wurde dort mit CO2-intensiven Dieselgeneratoren erzeugt. Doch das ändert sich allmählich. Eine Reihe von Südseeinseln nutzen ihren Platz an der Sonne und steigen auf Solaranlagen um.

Von Andreas Stummer | 24.09.2012
    Morgengrauen in der Südsee. Türkisfarbenes Meer, Palmen und Strand, so weiß das Auge reicht: Es sieht zwar aus wie im Paradies, aber es riecht wie an der Tankstelle. Mit jedem neuen Tag erwachen auf den abgelegensten Inseln und Korallenatollen im Südpazifik auch die Dieselgeneratoren. Wer Strom haben will, der muss auch mit Lärm und Gestank leben. Die 1500 Einwohner von Tokelau hatten davon, buchstäblich, die Nase voll. Jetzt stehen auf den drei Atollen der Winzinseln die ersten Solaranlagen der Südsee - gebaut und finanziert mit Know how und Entwicklungshilfe aus Neuseeland. Die auf dem Fakaofo Atoll ist schon seit Monaten in Betrieb, die beiden anderen gehen Ende des Jahres ans Netz.

    "Tokelau wird als erstes Land der Erde seinen Energiebedarf nur durch die Kraft der Sonne decken.”"

    sagt Inselverwalter Foua Toloa.

    ""Meine Botschaft an den Rest der Welt ist: Wenn wir das können, warum nicht auch andere Länder?"

    Und nicht nur Tokelau – auch andere Südseeinseln nutzen ihren Platz an der Sonne. In Tonga hat König George Tupuo VI. gerade erst eine Ein-Megawatt-Solaranlage eröffnet. Ihr Name, Maama Mai, bedeutet soviel wie "Es werde Licht."

    "Tongas Solarpark ist der bisher größte in der Südsee und hoffentlich das Vorbild für weitere",

    so Neuseelands Außenminister Murray McCully,

    "wegen astronomisch hoher Energiekosten traten diese Inseln wirtschaftlich bisher auf der Stelle. Das wird sich jetzt langsam ändern."

    Mehr als 6000 Solar-Paneele auf der Hauptinsel Tongatapu erzeugen jetzt an die zehn Prozent des Energiebedarfs in Tonga. Das klingt vielleicht nicht nach allzu viel, aber bei nur 20.000 Stromabnehmern musste das Inselkönigreich früher jährlich bis zu 15 Prozent der Staatseinnahmen nur für Dieselbenzin ausgeben. Die neue Solaranlage spart Millionen. Damit werden jetzt Solarzellen für abgelegene Dörfer finanziert, die nicht am Stromnetz liegen. Elektrizität war ein Luxus in der Südsee, oft dreimal teuerer als in Industrieländern. John Grimes vom Verband alternativer Stromerzeuger in Australien ist deshalb sicher, dass billigere und umweltfreundliche Sonnenenergie im Südpazifik eine strahlende Zukunft hat.

    "Der Bedarf wird immer weiter steigen und saubere Solarenergie für entlegene Inseln ein Boomgeschäft. Tonga will in fünf Jahren die Hälfte des Strombedarfs durch Sonnenenergie decken. Mit relativ geringem Aufwand können wir die Umwelt und das Leben vieler Menschen in der Südsee spürbar verbessern."

    Sie liegen oft nur ein paar Meter über dem Meeresspiegel und durch den globalen Klimawandel steht ihnen das Wasser bis zum Hals. Jetzt aber soll für immer mehr Südseeinseln alles Gute von oben kommen. Tuvalu und Kiribas sind die nächsten, die Solaranlagen planen.

    "Wir dürfen nicht der übrigen Welt vorwerfen, die Atmosphäre zu verpesten, wenn wir selbst sauberere Energie erzeugen können",

    meint Tuvalus Staatschef Willy Telavi. Die kleinen Inseln im Südpazifik wollen den großen Industrienationen zeigen, dass die Sonne mithelfen kann, ihren Kopf über Wasser zu halten.