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Meldungen aus der Wissenschaft

Der deutsche Ethikrat lehnt eine allgemeine gesetzliche Impfpflicht ab +++ Es gibt zu wenige Erkenntnisse über Schmerzmittel bei Kindern +++ Hornhaut an den Füßen hat Vorteile +++ In Europa lebten einst riesige, flugunfähige Vögel +++ Eine Roboter-Biene hebt erstmals kabellos ab +++ Die Ozeane könnten in 4000 Jahren mehr Sauerstoff enthalten als heute

Von Lucian Haas | 27.06.2019
Neues aus der Wissenschaft - Die Wissenschaftsmeldungen aus "Forschung aktuell"
Neues aus der Wissenschaft - Die Wissenschaftsmeldungen aus "Forschung aktuell" (Deutschlandradio)
Der deutsche Ethikrat lehnt eine allgemeine gesetzliche Impfpflicht ab
In einer heute veröffentlichen Stellungnahme sieht der Ethikrat zwar eine moralische Pflicht, sich selbst und die eigenen Kinder gegen Masern impfen zu lassen. Und zwar aus der Verantwortung heraus, auch jene Menschen zu schützen, die etwa aus medizinischen Gründen selbst nicht gegen Masern geimpft werden können. Aus dieser moralischen Pflicht heraus lasse sich aber nicht eine generelle gesetzliche Impfpflicht ableiten, heißt es in der Stellungnahme. Der Ethikrat empfiehlt stattdessen gezielte Aufklärungskampagnen. Das Infektionsschutzgesetz sollte geändert werden, um nicht geimpfte Kinder besser zu erfassen, Eltern intensiver zu beraten und Impfaktionen direkt in Schulen und Kindergärten durchführen zu können. Nur für bestimmte Berufsgruppen im Gesundheits-, Sozial- und Bildungswesen hält der Ethikrat eine gesetzliche Impfpflicht für empfehlenswert.
Quelle: Deutscher Ethikrat

Es gibt zu wenige Erkenntnisse über Schmerzmittel bei Kindern
Nicht nur Erwachsene, auch Kinder leiden zuweilen unter chronischen Schmerzen, die länger als drei Monate lang anhalten. Dagegen bekommen sie häufig Schmerzmittel verschrieben. Allerdings fehlt es an evidenzbasierten Studien über Dosierung, Wirksamkeit und Nebeneffekte der entsprechenden Wirkstoffe bei Kindern. Darauf weist ein internationales Forscherteam im Fachjournal Pain hin. Während bei Erwachsenen mit chronischen Schmerzen bereits mehr als 300.000 Patienten in Hunderten von randomisierten Studien untersucht wurden, fanden die Forscher nur sechs Studien, die auch Kinder berücksichtigten – mit einer mickrigen Gesamtzahl von 393 Patienten im Kindesalter. Diese Diskrepanz sei inakzeptabel und weitere Studien dringend nötig, so die Wissenschaftler. Denn man könne die Erkenntnisse aus der Wirkstoffforschung an Erwachsenen nicht einfach so auf Kinder übertragen.
Quelle: Pain

Hornhaut an den Füßen hat Vorteile
Wer viel barfuß läuft, bildet an den Füßen eine verdickte Hautschicht aus. Forscher der Harvard University haben jetzt untersucht, welche Nachteile mit dieser Hornhaut verbunden sind. Das Ergebnis ihrer im Fachmagazin Nature veröffentlichten Studie lautet, kurz zusammengefasst: keine. Im Gegenteil: Die Hornhaut schützt die Füße. Und die Empfindlichkeit der Fußsohlen nimmt, anders als üblicherweise angenommen, dabei nicht ab. Die Forscher machten Experimente mit 81 Kenianern und 22 Amerikanern, von denen einige häufig barfuß gingen, andere immer weich besohlte Schuhe trugen. Probanden mit einer dicken Hornhaut konnten gezielte Reize mit einem Vibrationsgerät an den Fußsohlen noch genauso differenziert wahrnehmen wie hornhautlose Versuchsteilnehmer. Ein weiterer Test erfasste, wie sich Hornhaut im Vergleich zu Schuhsohlen auf das Gehen auswirkt. Es zeigte sich, dass nur die Schuhsohlen, nicht aber die Hornhaut die Kräfte, die beim Gehen auf die Füße einwirken, stark verändern. Für die Gesundheit des Bewegungsapparats ist Hornhaut damit deutlich überlegen.
Quelle: Nature

