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Ernährung und Gesundheit
Durch simuliertes Fasten Demenz vorbeugen

Wer seinem Gehirn etwas Gutes tun will, sollte immer mal wieder fasten. Denn das kann einer Demenz entgegenwirken. Wem das Fasten zu anstrengend ist, für den gibt es gute Nachrichten: Wissenschaftler haben erste Hinweise darauf gefunden, dass bestimmte Stoffe den gleichen Effekt haben.

Von Claudia Doyle | 09.10.2017
    Demenz geschrieben auf einem Scrabble Brett mit Buchstabensteinen
    Studien sollen Aufschluss darüber geben, wie man das Risiko einer Demenz mindern kann (imago stock&people)
    Im Alter dement zu werden, seine Freunde und Angehörigen nicht mehr zu erkennen, auf Pflege angewiesen zu sein - davor fürchten sich viele Menschen. Intensiv wird deshalb daran geforscht, das Gehirn möglichst lange fit zu halten. Aus Studien ist bereits bekannt, dass eine verringerte Kalorienzufuhr dabei hilft. Agnes Flöel ist Direktorin der Klinik und Poliklinik für Neurologie an der Universitätsmedizin Greifswald. Sie kennt die aktuelle Studienlage auf diesem Gebiet.
    "Man muss gar nicht monatelang fasten und dann weniger wiegen, das haben wir auch in eigenen Studien gesehen, das ist nicht das Wichtige. Sondern eher dieser kurzfristige Anreiz. Wie kurz der jetzt sein muss, um einen positiven Effekt zu haben, das ist noch nicht so gut bekannt."
    Rotweintrinken rettet das Gehirn nicht
    Denn wenn die Zellen in den Hungermodus übergehen, dann beginnen sie damit, Proteine und andere Zellbestandteile zu verdauen und als Nährstoffe zu nutzen. Ganz nebenbei beseitigen sie dabei defekte Moleküle. Doch Fasten ist nicht jedermanns Sache.
    "Da aber Menschen mit Kalorienrestriktion nicht so gut klarkommen und das auch keine Dauerlösung ist - vor allem für ältere Menschen -, suchen wir nach den Mimetika dieser Kalorienrestriktion."
    Also Substanzen, die eine ähnliche Wirkung hervorrufen. Studien an Fruchtfliegen und Mäusen haben bereits gezeigt, dass bestimmte Stoffe dem Körper eine Kalorienrestriktion vorgaukeln und eine ähnlich gute Wirkung haben wie das Fasten selbst. Sie regen die zelleigene Müllabfuhr an, das sogenannte Autophagie-System. Die Zellen verdauen dabei Proteine. Vorrangig solche, die Defekte aufweisen.
    "Das erste, was wir untersucht haben, war das Resveratrol, was man so aus dem Rotwein kennt. Das kommt aus den Schalen von Trauben. Da muss man allerdings relativ hohe Dosen verabreichen. Und die Effekte, die wir gesehen haben, da gab es auch Effekte, das war eher gering. Deswegen waren wir auf der Suche nach besser geeigneten Mimetika."
    Exzessives Rotweintrinken reicht also nicht aus, um das Gehirn vor dem Verfall zu retten.
    Proteine gegen die Vergesslichkeit
    Erfolgreicher waren die Experimente mit Spermidin, einem Protein, dass besonders in Soja oder Weizenkeimen vorkommt. In einer Studie hat Agnes Flöel an 30 Probanden getestet, ob Spermidin tatsächlich einen Einfluss auf ihre Gedächtnisleistung hat. Alle Versuchsteilnehmer waren geistig gesund, hatten aber den subjektiven Eindruck, dass ihr Gedächtnis nachlasse. Drei Monate lang schluckten sie jeden Tag Spermidin in Kapselform. Dann mussten sie zum Gedächtnistest antreten.
    "Die bekommen 32 Gegenstände in dieser Aufgabe gezeigt. Dann gibt es eine Verzögerungszeit, wo man eben etwas vergessen soll, und dann werden diese Gegenstände nochmal gezeigt zusammen mit sehr ähnlichen Gegenständen. Das kann ein Entchen sein oder ein Apfel, der sich eben nur in der Tönung unterscheidet in einzelnen Details der Form. Und hier kann man sehr fein rausbekommen, ob Menschen eben noch so ungefähr erkennen, dass sie irgendwas schonmal gesehen haben oder ob sie sich wirklich noch an Details erinnern. Und das ist natürlich im Alltag eine ganz wichtige Funktion."
    In diesen sehr feinen Gedächtnistests konnte Agnes Flöel erste Hinweise auf Verbesserungen der Gedächtnisleistung sehen. Jetzt ist sie dabei, weitere Probanden für ihre großangelegte SmartAge-Studie an der Charité in Berlin zu rekrutieren. Wirklich heilbar wird Demenz jedoch wohl auch durch diese Nahrungsergänzungsmittel nicht werden.
    "Es geht eher darum, aus so einer Erkrankung, die sich aus vielen Ursachen zusammensetzt, der Genetik, dem Alter, aber auch vielen Lebensstilfaktoren, das man hier den Beginn der Erkrankung nach hinten verschiebt. Und es ist klar, wenn man ihn 20 Jahre nach hinten verschiebt, dass man ihn dann wahrscheinlich nicht mehr erlebt. Dann hat man das nicht komplett geheilt, aber man hat den Ausbruch verhindert."