Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Entlassungswelle in den USA
Probleme bei Umsetzung des Coronahilfspakets

Die Coronavirus-Pandemie schlägt voll auf den US-Arbeitsmarkt durch. Mehr als 6,6 Millionen US-Amerikaner haben in der vergangenen Woche einen Erstantrag auf Arbeitslosenhilfe gestellt. Washington hat ein Hilfspaket über zwei Billionen Dollar auf den Weg gebracht – aber bei der Umsetzung hakt es.

Von Jan Bösche | 03.04.2020
Schalter im Büro des New York State Department of Labor|
Die Arbeitslosigkeit in den USA steigt derzeit stark (dpa / Justin Lane)
Leida Parker Sylvester aus Chicago hat 25 Jahre Erfahrung im Hotel-Business. Ende März hat sie ihren Job verloren: Sie habe den 11. September erlebt, sie hätten sich gut davon erholt – diesmal sei sie aber nervös, erzählte Leida im Fernsehsender PBS. Juliana Edelen aus Milwaukee verlor ihren Job ebenfalls und zählte auf: Kreditkarten-Rechnungen, Kredit-Zinsen – mit allem sei jetzt zu spät: Wenn das einen Monat lang so weitergehe – wie solle sie sich davon erholen?
Zwei von über 6,5 Millionen Amerikanern, die sich in der vergangenen Woche arbeitslos gemeldet haben. Vor allem Restaurants, Hotels, Geschäfte haben ihre Mitarbeiter wegen der Corona-Krise in den Zwangsurlaub geschickt oder gleich entlassen. Die Behörden sind überwältigt, viele Betroffene konnten ihre Anträge noch gar nicht einreichen.
Ökonom: Es wird noch schlimmer
Die Zahl der Amerikaner, die sich neu arbeitslos gemeldet haben, ist zurzeit die verlässlichste Zahl vom US-Arbeitsmarkt. Heute kommt zwar die Monats-Statistik für März heraus. Sie basiert allerdings zum großen Teil auf Zahlen, die in der ersten Monatshälfte erhoben wurden – vor den Massen-Entlassungen.
6,5 Millionen neue Arbeitslose in einer Woche, das gab es in den USA noch nie. Und es könnte so weitergehen, mahnte Mark Zandi, Chefökonom von Moody’s bei CNBC. Er sagte, die Arbeitslosenzahlen seien besonders in den Bundesstaaten sprunghaft angestiegen, die frühzeitig strenge Ausgangsregeln verhängt hatten: Aus allen Staaten mit späteren Ausgangs-Beschränkungen kämen die Anmeldungen später. Es werde noch schlimmer.
Washington bringt Rekord-Hilfspaket auf den Weg
Die Politik versucht, den Schaden einzudämmen. Darum verabschiede der Kongress in der vergangenen Woche ein Rekord-Hilfspaket, für über zwei Billionen Dollar. Viele Bestandteile dieses Pakets sollen den Arbeitnehmern helfen: Fast alle Amerikaner bekommen einen Scheck über 1.200 Dollar. Das Arbeitslosengeld wird ausgeweitet und aufgestockt. Kleine Unternehmen bekommen günstige Kredite, die sogar erlassen werden, wenn sie ihre Mitarbeiter weiterbeschäftigen.
Dieses Programm soll heute in Kraft treten, die Kredite von Banken vergeben werden. Allerdings beschwerten sich Banken noch gestern Nachmittag, die Regeln seien noch immer unklar. Finanzminister Mnuchin sagte, sie arbeiteten Tag und Nacht daran: So etwas habe es in den USA noch nicht gegeben: Die Regierung lege die Wirtschaft lahm, aus gesundheitlichen Gründen.
Strukturelle Probleme behindern schnelle Hilfen
Probleme gibt’s auch bei den 1.200-Dollar-Schecks: Die Steuerbehörden können das Geld schnell an alle überweisen, von denen sie eine Bank-Verbindung haben. Alle anderen müssen möglicherweise Monate warten, bis sie einen Scheck in der Post haben. Arbeitsmarkt-Experten kritisierten, wie das Arbeitslosengeld erhöht wurde: Weil die Computersysteme vieler Bundesstaaten veraltet sind, wurde die Unterstützung nicht prozentual erhöht, sondern für jeden um 600 Dollar. Das ist viel für Leute, die einen schlecht bezahlten Job hatten und wenig für Leute mit einem besser bezahlten Job.
Katharine Abraham vom Maryland Center for Economics and Policy sagte: Es gebe in den USA keine gute Struktur, mit so einer Situation schnell und effektiv umzugehen. Sie hoffe, dass sie daraus lernten, um beim nächsten Mal besser vorbereitet zu sein. Erst einmal geht es aber darum, den Leuten die Hilfen schnell zukommen zu lassen. Im Bundesstaat Maine zum Beispiel wurde die Belegschaft der Arbeitsverwaltung kurzfristig mehr als verdoppelt: Von 13 auf 30 Beschäftigte.