In Europa lebten einst riesige, flugunfähige Vögel
Russische Forscher haben in einer Höhle auf der Halbinsel Krim am Schwarzen Meer fossile Knochen eines großen frühzeitlichen Vogels gefunden. Ihren Schätzungen nach war das straußenähnliche Tier mindestens 3,5 Meter groß und wog rund 450 Kilogramm. Das ist fast dreimal so schwer wie ein heute lebender Afrikanischer Strauß. Der Riesenvogel konnte nicht fliegen, die Knochen passen aber zu einem guten Läufer. Die Forscher datierten die Überreste auf ein Alter von 1,5 bis 1,8 Millionen Jahren. Bisher waren Vorkommen von Vögeln ähnlicher Größe nur von der Südhalbkugel der Erde bekannt. Die Höhle, in der die Knochen überdauerten, war erst im vergangenen Jahr bei Bauarbeiten eines Autobahntunnels entdeckt worden. Forscher bargen dort auch schon Fossilien anderer großer Tiere wie Bison und Mammut. Ihre Studie veröffentlichten die Wissenschaftler im Journal of Vertebrate Paleontology.
Quelle: Journal of Vertebrate Paleontology

Eine Roboter-Biene hebt erstmals kabellos ab
Für miniaturisierte Drohnen in der Größe von Insekten gibt es ein Problem: Für sie ist die Luft so zäh, dass sie für den Antrieb vergleichsweise viel Energie benötigen. Entsprechende Akkus sind aber zu schwer, um sie mit in die Luft zu hieven. Deshalb konnten fliegende Roboter-Insekten in Forschungslaboren bisher nur an ein Stromkabel gebunden abheben. US-Forscher berichten nun im Fachmagazin Nature, dass es ihnen gelungen ist, eine kabellose RoboBee fliegen zu lassen. Für den Flug reicht der Strom aus einer eingebauten, ultraleichten Solarzelle aus. Allerdings benötigt die Roboter-Biene zum Abheben noch extrem starkes Licht – drei Mal so intensiv wir die normale Sonneneinstrahlung in den Tropen. Flüge im Freiland wären bislang also nicht möglich. Der Prototyp wiegt nur ein Viertel eines Gramms. Die RoboBee besitzt vier Flügel aus dünner Folie, mit denen sie wie eine Libelle schlägt.
Quelle: Nature

Die Ozeane könnten in 4000 Jahren mehr Sauerstoff enthalten als heute
Und das, obwohl sie im Zuge des Klimawandels deutlich wärmer wären und sich bei höheren Temperaturen eigentlich weniger Gase im Wasser lösen. Dieses etwas paradoxe Studienergebnis präsentieren Forscher des Geomar Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung im Fachmagazin Nature Communications. Es beruht auf Modellrechnungen. Die Erklärung dafür ist folgende: Mit steigenden Wassertemperaturen sinkt künftig der Sauerstoffgehalt im Meer erst einmal. Doch in sauerstoffarmen Zonen gedeihen dann bestimmte Bakterien besonders gut, die statt Sauerstoff Nitrat atmen. Dank dieser Stoffwechselvariante wird so viel Sauerstoff eingespart, dass mit der Zeit der Sauerstoffverlust im Meer sogar ausgeglichen werden könnte. Allerdings würde sich der Sauerstoff vor allem in den Tiefen der Ozeane anreichern. Nahe der Meeresoberfläche könnten weite Sauerstoff-Minimumzonen erhalten bleiben.
Quelle: Nature Communications