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Entschuldigung für Peter Norman

Peter Norman war 1968 bei den Olympischen Spielen in Mexiko Silbermedaillengewinner über die 200m und solidarisierte sich bei der Siegerehrung mit seinen farbigen Kontrahenten, die mit gereckter Faust für die schwarze Bürgerrechtsbewegung protestierten. Dafür wurde Norman jahrzehntelang boykottiert. Nun, sechs Jahre nach seinem Tod, hat sich die australische Regierung dafür entschuldigt.

Von Andreas Stummer | 02.09.2012
    Olympia 1968 in Mexiko, Siegerehrung für die 200 Meter der Männer. Gold und Bronze gehen an zwei schwarze Sprinter aus den USA, Tommie Smith und John Carlos. Die ersten Takte der Hymne: Beide senken ihren Kopf und heben je einen Arm. Die Hand zur Faust geballt, eingehüllt in schwarze Handschuhe. Ein stummer Protest für Rassengleichheit und mehr Bürgerrechte für Schwarze. Mit auf dem Podium: Peter Norman aus Australien, der Silbermedaillengewinner. Er wusste als einziger, was die Amerikaner vorhatten und ermutigt sie: "Ich stehe an eurer Seite", sagt er ihnen. Stolz trägt er, aus Solidarität, den Anstecker einer schwarzen Menschenrechtsorganisation.

    "Ich wollte damals ein politisches Zeichen setzen, daß Diskriminierung und Rassismus keinen Platz auf der Welt haben", meinte Norman vor Jahren in einer Dokumentation, "Alle Menschen sind gleich. Egal welcher Herkunft, Rasse oder Hautfarbe."

    Der Black Power-Protest geht um die Welt. Mit Folgen. Den US-Sprintern werden ihre Medaillen aberkannt, der australische Verband boykottiert Peter Norman. Obwohl er sich qualifiziert, wird er 1972 nicht zu den olympischen Spielen nach München geschickt. In den USA ist er ein Held, in Australien aber wird er vergessen. Frustriert beendet Norman seine Karriere.

    "Peters größte Enttäuschung war, daß er 2000, bei unseren olympischen Heimspielen in Sydney, einfach übergangen wurde,", erinnert sich seine 91-jährige Mutter Thelma, "alle früheren australischen Medaillengewinner drehten Ehrenrunden im Stadion. Peter war nicht einmal eingeladen."

    Doch jetzt, nach 44 Jahren, späte Anerkennung und der Versuch einer Wiedergutmachung.

    Eine Entschuldigung des australischen Parlaments. Für den Mann, der persönlichen Erfolg einer guten Sache opferte, an die er glaubte. Für den Sportler, der, weil er politisch unbequem war, jahrzehntelang totgeschwiegen wurde. Obwohl niemand in Australien je die 200 Meter schneller gelaufen ist, als Peter Norman.

    "Dieses Unrecht muss korrigiert werden, denn sein Name steht für Zivilcourage", betont Sozialdemokrat Andrew Leigh, "Peter Norman hätte damals den Protest einfach ignorieren können. Er aber tat, was er für richtig hielt."

    Für Norman kam die Geste der australischen Regierung zu spät. Er starb vor sechs Jahren, zu Grabe getragen von Tommie Smith und John Carlos, lebenslange Freunde seit 1968. "Peter hat vorgelebt, daß Menschenrechte wichtiger sind als Medaillen", sagte seine Mutter Thelma im Parlament von Canberra. Ein langes Rennen ist zu Ende. Peter Norman ist nach 44 Jahren endlich am Ziel.

    "Wir sind überglücklich. Denn Peter hat diese Ehre verdient hat. Durch seine Geste 1968 hat er soviel für den Sport – nicht nur in Australien – getan. Aber erst jetzt hat man ihn dafür geehrt."