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Erhöhter Export der amerikanischen Kohle

Gas ist in den USA durch neue Fördermethoden reichlich vorhanden und die Preise sind stark gesunken. Die Kohle des Landes soll hingegen in den Export. Die mächtige US-Kohlelobby drängt darauf, Häfen auszubauen und die Ausfuhr nach Asien und Europa zu vergrößern.

Von Heike Wipperfürth | 23.04.2013
    22. März, Pressekonferenz des Bürgermeisters von Los Angeles. Antonio Villaraigosa präsentiert seine neue Energiepolitik. Er will, dass die Viermillionenstadt in den nächsten zwölf Jahren aus der Kohleenergie aussteigt - zugunsten von Erdgas.

    "Was wir vorhaben, ist schwer. Und es braucht seine Zeit. Wir haben langfristige Verträge abgeschlossen, um aus der Kohle auszusteigen."

    Ganz klar: Die mächtige Kohlebranche Amerikas gerät zuhause immer mehr unter Druck. Hintergrund ist die Schließung hunderter unrentabler Kohlekraftwerke und der Boom des billigen Erdgases aus Schiefergestein. Der Anteil der Kohle als Energieträger hat sich von 50 Prozent vor acht Jahren auf 37 Prozent verringert, der von Schiefergas von 19 auf 30 Prozent erhöht. Höchste Zeit für die amerikanische Kohlebranche, auf eine neue Strategie zu setzen: den Export des zunehmend ungeliebten Brennstoffs.

    "Mit den niedrigen Erdgaspreisen in den USA kann die Kohlebranche nicht konkurrieren. Deshalb hat die US-Regierung den Export der Kohle ins Ausland erlaubt","

    sagt Michael Gerrard, Juraprofessor an der Columbia University in New York. Schon zeigen sich erste Erfolge. Im vergangenen Jahr haben US-Kohleförderer laut der jüngsten Statistik des US-Energieministeriums 114 Millionen Tonnen Kohle ins Ausland exportiert – das sind 18 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Strategie kommt auch in Deutschland gut an. Die Bundesrepublik hat den Import amerikanischer Kohle 2012 um rund elf Prozent erhöht. 4,8 Millionen Tonnen wurden in Schiffen über den Atlantik transportiert. Noch viel stärker zugegriffen hat Großbritannien. 2012 wurden in britischen Häfen 70 Prozent mehr Kohle aus den USA gelöscht als im Jahr davor. Doch der Trend gilt für ganz Europa: Fast die Hälfte der US-Exportkohle ging hierhin – ein neuer Rekord und ein großes Problem, sagt Michael Gerrard.

    ""Das Verbrennen von Kohle verursacht die größten Treibhausemissionen der Welt. Es ist erschütternd, dass in China und Indien und nun auch in Deutschland wieder mehr Kohle verbrannt wird. Umweltpolitisch ist das ein Schritt in die falsche Richtung"

    Eine im wahrsten Sinne des Wortes brenzlige Situation. Doch solange der Gaspreis in Europa deutlich höher als der Kohlepreis ist, dürfte sich an dem Appetit auf Amerikas schwarzes Gold wenig ändern. Im Dezember betrug die Gewinnmarge für mit Gas betriebene Anlagen in Großbritannien drei Dollar pro Megawattstunde. Ein Klacks im Vergleich zu den 39 Dollar, die mit Kohle erzielt werden können. Hinzu kommt die dramatische Lage beim Handel mit Verschmutzungsrechten. Zertifikate sind zu Ramsch-Preisen zu haben; Papiere, die eigentlich helfen sollten, neue und umweltfreundliche Kraftwerke zu bauen. Ein Umstand, der der angeschlagenen US-Kohlebranche gerade recht kommt.

    "Der Preisverfall im Handel mit den Rechten zum Ausstoß des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid erleichtert die Einfuhr unserer Kohle nach Europa."

    Während sich Europa zum besten Kunden der großen amerikanischen Kohleförderer entwickelt, fassen diese bereits einen neuen Absatzmarkt ins Auge: Asien. Doch das wollen Umweltschützer nicht einfach so hinnehmen. Greenpeace macht mobil:

    "Sie geben Milliarden aus, um in Minen, Kohlezüge und neue Exportterminale zu finanzieren. Sie zerstören einmalige Landschaften, um unsere Kohle in andere Länder zu exportieren. Das geht doch nicht."

    Bei ihrem Protest haben die Umweltschützer vor allem die Westküste der USA im Blick. Hier sollen fünf neue Verlade-Stationen gebaut werden. In naher Zukunft sollen von dort aus 100 Millionen Tonnen Kohle pro Jahr in Richtung China und Indonesien verschifft werden.