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Entwicklung bei Baudarlehen
Erste Anzeichen für steigende Bauzinsen

Die Zinsen für Baudarlehen befinden sich seit Jahren auf niedrigstem Niveau. Das könnte sich bald ändern, sagt Verbraucherschützer Hartmut Schwarz im Dlf und sieht dafür erste Anzeichen. Grund zur Panik gebe es aber nicht. Auf den Kaufpreis sollten Interessenten aber genau schauen.

Hartmut Schwarz im Gespräch mit Klemens Kindermann | 30.05.2018
    Ein Mann trägt vor dem Rohbau eines mehrstöckigen Hauses eine Wärmedämmplatte unter dem Arm.
    Baudarlehen könnten künftig teurer werden. Erste Anzeichen für eine Erhöhung der Bauzinsen gibt es. (dpa/picture alliance/Carmen Jaspersen)
    Klemens Kindermann: In den letzten Wochen haben wir deutliche Preisanstiege bei Nahrungsmitteln und insbesondere bei Energie gesehen. Das könnte zu einer höheren Inflation führen und das wiederum zu höheren Zinsen. Wir wollen heute auf den Markt für Bauzinsen schauen, denn viele sehen schon das Ende des billigen Geldes kommen und damit vielleicht auch das Ende günstiger Zinssätze für den Hauskauf. Ich habe vor der Sendung mit Hartmut Schwarz Baufinanzierungsexperte der Verbraucherzentrale Bremen gesprochen und ihn gefragt: Wie ist die aktuelle Entwicklung bei den Bauzinsen? Gibt es da bereits Anzeichen, dass sie steigen?
    Hartmut Schwarz: Es gibt erste Anzeichen dafür, dass die Ankündigung, sagen wir mal: etwas strengeren Aufkaufpolitik der EZB sich schon bemerkbar macht und tatsächlich einige Zinsen höher bewertet werden als vorher, aber noch nicht so, dass man Panik kriegen müsste.
    Kindermann: Wir haben Ende letzten Jahres ja schon einen gewissen Anstieg bei den Bauzinsen gesehen. Hat sich das so fortgesetzt in den ersten drei, vier Monaten diesen Jahres?
    Schwarz: Das hat sich fortgesetzt, aber nur bedingt. Also wir haben in der Zeit von Januar bis März einen leichten Anstieg gehabt, der sich von März bis Mai aber jetzt wieder so ein bisschen beruhigt hat. Also es gibt Nachrichten von einigen Immobilienfinanzierern, die eben auch wieder Zinsen senken.
    Kindermann: Können Sie uns eine Hausnummer sagen für zehnjährige Zinsbindungen vielleicht, wo liegen wir da gerade?
    Regionale Unterschiede beim Preisauftrieb
    Schwarz: Bei zehnjährigen Zinsbindungen liegen wir ungefähr – jetzt kommt es ein bisschen auf die Finanzierungssumme an – aber da liegen wir bei knapp über einem Prozent. Bei 20 Jahren können Sie bei entsprechend guten Eigenkapital durchaus auch Zinsen unter zwei Prozent bekommen.
    Kindermann: Wer ein Haus oder eine Eigentumswohnung kaufen will, der muss natürlich nicht nur die Zinsen im Blick haben, sondern auch die Frage, ob er für die Immobilie nicht zu viel bezahlt. Sehen wir aktuell einen Preisauftrieb am Immobilienmarkt in Deutschland?
    Schwarz: Ja, der ist durchaus festzustellen, und wir können nur dringend raten, dass die Kaufinteressenten sich diesen Kaufpreis wirklich genau anschauen, denn zahlen sie zu viel für eine Immobilie, verlieren sie eben den Zinsvorteil. Also das heißt, ich habe eine höhere Finanzierungssumme und kann dann vielleicht diesen Zinsvorteil durch eine höhere Tilgung nicht mehr nutzen. Das macht sich schon bemerkbar. Mit einem Prozent mehr oder weniger Tilgung sind das 300, 400 Euro im Monat und die muss man erst verkraften können.
    Kindermann: Gibt es regionale Unterschiede bei diesem Preisauftrieb in Deutschland?
