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Erdbeben im Grenzgebiet Iran/Irak
Die meisten Opfer auf iranischer Seite

Bei dem Beben in der überwiegend von Kurden bewohnten iranisch-irakischen Grenzregion sind nach bisherigen Angaben auf iranischer Seite 336 Menschen ums Leben gekommen. Die irakischen Behörden sprechen bislang von sieben Toten. Weil Geröll die Straßen verschüttet, sind viele Dörfer für die Helfer nur per Hubschrauber erreichbar.

Von Christian Buttkereit | 13.11.2017
    Iranians mourn over the body of a victim following a 7.3-magnitude earthquake in Sarpol-e Zahab in Iran's western province of Kermanshah on November 13, 2017. / AFP PHOTO / TASNIM NEWS / Farzad MENATI
    Trauer im Iran um Erdbebenopfer (Farzad MENATI / TASNIM NEWS / AFP)
    Menschen laufen auf in Panik aus ihren Häusern, Fernsehmoderatoren schauen statt in die Kamera irritiert an die Decke, als sich die Studiolampen wie von selbst bewegen. Bilder aus dem iranisch-irakischen Grenzgebiet gestern Abend.
    Das Beben der Stärke 7,3 ereignete sich in der Region zwischen der Stadt Halabdscha auf irakischer Seite und der Provinz Kermansha im Iran. Bis zum Morgen wurden 118 Nachbeben gezählt, bis zur Stärk 4,6.
    Die meisten Schäden werden aus der iranischen 35.000 Einwohner-Stadt Sarpol-e-Zahab gemeldet, die dem Epizentrum am nächsten liegt. Dort wurde das einzige Krankenhaus der Stadt zerstört. Die Verletzten wurden in die nächstgelegenen Hospitäler in der Provinzhauptstadt Kermanshah und nach Teheran gebracht. Der Weg vom Erdbebengebiet nach Kermanshah ist frei. Augenzeugen berichten aber, dass viele der rund 500 Dörfer der Region nur mit dem Hubschrauber zu erreichen sind, weil die Straßen teilweise durch Geröll verschüttet wurden. Das Grenzgebiet zum Irak ist teilweise vermint.
    Ein weiteres Problem sei verseuchtes Grundwasser, sagte der Bürgermeister der Stadt Ghasre Shirin, Faramarz Akbari:
    "Erdrutsche in den inneren Schichten der Erde haben dazu geführt, dass das Grundwasser verunreinigt wurde. Dieses Schlammwasser können wir nicht verwenden. Aktuell benutzen wir mobile Wassertanks und verteilen Trinkwasser auch in Flaschen."
    Beileid von Irans geistlichem Führer Ajatollah Ali Chamenei
    Der geistliche Führer Irans, Ajatollah Ali Chamenei, drückte am Montagmorgen sein Beileid aus und rief die Rettungskräfte und alle Behörden auf, alles für die Betroffenen in der Region zu tun. Die obdachlos gewordenen Menschen müssen sich auf eine kühle Nacht einstellen. Zwar liegen die Tagestemperaturen in der Region um 15 Grad. Nachts sinkt das Thermometer im Bergland jedoch nahe an dem Gefrierpunkt. Die Belieferung mit Gas soll in den betroffenen Gebieten bis heute Abend wieder hergestellt sein, ebenso die Stromversorgung, sagt Leiter der iranischen Elektrizitätsversorger Masoud Sadeghi im iranischen Fernsehen.
    "Die meisten Ausfälle sind bereits behoben. Sofort nach dem Beben gestern Abend haben unsere Kräfte sofort mit ihrem Notfall-Reaktionsplan begonnen. Der größte Teil der Stromausfälle konnten innerhalb der ersten Stunden und Minuten beseitigt werden."
    Darüber hinaus blieben größere Schäden an der Infrastruktur offenbar aus. An den Flughäfen im Kermanshah und weiteren westiranischen Städten herrscht Normalbetrieb.
    Auch petrochemische Anlagen und Talsperren hätten keinen Schaden erlitten, heißt es von Behördenseite. Allerdings sei das Mobilfunknetzt überlastet. Zerstört wurden überwiegend Wohnhäuser, darunter angeblich viele Sozialbauten, die während der Regierungszeit des ehemaligen iranischen Präsidenten Ahmadinedschad erbaut wurden. Für sie gebe es nun Provisorien, sagt Bürgermeister Faramarz Akbari:
    "Viele Menschen sind in Lagern untergebracht, in der Nacht haben wir Zelte verteilt. Die Bewohner der zerstörten Häuser werden alle in Lagern untergebracht. Das Wasserproblem wird gelöst, doch obwohl auch die Leitung des Wasser- und Abwassersystems ich möglichstes tut, kann das Grundwasser nicht verwendet werden, solange es nicht wieder klar ist."
    Die meisten Opfer sind auf iranischer Seite
    Das Erdbeben war gestern Abend auch in Israel und im Südosten der Türkei zu spüren. Dort sind offiziellen Angaben zufolge aber keine größeren Schäden zu beklagen.
    Die meisten Opfer hat es auf iranischer Seite gegeben. Das irakische Innenministerium geht von mindestens sieben Toten im Nordosten des autonomen Kurdengebietes aus. In der Stadt Halabdscha wurde ein zwölfjähriger Junge durch ein herabfallendes Stromkabel getötet.
    Die benachbarte Türkei schickte einen Hilfskonvoi aus 33 Lkw mit Zelten und Decken in sowie ein Transportflugzeug mit medizinischen Hilfsmitteln in die Irakische Provinz Süleymania. Auch Deutschland hat dem Iran seine Hilfe angeboten. Im Jahr 2003 zerstörte ein Beben der Stärke 6,6 die historische Stadt Bam. Rund 26.000 Menschen kamen ums Leben.