Freitag, 19. April 2024

Archiv


Erbse, Kleegras und Luzerne

Futter für Tiere in deutschen Mastbetrieben muss größtenteils aus anderen Ländern importiert werden. Eine Alternative - vor allem zum importieren Soja - könnten regional angebaute Hülsenfrüchte sein, meint Christoph Dahlmann von der Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft.

Christoph Dahlmann im Gespräch mit Susanne Kuhlmann | 03.06.2013
    Susanne Kuhlmann: Einige Discounter haben die Preise für abgepacktes Fleisch gesenkt, aber frisches Fleisch an den Theken von Supermärkten ist nicht billiger geworden. Die Umweltorganisation Greenpeace hält es generell für falsch, Fleisch zu Spottpreisen zu verkaufen, und fordert, die Mehrwertsteuer von sieben auf 19 Prozent anzuheben. Rinder, Schweine und Geflügel für den deutschen Markt werden überwiegend mit Getreide und Soja gefüttert, was aus Nord- und Südamerika stammt. Welche Auswirkungen hat dieser globale Futtermittelhandel? Müssen wir umdenken und Futter besser in der Region anbauen, aus ökologischen Gründen, aber auch aus ökonomischen? Darum geht es heute auf einer Tagung der Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft in Hamm. Dort ist Christoph Dahlmann am Telefon, Projektleiter bei der ABL. Guten Tag, Herr Dahlmann.

    Christoph Dahlmann: Guten Tag!

    Kuhlmann: Welche Auswirkungen hat denn diese bisher praktizierte globale Wirtschaftsweise?

    Dahlmann: In erster Linie, was hier die Situation vor Ort angeht, macht das erst die intensive Landwirtschaft möglich. Man muss halt wissen, dass Soja, Sojaschrot letztendlich schon ein sehr hochwertiges Protein beinhaltet oder eine sehr hohe Qualität, und gerade bei den Monogastriern, was Sie eben erwähnten, beim Geflügel und bei den Schweinen ist es schon ein sehr, sehr hochwertiges Eiweisfuttermittel und dementsprechend hat sich in den letzten Jahrzehnten die ganze Futtermittelversorgung, was den Eiweisbereich angeht, auf Soja quasi eingeschossen und in der Regel auch auf ein sehr billiges proteinreiches Futtermittel, was natürlich sehr viele negative Auswirkungen auch hat.

    Kuhlmann: Ist Soja denn das einzige, was infrage käme, beziehungsweise wie könnte man es denn planen, dass Futter für unsere Masttiere künftig auch auf dem Acker nebenan wächst?

    Dahlmann: Natürlich ist Soja nicht das einzige Eiweisfuttermittel. Es war natürlich über Jahrhunderte so und auch in den Jahrzehnten, sagen wir mal, in den 50er-, 60er-, 70er-Jahren, und davor wo sich die Landwirtschaft auch mit anderen Eiweisfuttermittel-Komponenten [...]. Das war dann sehr, sehr breit gestreut. Aber ein wichtiger Bestandteil waren die Leguminosen, auch als Hülsenfrüchte bekannt. Das sind wunderbare Pflanzen, weil sie einfach die Fähigkeit haben, Luftstickstoff über ihre Knöllchenbakterien zu fixieren. Da könnte man quasi sagen, das ist Stickstoff aus der Luft gegriffen, und das schöne dabei ist einfach: Diese Pflanzen wie erwähnt ernähren sich autark und tragen dazu auch noch einen Teil zum Klimaschutz bei, weil bei der Produktion von synthetischem Stickstoff durch ein Verfahren – das nennt sich Haber-Bosch-Verfahren – auch große Mengen an Energie bereitgestellt werden müssen, um synthetischen Stickstoff herzustellen, und die Leguminosen machen das quasi gratis.

    Kuhlmann: Hülsenfrüchte statt Soja – wäre das ein Verfahren, was auch ökonomisch konkurrenzfähig ist?

    Dahlmann: Da muss man schon sehr differenziert in die Landwirtschaft schauen. Wenn man sich dann Deutschland anschaut, haben wir bestimmte Gebiete. Ich sage mal, es gibt ein Konzentrationsgebiet der intensiven Tierhaltung, das ist eher im Nordwesten Deutschlands, und die Flächen sind dort zunehmend voll, ein bisschen populistisch ausgedrückt, mit Mais. Hohe Anteile in der Fruchtfolge auf dem Acker bestehen aus Mais. Da würden Leguminosen sehr gut passen. Aber diese Böden sind schon so voll mit Stickstoff, dass die Leguminosen gar nicht mehr ihren so großen Vorteil ausnutzen könnten. Dann müsste man schon wieder zu sehr schönen weiteren Fruchtfolgen kommen.

    Dann gibt es Regionen, das sind die sogenannten Marktfruchtregionen. Dort spielt die Tierhaltung nicht eine so große Rolle. Da wird überwiegend Weizen angebaut oder andere Getreidearten, aber auch Winterraps und Zuckerrüben auf den guten Standorten. Da wäre es sehr wünschenswert, die Fruchtfolgen auch wiederum zu erweitern mit Leguminosen, ich sage mal alle fünf Jahre eine Ackerbohne, eine Erbse, ein Kleegras oder eine Luzerne. Die würden dem Boden gut tun, die Bodenfruchtbarkeit erhöhen.

    Kuhlmann: Danke schön, Herr Dahlmann. Vom Acker in den Futtertrog – die Landwirtschaft könnte sich anders versorgen mit Rohstoffen für Tierfutter. Christoph Dahlmann von der Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft war das.


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.