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Erdgaspipeline Nord Stream 2
Widerstand in Dänemark

Bei ihrem Treffen in Meseberg will Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin auch über North-Stream-2 sprechen. Die USA und die Ukraine kritisieren die Erdgaspipeline, aber auch Ostseeanrainer wie Schweden oder Dänemark sind nicht begeistert:

Von Carsten Schmiester | 17.08.2018
    Ein Mann in Warnweste geht an den tonnenschweren Rohren für die zukünftige Ostsee-Erdgastrasse Nord Stream 2 auf einem Lagerplatz im Hafen von Sassnitz-Mukran vorbei.(2016)
    Rohre für die umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2 (dpa)
    Viele Freunde hat das Projekt im Ostseeraum ganz bestimmt nicht. Zwar hat Finnland grünes Licht gegeben, aber die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sind strikt gegen Nord Stream 2. Mehr oder weniger offen ist von der Gefahr russischer Einflussnahme auf europäische Politik, auch Sicherheitspolitik, die Rede und man fühlt sich dort von Russland sehr bedroht. Auch in Schweden ist man nicht besonders begeistert.
    Tarnung für russische Spione?
    Die Pipeline sei energiepolitisch falsch, heißt es, dazu nicht gut die Umwelt und gebe Russlands Militär und Spionen eine perfekte Tarnung für künftige Aktivitäten auf See und vor den schwedischen Küsten. Dann sind da noch die Dänen. In Kopenhagen ist der Widerstand besonders stark. Helveg Petersen ist EU-Parlamentarier der sozialliberalen Radikalen Venstre, die unter anderem für die völlige Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen kämpft, dem russischen Energieriesen Gazprom misstraut und die Pipeline auch aus anderen Gründen ablehnt. Im dänischen Rundfunk sagte er:
    "Sie ist in hohem Maß ein politisches Projekt. Es geht nicht nur um Wirtschaft, wie es Gazprom behauptet. Aber wir werden enorme Schwierigkeiten haben, etwas dagegen zu tun, wenn sie durch internationale Gewässer geführt wird. Das weiß natürlich auch Gazprom, weshalb sie jetzt eine alternative Route beantragt haben."
    Die Dänen haben nämlich ihre Entscheidung über Nord Stream 2 immer wieder verschoben. Eine Stellungnahme des Außenministeriums war schon vor Monaten erwartet worden, steht aber weiter aus, es hängt ein Veto in der Luft.
    Betreiber planen Umwegtrasse
    Aus diesem Grund hat das Betreiberkonsortium eine alternative Trasse nordwestlich von Bornholm eben in internationalen Gewässern ausgearbeitet und vorgeschlagen. Damit wäre Dänemark dann wohl ausmanövriert. Aber auch für diesen Fall hat Helveg Petersen eine Forderung:
    "Es ist wichtig, dass wir uns in der EU auf "Spielregeln" für Nord Stream 2 einigen, sollte sich herausstellen, dass wir sie nicht komplett verhindern können. Damit beschäftigen wir uns aktuell im EU-Parlament. Ich erwarte dann im Herbst schwierige Verhandlungen."
    Den Dänen geht es vor allem sicherheitspolitische Bedenken, aber auch um die aus ihrer Sicht potentiell negativen Auswirkungen für die Ukraine, deren Position als Gas-Transitland weiter geschwächt würde; auch um Energiepolitik natürlich. Michael Aastrup Jensen sitzt für die Regierungspartei Venstre im Kopenhagener Parlament, dem Folketing:
    "Wir können nur den Kopf schütteln. Dieses Projekt steht gegen das Ziel der EU, wegzukommen von fossilen Brennstoffen, hin zu erneuerbaren Energien. Es bedeutet das genaue Gegenteil!"
    Mit vielen anderen dänischen Politikern hofft er, dass Nord Stream 2 über die Europäische Union am Ende doch noch gestoppt werden kann. Auch wenn die Chancen dafür als nicht besonders gut geschätzt werden. Was die Kritiker in dem kleinen Land nur noch entschlossener auftreten lässt. Der sozialliberale Martin Lidegaard ist Oppositionspolitiker, in diesem Fall aber völlig einig mit der Regierung. Und er nimmt sich in seiner Kritik auch den großen Nachbarn vor - Deutschland:
    Die Rolle von Ex-Kanzler Schröder
    "Es ist absurd, dass der ehemalige deutsche Bundeskanzler als Vorsitzender des Gesellschafterausschusses in einem russischen Energieunternehmen sitzt, wo jeder weiß, welche enorme politische Bedeutung dieses Unternehmen hat und wie viel Geld in die Taschen Putins und seines Konsortiums fließt. Ich finde es unklug von der deutschen Regierung, den Rest Europas in diese Angelegenheit hineinzuziehen."