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Erdmagnetfeld
Zebrastreifen im Strahlungsgürtel

Geophysik. - Zehntausende von Kilometern über der Erdoberfläche erstrecken sich die Strahlungsgürtel, bestehend aus hochenergetischen Teilchen. Für Raumfahrer und Satelliten stellen diese Strahlungsgürtel eine gewisse Gefahr dar, wenn sie sie auf ihren Weltraumtrips durchqueren - vor allem deshalb ist es wichtig, möglichst viel über ihre Eigenschaften herauszufinden. Eine davon sind Zebrastreifen - wie diese aussehen und welcher Mechanismus sie antreibt, haben amerikanische Forscher kürzlich im Fachmagazin "Science" beschrieben.

Von Franziska Konitzer | 22.05.2014
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    Die Van-Allen-Strahlungsgürtel der Erde. (NASA/GSFC/SVS)
    Im Jahr 1958 machten Weltraumwissenschaftler eine Entdeckung in unmittelbarer Nachbarschaft der Erde: Sie wiesen erstmals den sogenannten Strahlungsgürtel nach, der sich Zehntausende von Kilometern über der Erdoberfläche erstreckt. Inzwischen weiß man, dass es sich bei diesem nach seinem Entdecker genannten Van-Allen-Gürtel um mindestens zwei Strahlungsgürtel handelt: einen inneren und einen äußeren.
    "Der Strahlungsgürtel ist mit dem bloßen Auge betrachtet gar nicht zu erkennen. Er besteht aus sehr hochenergetischen Teilchen, die das Magnetfeld der Erde dort gefangen hält. Wir reden hier über Teilchen, die sich fast mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegen. Es gibt nicht sehr viele davon, aber sie sind sehr wichtig für alles, was mit dem Weltraumwetter zu tun hat",
    erklärt Sasha Ukhorskiy vom Applied Physics Laboratory der Johns Hopkins University. Bei den Partikeln in den Strahlungsgürteln handelt es sich um geladene Teilchen, und zwar vor allem um Elektronen. Sie können sich entlang der Magnetfeldlinien innerhalb des Gürtels bewegen, diesen aber nicht verlassen. Ihre Verteilung verändert sich mit der Zeit.
    "Wenn wir diese Teilchen untersuchen, tragen wir normalerweise ihre Energie und ihren Aufenthaltsort in einem Diagramm ein. Die zeitliche Veränderung dieser Verteilung verrät uns etwas über den Mechanismus dahinter."
    Die US-Weltraumbehörde NASA erforscht die Strahlungsgürtel derzeit mit den "Van-Allen-Zwillingssonden". Die beiden Satelliten sollen unter anderem Aufschluss darüber geben, welche Art von Teilchen sich wo im Strahlungsgürtel befindet. Bei der Auswertung der von den Van-Allen-Sonden gelieferten Daten stießen Sasha Ukhorskiy und seine Kollegen auf ein ungewöhnliches Muster in der Verteilung der Elektronen des inneren Strahlungsgürtels.
    "Als wir die Strahlungsgürtel mit unserem neuen Detektor untersucht haben, konnten wir die Verteilung von Energie und Aufenthaltsort dieser Teilchen mit einer höheren Auflösung bestimmen. Und wir haben gesehen, dass es in dieser Verteilung leicht gebogene Streifen gibt, die uns irgendwie an Zebras erinnert haben."
    Die Zebrastreifen sind ein räumliches Muster, in dem sich Elektronen mit niedriger Energie und Elektronen mit höherer Energie abwechseln. Das stellte die Forscher vor ein Rätsel: Denn die Teilchen werden zwar vom Magnetfeld der Erde im Strahlungsgürtel gehalten, das elektrische Feld der Erde ist aber eigentlich zu klein, um auch ihre Energie zu beeinflussen. Deshalb hängt die Verteilung der Elektronen im Strahlungsgürtel vor allem von der Sonnenaktivität ab. Diese verursacht die Sonnenwinde, Partikelströme voller geladener Teilchen, die durch das Sonnensystem ziehen. Die Zebrastreifen aber ließen sich nicht mit der Sonnenaktivität erklären. Das Team um Sasha Ukhorskiy erstellte deshalb ein mathematisches Modell am Computer, das die Bewegung der Teilchen im Strahlungsgürtel simuliert.
    "In diesem Fall haben wir im Grunde genommen die Bewegungen von einzelnen Teilchen modelliert. Wir haben also das elektrische und das magnetische Feld beschrieben, in dem sich diese Teilchen befinden und dann haben wir ihren Weg verfolgt. Daraus haben wir dann eine simulierte Verteilung der Teilchen erstellt und diese mit den Beobachtungen verglichen."
    Tatsächlich stimmte die Simulation mit der Beobachtung überein: Das Modell gab die Zebrastreifen im Strahlungsgürtel korrekt wieder. Indem die Forscher alle bekannten Faktoren in das Modell einfließen ließen, die das elektromagnetische Feld der Erde beeinflussen, konnten sie die Ursache der Zebrastreifen bestimmen:
    "Der Ursprung dieses physikalischen Mechanismus ist der Unterschied zwischen den geographischen und den magnetischen Polen der Erde. Aufgrund dieser Abweichung erzeugt die Erdrotation ein sich veränderndes elektrisches Feld. Dieses Feld ist sehr schwach, aber es durchdringt den gesamten inneren Strahlungsgürtel."
    Das elektrische Feld der Erde schwankt also im 24-Stunden-Takt und diese Schwankung des Feldes passt genau zur Bewegung der Elektronen im Strahlungsgürtel, sodass diese aufgeschaukelt werden. Dieses physikalische Phänomen nennt sich Resonanz. Als Nächstes visieren die Forscher die anderen Planeten unseres Sonnensystems an: Sie wollen herausfinden, ob es auch in den Strahlungsgürteln anderer Planeten solche Zebrastreifenmuster gibt - und ob diese auch von der Planetenrotation hervorgerufen werden.