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Ermittlungen
Bundesweite Serie rechtsextremer Gewaltandrohungen

Bomben- und Morddrohungen: 78 Drohschreiben wurden in der letzten Woche an Personen und Institutionen geschickt, die sich gegen Rechtsextremismus positioniert haben. Die Staatsanwaltschaft Berlin leitet nun Ermittlungen ein. Sie richten sich derzeit noch gegen Unbekannt.

Von Sebastian Engelbrecht | 14.03.2019
08.10.2018, Berlin: Das Schild mit der Aufschrift "Staatsanwaltschaft Berlin" am Eingang des Gerichts in Moabit. Foto: Fabian Sommer/dpa | Verwendung weltweit
Im Auftrag der deutschen Generalstaatsanwaltschaften koordiniert die Staatsanwaltschaft Berlin die Ermittlungen - da 22 von 78 Mails nach Berlin geschickt wurden (dpa)
Der Absender nennt sich "Wehrmacht", in anderen Fällen "Nationalsozialistische Offensive" oder "NSU 2.0". In den vergangenen Wochen wurden nach Informationen der Generalstaatsanwaltschaft Berlin 78 Drohschreiben verschickt – an Gerichte, Behörden, Rechtsanwaltskanzleien und Verlage, an Politiker, Journalisten und Personen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren. Auch an den Zentralrat der Juden und an die Sängerin Helene Fischer.
Der Autor oder die Autoren schicken Bombendrohungen und Morddrohungen. Am Dienstag ging bei der Bundestagsabgeordneten Martina Renner von der Linken-Fraktion eine E-Mail ein, in der es hieß:
"Aber zu Not sind wir dazu Bereit. Bundesweit Briefbomben zu verschicken, oder auch Rizin zu verteilen, oder Bürger auf offener Straße zu exekutieren."
"Der Sprachduktus ist bekannt"
Rechtschreibung und Zeichensetzung sind auffällig falsch. Die Wortwahl ist jeweils ähnlich, wie "Süddeutsche Zeitung" und NDR berichten. Martina Renner ordnet die Schreiben so ein:
"Der Sprachduktus ist bekannt. Wer Drohbriefe bekommt aus der extremen Rechten: Das sind Verschwörungstheorien, das ist offener Rassismus, und das sind immer wieder auch diese Vernichtungsphantasien, die hier zusammenfließen. Und natürlich der Bezug auf den historischen Faschismus, den Nationalsozialismus."
Im Auftrag der deutschen Generalstaatsanwaltschaften koordiniert die Staatsanwaltschaft Berlin die Ermittlungen, weil 22 von 78 Mails nach Berlin geschickt wurden. Man ermittle wegen des Verdachts der räuberischen Erpressung und der Volksverhetzung, teilte ein Sprecher mit. Das Verfahren richte sich derzeit noch gegen Unbekannt, man habe die Absender der E-Mails noch nicht enttarnen können. Martina Renner ist überzeugt, dass die Gewaltdrohungen ernst genommen werden müssen.
"Zum einen handelt diese Szene seit vielen Jahrzehnten nach der Maxime ‚Taten statt Worte‘ und zum anderen wissen wir, wie viele Waffen dort kursieren, wie viele Sprengsätze dort aufgefunden werden bei Durchsuchungen und ähnliches mehr."
Der Informationsdienst "NSU-Watch" weist auf seiner Online-Seite darauf hin, im sogenannten "Dark Web" habe sich ein User mit dem Namen "Wehrmacht" im Namen einer "Nationalsozialistischen Offensive" zu der Serie von Gewaltandrohungen per E-Mail bekannt. Nach den Erkenntnissen von "NSU-Watch" verschickt der User "Wehrmacht" seine E-Mails bereits seit Mitte vergangenen Jahres.