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Entführte Militärbeobachter
Die Verhandlungen stocken

Noch immer hält der selbst ernannte Bürgermeister von Slawiansk westlichhe Militärbeobachter als Geiseln fest. Er will sie offenbar gegen Gefangene aus den eigenen Reihen tauschen. Möglicherweise wartet er aber auf ein Signal aus Russland.

Von Sabine Adler | 01.05.2014
    Die Geiselnehmer um den selbst ernannten Bürgermeister von Slawiansk haben zwei Personen freigelassen, berichtet das ukrainische Internetportal "Segodnja". Es soll sich um zwei Männer der ukrainischen Sondereinheit Alfa handeln. Die Separatisten halten angeblich rund 50 Geiseln fest, unter ihnen die zwölf Mitglieder einer OSZE-Militärbeobachtermission. Nach eigenen Angaben führen die Kidnapper Gespräche mit Regierungsvertretern über einen möglichen Gefangenenaustausch.
    Auch der Leiter der OSZE-Inspektionsmission, Ertugrul Apakan aus der Türkei, hält sich zu Verhandlungen in Slawiansk auf, berichtete der Fernsehsender Euronews. Wjatscheslaw Ponomarjow, der Separatistenanführer, hält die OSZE-Beobachter seit vergangenen Freitag fest und möchte sie nur gehen lassen, wenn im Gegenzug eigene Gefolgsleute auf freien Fuß gesetzt werden. Unter den Militärbeobachtern, für die angeblich komfortable Bedingungen geschaffen worden seien, befinden sich vier Deutsche. Die Aktivisten unterhielten zu ihren Geiseln freundschaftliche Beziehungen, sagte Ponomarjow der russischen Nachrichtenagentur Interfax.ru
    Russland, das gegen die militärische OSZE-Beobachtermission in der Ukraine war, hat jetzt Verhandlungen zusammen mit der OSZE vorgeschlagen. Gegenüber dem Sender Rossija-24 sagte Außenminister Sergej Lawrow, er denke, dass ein solcher Dialog mit der OSZE arrangiert werden könne. Möglich, dass die Geiselnehmer erst auf Russlands Zustimmung zu den Gesprächen warten.
    Lage in Slawiansk ruhig
    Petro Poroschenko, aussichtsreichster Kandidat bei der bevorstehenden ukrainischen Präsidentschaftswahl, bezeichnete den Anführer der Kidnapper als psychisch krank.
    "Er ist kein Ukrainer, sondern aus Sankt Petersburg. Er benimmt sich nicht adäquat. Mal lässt er jemanden auf der Straße festnehmen, weil er ihm betrunken erscheint, dann trifft es einen Taxifahrer, der angeblich zu schnell gefahren ist. Er hält in seinem Keller einige ukrainische Journalisten fest, dazu die Inspektoren, die er Kriegsgefangene nennt. Er erteilt Befehle, wer festzunehmen ist, wer als nächstes überfallen wird, welches Haus beschlagnahmt wird."
    Ponomarjow beschrieb die Lage in Slawiansk als ruhig. Man habe vergangene Nacht mit einer Erstürmung gerechnet, die sei ausgeblieben. Heute würden sich die Menschen auf die Mai-Demonstration begeben.
    Präsidentschaftskandidat Poroschenko, ehemals Außen- und Wirtschaftsminister, hat die Maidan-Bewegung unterstützt. Jetzt rät er der Regierung, in Slawiansk konsequent einzugreifen.
    "Auf den Barrikaden sitzen nicht sonderlich gut bewaffnete Männer, sondern teilweise Obdachlose mit Knüppeln. Sie halten Wache und schlagen bei einer Attacke Alarm. Dann erweisen sich die Besetzer in Slawiansk als sehr gut organisiert. Sie bekommen sofort Unterstützung. Diese Leute kann man nicht mit Panzern bekämpfen, sondern nur mit einer Spezialoperation, wie sie der israelische Mossad oder die Briten oder Amerikaner durchführen."
    In Altschewska im Lugansker Gebiet besetzten 30 prorussische Separatisten das Rathaus. Der Bürgermeister leistete keinen Widerstand.
    Präsident Turtschinow hatte gestern erklärt, dass die Regierung die Kontrolle über den Osten des Landes verloren hat und nun alles dafür getan werden muss, dass nicht weitere Gebiete von den Terroristen besetzt werden. Er nannte unter anderem Charkiw und Odessa.