    Schwarz: Ja, natürlich, selbstverständlich. Also in Norddeutschland ist die Situation, wie soll man das nennen, noch etwas entspannter, als wenn ich eben in die Ballungszentren reingehe wie Köln, Frankfurt, München oder Stuttgart. Da haben Sie Preisentwicklungen, die liegen doppelt so hoch wie hier bei uns in Bremen oder auch in Hannover oder in Ostdeutschland.
    Kindermann: Können die Bauzinssätze, je nach Region, eigentlich unterschiedlich ausfallen, vielleicht weil in ländlichen Regionen das Ausfallrisiko höher eingeschätzt wird? Gibt es diesen Effekt?
    Schwarz: Das gibt es durchaus. Es gibt da auch konkrete Anbieter, die eben regionale Abschläge von Zinsen eingeführt haben, die ganz einfach sagen, na ja, eine ländliche Gegend, da ist das ganze Risiko vielleicht, dass wir diese Immobilie wieder gut verkaufen können, etwas höher anzusetzen, da müssen wir das ganz anders einpreisen, was den Zinssatz angeht.
    Kindermann: Die Landesbausparkassen, die haben soeben eine Prognose veröffentlicht. Danach können wir bis zum Jahresende einen Preisanstieg bei Wohnimmobilien von vier bis sieben Prozent sehen. Das ist ja eine ganze Menge. Ist das aus Ihrer Sicht realistisch?
    Schwarz: Es kommt immer auf den Detailmarkt an. Also wir haben auch hier in Norddeutschland, also speziell hier in Bremen, bei ganz bestimmten Objekten in erster Linie Ersterwerber, also Neubauten, haben wir ähnliche Tendenzen festzustellen. Es gibt aber auch die gegenteilige Richtung, dass seit zwei Jahren zum Beispiel in bevorzugten Wohnlagen durchaus Preisverfall festzustellen ist. Das heißt, ich bekomme die Immobilie günstiger als noch vor zwei Jahren.
    Kindermann: Wenn wir mal einen Strich drunter machen, was muss man bei einer Immobilienfinanzierung jetzt aktuell besonders beachten? Sollte man sich besonders lange Laufzeiten sichern, sollte man vielleicht eine nicht so schnelle Tilgung vereinbaren? Was sollte man tun?
    Auf Flexibilität bei der Tilgungsvereinbarung achten
    Schwarz: Also die gute alte Regel, mindestens mal 30 Prozent Eigenkapital gilt weiterhin. Das hat einfach mit der Zinsbindung zu tun. Ich würde optimalerweise jetzt Laufzeit und Zinsbindung bei einer höheren Finanzierungssumme identisch halten. Also ruhig 20 Jahre Zinsbindung, und dann versuchen, in diesen 20 Jahren das ganze Darlehen zu tilgen. Mindestens würde ich aber immer darauf achten, dass ich bei der Tilgungsvereinbarung eine gewisse Flexibilität behalte. Also die Lebenssituationen ändern sich, da muss ich in der Lage sein, die Höhe der monatlichen Rate zu beeinflussen, und das kann ich nur, wenn ich das vertraglich vereinbart habe.
    Kindermann: Zum Schluss vielleicht noch die Frage, wie ist es denn mit Kunden, die in der nächsten, Zeit, sagen wir mal: in ein bis fünf Jahren eine Anschlussfinanzierung für einen Baukredit benötigen? Sollten die jetzt schon mal an ihre Bank herantreten, um sich günstige Konditionen zu sichern?
    Schwarz: Für eine Anschlussfinanzierung werden diese sogenannten Forwarddarlehen angeboten. Die kosten aber natürlich, je länger die Zeit in der Zukunft liegt, da muss man genau aufpassen. Wir würden immer empfehlen, wenn Sie in den nächsten 12 bis 18 Monaten eine Anschlussfinanzierung haben und Sie können die monatliche Rate auch eben entsprechend darstellen, dann lohnt es sich auf jeden Fall, jetzt schon mal eine Anschlussfinanzierung zu machen. Längere Vorlaufzeiten, also zwei, drei oder vier Jahre, würde ich eigentlich nur dann empfehlen, wenn ich weiß, das ist meine letzte Finanzierungsrunde.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.