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Entwicklungsländer auf der Weltklimakonferenz
"Anpassungsfonds wird zur Verhandlungsmasse"

Die Entwicklungsländer seien nicht sehr zufrieden mit dem Abschluss der Weltklimakonferenz in Bonn, meint Sabine Minninger von "Brot für die Welt". Denn der unter anderem für sie eingerichtete sogenannte Anpassungsfonds von 100 Millionen Euro könnte in Bonn vorerst ausgesetzt werden, sagte sie im Dlf.

Sabine Minninger im Gespräch mit Jule Reimer | 17.11.2017
    Bäuerinnen bei der Feldarbeit am Fuße des Vulkans Gahinga nahe der Ortschaft Kinigi in Ruanda
    Bäuerinnen bei der Feldarbeit am Fuße des Vulkans Gahinga nahe der Ortschaft Kinigi in Ruanda (imago stock&people)
    Jule Reimer: In unserem Bonner Studio begrüße ich jetzt Sabine Minninger, Klimareferentin bei Brot für die Welt. Das ist die entwicklungspolitische Lobby-Organisation der Evangelischen Kirche. – Frau Minninger, fahren Ihre Partner zufrieden nachhause?
    Sabine Minninger: Hallo! – Nein, das glaube ich nicht, dass die sehr zufrieden nachhause fahren. Einige schon über Teilerfolge, die hier erzielt worden sind, zum Beispiel in der Stärkung der indigenen Rechte und auch in der Stärkung von Gender-Aspekten. Hier gab es dazu einige Ergebnisse und die sind höchst erfreulich. Dafür haben sich viele Partner von Brot für die Welt jahrelang eingesetzt.
    Unbürokratische Finanzierung kleiner Projekte
    Reimer: Was ist bei Gender-Aspekten so wichtig?
    Minninger: Der Klimawandel trifft bestimmte Bevölkerungsgruppen eben unterschiedlich. Die Frauen sind überproportional in manchen Regionen vom Klimawandel betroffen. Auf der anderen Seite sind sie auch Teil der Lösung, wie zum Beispiel in vielen afrikanischen Staaten. Dort sind es die Kleinbäuerinnen, die die Landwirtschaft an den Klimawandel anpassen müssen, um die Ernährung abzusichern.
    Reimer: Apropos Anpassung. Wir haben in dem Beitrag von Georg Ehring über den Verlauf der Konferenz gehört, es gibt noch Unstimmigkeiten bei dem Anpassungsfonds. Wo liegen die?
    Minninger: Das ist ein ganz besonders tragisches Thema. Der Anpassungsfonds ist sehr klein und er wird vor allen Dingen durch Deutschland aufgefüllt, was sehr, sehr erfreulich ist, dass Deutschland hier einen großen Beitrag leistet. Jährlich zahlen die fast 50 Millionen Euro ein, und der ganze Anpassungsfonds, der fasst auch nur 100 Millionen Euro. Im Vergleich steht da zum Beispiel der grüne Klimafonds, der ist sehr groß und da können sich vor allen Dingen auch nur Staaten bewerben. Das heißt, ganz kleine Projekte haben da kaum eine Chance, angenommen zu werden.
    Der Anpassungsfonds ist vor allen Dingen bei den kleinen und sehr armen afrikanischen Staaten höchst beliebt. Die mögen den, weil er so unbürokratisch ist. Und jetzt wird das Thema hier Verhandlungsmasse. – Der muss eigentlich nur umziehen vom Kyoto-Protokoll unter das Paris-Abkommen. Das ist ein kleiner juristischer Handgriff, und der wird jetzt hier sehr politisiert.
    Reimer: Warum kriegt der grüne Klimafonds eher Geld?
    Minninger: Nein! Das Geld ist gleich verteilt. Der grüne Klimafonds bekommt sein Geld und hat sein Zuhause gefunden. Der Anpassungsfonds wurde unter dem Kyoto-Protokoll eingerichtet, der jetzt ausläuft. Das heißt, der Anpassungsfonds braucht ein neues Zuhause, und zwar unter dem Pariser Klimaabkommen.
    Reimer: Aber offenbar ist doch die Bereitschaft höher, in den Green Climate Fonds zu investieren. Ist das attraktiver für Industriestaaten?
    "Es sind schwierige Verhandlungen"
    Minninger: Nein, das ist es nicht. Der kleine Anpassungsfonds, der ist so klein, weil er dann auch besser handhabbar ist, für kleine Projekte zu fördern. Beide kriegen ihr Geld. Das ist auch keine Konkurrenz und darf auch keine Konkurrenz werden. Der eine ist nur wesentlich bürokratischer als der andere. Der Anpassungsfonds ist klein und sehr unbürokratisch.
    Reimer: Das heißt, Sie möchten jetzt dann noch mal wohin mit dieser Konferenz?
    Minninger: Ich möchte, dass die Industriestaaten diesen kleinen Klimafonds, der so wichtig ist für die afrikanischen Staaten, dass das nicht als Verhandlungschip benutzt wird, um die afrikanischen Staaten zum Beispiel an anderen Punkten, die den Industriestaaten zum Beispiel wichtig sind, in die Knie zu zwingen. Ich gehe davon aus, dass wahrscheinlich erst nächstes Jahr in Kattowitz es eine Einigung gibt zum Anpassungsfonds, wenn die Industriestaaten von den afrikanischen Staaten was bekommen haben, was für sie vielleicht wichtig ist. Es sind schwierige Verhandlungen.
    Reimer: Sabine Minninger von Brot für die Welt. Vielen Dank für diese Informationen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.