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Energiewende in den Niederlanden
Vom Erdbeben erschüttert

Über Jahrzehnte haben Staat, Energieindustrie und Privat-Haushalte von einem enormen Gasfeld in Groningen profitiert. Dem größten Erdgasfeld Europas und dem zehntgrößten der Welt. Doch 2030 soll Schluss sein. Denn die Gasförderung ist die Ursache für Erdbeben in der Region.

Von Andrea Lueg | 15.12.2018
    Protest in Groningen gegen die Erdöl- und Erdgas-Industrie
    Die Proteste in Groningen haben Wirkung gezeigt: Die Niederlande stoppen die Erdgasförderung dort und wollen bis 2050 ganz auf klimafreundliche Energieträger umsteigen (Imago)
    Bauernhöfe bröckeln und Einfamilienhäuser zeigen Risse. Die Bewohner der Gegend leben in ständiger Angst. Klar ist: Das Erdgas hat keine Zukunft mehr in den Niederlanden. Wirtschaftsminister Erik Wiebes erklärte im Frühjahr 2018, man werde bis zum Jahr 2030 die eigene Gasförderung in Groningen stoppen. Der Umstieg auf klimafreundliche Energieträger ist beschlossene Sache.
    Doch das geht nicht ohne Probleme und Kosten: Bisher heizen und kochen 95 Prozent der niederländischen Haushalte mit Gas aus der Provinz Groningen. Jetzt müssen alle Häuser nach und nach auf nachhaltige Energieträger umgerüstet werden. Viele Hausbesitzer fürchten, dass sie mit den Kosten des Umstiegs allein gelassen werden. In den Niederlanden wird heftig debattiert.
    Eine Reportage in fünf Teilen.
    Ein Bewohner von Doodstil in den Niederlanden zeigt einen Riss in der Wand seines Hauses, der durch Erdbeben verursacht wurde
    Erdbeben zwingen zur Abkehr vom Erdgas
    Bauernhofe bröckeln und Einfamilienhäuser zeigen Risse, weil in Groningen immer mal wieder die Erde bebt. Ursache ist die Erdgasförderung. Anfangs ignorierte die Regierung die Klagen der Groninger, doch am Ende war der öffentliche Druck zu groß. Viele Geschädigte warten allerdings noch immer auf Schadenersatz.
    Bunte Protestaktion gegen die Erdgas-Förderung und die Niederländische Erdölgesellschaft NAM in Groningen
    Ohne Erdgas, mit Ambitionen
    Die Niederlande sind der größte Erdgasproduzent der EU. Doch damit soll bald Schluss sein: 2030 soll die Förderung enden. Bis 2050 will sich das Land komplett von fossilen Energieträgern verabschieden. Kritiker halten das für zu ambitioniert und warnen vor Engpässen und Abhängigkeiten von Russland.
    Niederländische Reihenhäuser in Vollendam
    Hausbesitzer vom Gasausstieg überrumpelt
    Ein Großteil der niederländischen Haushalte ist es gewohnt, mit Erdgas zu kochen und zu heizen. Jetzt werden Alternativen gesucht, ganze Viertel sollen sofort gasfrei werden. Vielen Wohnungs- und Hausbesitzern geht das zu schnell. Denn wer die Kosten dafür trägt, ist unklar.
     Die Oudegracht in Utrecht. Im Hintergrund ist der Utrechter Dom zu sehen.
    Utrecht will Vorreiter sein
    Energieberater sind gefragt wie noch nie. Vor allem in der Stadt Utrecht, die so bald wie möglich von Erdgas auf erneuerbare Energie umsteigen will. Die Hoffnung ist, dass sich damit auch das soziale Klima in Utrecht verbessert.

    Riesige Rohre des Wärmenetzes im Hafen von Rotterdam
    Wärme aus dem Hafen oder aus dem AKW?
    Wie sollen die Niederländer ohne Erdgas Gebäude heizen, wie Essen kochen und Strom erzeugen? Die Suche nach Alternativen ist in vollem Gange. In Rottderdam versucht man es mit Abwärme aus dem Hafen. Überlegt wird aber auch, ob die Kernenergie wieder eine größere Rolle spielen soll.