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Erneuerbare Energien
Neuer Speicher für Energie aus Windkraftwerken

Wenn Stromnetze bereits ausgelastet sind, müssen Windkraftanlagen abgeschaltet werden. Denn zusätzlichen Strom können die Netze nicht mehr aufnehmen. Wissenschaftler aus Österreich haben jetzt ein hydraulisches System entwickelt, das Windenergie zwischenspeichern kann.

Von Thomas Gith | 19.11.2013
    Windenergie soll dann geerntet werden, wenn sie vorhanden ist. Ins Netz eingespeist wird sie aber erst, wenn der Bedarf da ist. Das ist die Idee hinter dem hydraulischen Speicher, den Forscher der Universität Innsbruck entwickelt haben. Der sogenannten Powertower sieht dabei aus wie ein senkrecht stehendes Rohr. In seinem Inneren wird der von Windkraftanlagen erzeugte Strom in mechanische Energie umgewandelt, sagt Valerie Neisch vom Arbeitsbereich Wasserbau.
    "Also der Powertower besteht aus einem hohlraumartigen Zylinder. Das kann ein Schacht sein, der in die Erde vorgetrieben wird oder auch eine Turmkonstruktion. Die wird mit Wasser gefüllt und in diesem Zylinder bewegt sich ein schwerer Auflastkolben auf und ab. Wenn wir Energie speichern wollen, dann pumpen wir diese schwere Auflast nach oben, dann haben wir einen gespeicherten Zustand. Und wenn wir die Energie wieder zurückgewinnen wollen, lassen wir die schwere Auflast unter der Schwerkraft absinken und treiben mit diesem Wasserstrom eine Turbine an."
    Die Turbine ist dabei an einen konventionellen Generator angeschlossen, der Strom erzeugt – Strom, der anschließend ins Netz eingespeist werden kann. In einem ersten Schritt aber wird die von den Windkraftanlagen erzeugte Energie genutzt, um eine Pumpe anzutreiben, die den Auflastkolben auf der Wassersäule nach oben presst. Der Kolben speichert also potenzielle Energie – dauerhaft und mit einem Wirkungsgrad von weit über 80 Prozent. Wird jetzt ein Ventil unten im Zylinder geöffnet, löst das einen Wasserstrom aus, der die Turbine antreibt. Das Wasser fließt anschließend über ein seitlich am Zylinder angebrachtes dünnes Rohr von oben in den Powertower nach. Der Wasserkreislauf ist also geschlossen.
    Nach dem Prinzip eines Pumpspeicherkraftwerks
    "Der erste Modellversuch, mit dem wir Erfahrungen gemacht haben, der war 2 Meter 20 hoch und einen guten halben Meter im Durchmesser. Der bestand aus Plexiglas, da konnte man auch schön sehen, wie der Kolben sich auf und ab bewegt und das war ein Stahlkolben, der hat eine Tonne gewogen. Dieser Modellversuch wurde mit einer kleinen, externen Pumpe realisiert, die man auch rückwärts laufen lassen kann und die dann auch als Turbine funktioniert."
    Die ganze Anlage ähnelt im Prinzip einem Pumpspeicherkraftwerk. Energiespeicherung und anschließende Stromerzeugung funktionieren dabei reibungslos. Um mit größeren Speichermengen zu arbeiten, haben die Forscher größere Zylinder gebaut: Darin bewegte sich auf einer Höhe von sechs Metern ein 40 Tonnen schweren Auflastkörper aus Beton, mit einem Durchmesser von rund 2 Meter 30. Auch dieser Test lief störungsfrei. Valerie Neisch.
    "Was man sagen kann ist, dass die doch sehr große Masse davon, 40 Tonnen, sehr ruhig auf und ab bewegt wird, ohne große Erschütterungen oder so, obwohl es ja schon eine sehr große Masse ist, die man da bewegen muss. Und das man vom Pumpbetrieb zum Turbinenbetrieb sehr schnell umschalten kann. Innerhalb von einer halben Minute oder so, kürzer, kann man hin- und her schalten."
    Schwankungen im Stromnetz könnte der Powertower also flexibel und zügig ausgleichen. Der hydraulische Energiespeicher scheint damit für die Praxis durchaus tauglich zu sein. Zumal er einen Gesamtwirkungsgrad von rund 80 Prozent hat. Und große Powertower verfügen zudem über ein enormes Speicherpotenzial. Zumindest, wenn ein schwerer Auflastkolben etwa aus Beton genutzt wird, der eine hohe Energiedichte im System ermöglicht.
    "Was wir eigentlich möchten ist, dass wir richtig große Powertower bauen. Wahrscheinlich eher in Schachtanlagen, da gibt es auch eine größere Akzeptanz in der Bevölkerung, wenn man das einfach gar nicht sieht, wenn das unter der Erde stattfindet diese Speicherung. Und unser Ziel wäre, dass wir Powertower bauen, die eine Megawattstunde speichern können. Die wären dann hundert Meter groß und hätten einen Durchmesser von ungefähr zehn Metern. Es kommt auch viel auf diese Schachtbohrtechniken an, wie kostengünstig die sind."
    Mehrere dieser Schächte könnten dann zu Clustern zusammengeschlossen werden – sodass sich die Speicherkapazität fast beliebig erhöhen lässt. Die Powertower ließen sich dann etwa in Windkraftparks an der Nordsee als Zwischenspeicher einsetzen. Hoher Wirkungsgrad und lange Lebensdauer könnten das Konzept attraktiver als etwa Batterien oder andere Speichertechnologien machen.