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Ermittlungen wegen Marktmanipulation
VW-Chef Müller unter Verdacht

Im Dieselskandal bei Volkswagen hat die Stuttgarter Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Konzernchef Matthias Müller bestätigt. Es bestehe der Anfangsverdacht der Marktmanipulation. Grund dafür sei eine Strafanzeige der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht.

Von Alexander Budde | 17.05.2017
    Matthias Müller, Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG, auf einer Hauptversammlung in Wolfsburg.
    Matthias Müller, Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG, auf einer Hauptversammlung in Wolfsburg. (imago / localpic)
    Neben VW-Chef Matthias Müller wird auch gegen den jetzigen Aufsichtsratschef Hans-Dieter Pötsch und den damals noch amtierenden Vorstand der Porsche SE, Martin Winterkorn, ermittelt. Gegen die Beschuldigten besteht der Anfangsverdacht der Marktmanipulation.
    Sie sollen Aktionäre der Muttergesellschaft Porsche SE verspätet über die finanziellen Folgen des Abgas-Betrugs informiert haben. Mit der seiner Erklärung bestätigt der Sprecher der Stuttgarter Anklagebehörde Spekulationen, die seit Tagen in Medien die Runde machen. Über den Fall hatte zuerst die "Wirtschaftswoche" berichtet.
    Auslöser des neuen Ermittlungsverfahrens, das nun den VW-Chef selbst in den Fokus rückt, ist eine Strafanzeige der Finanzaufsicht BaFin. Nachdem der vorsätzliche Betrug mit gefälschten Abgaswerten im September 2015 in den USA aufgeflogen war, hatten Volkswagen- und Porsche-Aktien massiv an Wert verloren.
    BaFin: "Verdächtige Vorgänge im Sommer 2016"
    Die Finanzaufseher hatten daraufhin die Informationspolitik der Muttergesellschaft Porsche SE und des Konzerns überprüft – und die verdächtigen Vorgänge im Sommer 2016 zeitgleich bei den Staatsanwaltschaften in Braunschweig und Stuttgart angezeigt.
    Müller sitzt seit 2010 im Vorstand der Porsche SE. Neben ihm waren auch Winterkorn und Pötsch zu Beginn des Abgas-Skandals für die Porsche-Dachgesellschaft tätig: Winterkorn als Vorstands-, Pötsch als Finanzchef.
    Auch in Braunschweig – zuständig für den Wolfsburger Firmensitz - läuft bereits ein Ermittlungsverfahren. Auch dort wird gegen Pötsch und Winterkorn ermittelt, dritter Beschuldigter ist der frühere Finanzvorstand und jetzige VW-Markenchef Herbert Diess.
    Porsche SE weist Anschuldigungen zurück
    Bei Volkswagen sind alle miteinander verflochten: Der Staatskonzern, an dem das Land Niedersachsen 20 Prozent der stimmberechtigten Stammaktien hält, wird wie ein mittelständisches Familienunternehmen von den Eigentümerfamilien Piëch und Porsche kontrolliert. Sie haben ihre VW-Anteile in der Holding Porsche SE gebündelt. Ihr Sitz ist in der Hauptstadt Baden-Württembergs, weshalb die Stuttgarter Anklagebehörde im aktuellen Fall zuständig ist.
    In einer schriftlichen Erklärung wies die Porsche SE die Anschuldigungen zurück: Die Aktionäre seien fristgerecht über die Abgas-Manipulationen informiert worden.
    Aktienunternehmen wie der VW-Konzern und seine Beteiligungsgesellschaft Porsche SE müssen offenbarungspflichtige Insiderinformationen unverzüglich in Form so genannter Ad-hoc-Mitteilungen offenlegen. So ist es im Wertpapierhandelsgesetz zwingend vorgeschrieben.
    Ist ein Verschulden nachweisbar, können Anleger Schadensersatz oder die Rückabwicklung ihrer Aktienkäufe geltend machen, weil sie die Wertpapiere bei Kenntnis der Insiderinformationen nicht gekauft hätten. Inzwischen haben hunderte Kleinanleger aber auch institutionelle Investoren Klagen eingereicht. Die Klagen sind derzeit ausgesetzt – bis das Oberlandesgericht Braunschweig in einem Musterverfahren über Fragen entschieden hat, die für alle Kläger relevant sind.