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Erst kommt die Säge, dann das Grün

Die Bundesgartenschau 2011 soll in Koblenz nicht auf der grünen Wiese entstehen, sondern direkt im Zentrum. An mehreren Orten soll die Stadt in neuer Gartenpracht erstrahlen und langfristig für Besucher attraktiver werden. Der Stadtrat hat dem Konzept zugestimmt, doch der Plan bleibt umstritten. Denn dem neuen soll zunächst viel altes Grün weichen.

Von Gerd Stuhlfauth | 20.06.2008
    Seit Wochen machen sie Druck, die Naturschützer. Vor dem Rathaus in der Koblenzer Innenstadt organisiert der "Bund für Umwelt und Naturschutz" (BUND) so genannte "Baumwachen". Fotos bereits abgesägter Bäume werden den Passanten präsentiert, Info-Zettel verteilt, Unterschriften gesammelt. Auf einem Transparent steht: "Die Buga kommt, die Bäume gehen":

    "Für Koblenz, das sind doch einige Bäume, die gefällt werden sollen. Und da bin ich nicht ganz mit einverstanden. Ich denke, die Kritik ist bestimmt berechtigt, weil wir sehr unaufmerksam waren im Vorfeld der Buga-Planung, denk ich. Irgendjemand muss ne Phobie gegen ausgewachsene Bäume haben, die werden alle abgeholzt."

    Der Unmut dieser Passanten hat nicht nur etwas mit den Planungen zur Bundesgartenschau zu tun. Seit langem üben Naturschützer Kritik. Zentraler Vorwurf: Straßen und Parkplätze hätten zu oft Vorrang vor Bäumen und Grünflächen. Der Koblenzer BUND-Vorsitzende Werner Huffer-Kilian:

    "Wir sind im Klimabündnis als Stadt drin. Hier geht es um das Thema Nachhaltigkeit und wir wollen, dass auch in Koblenz aktiv Klimaschutz gegen den Klimawandel, gegen die Erderwärmung betrieben wird."

    Und zwar gerade durch die BUGA. Auf dem Plateau der Festung Ehrenbreitstein soll eine Art Landschaftspark entstehen. Linksrheinisch entlang des Mosel- und Rheinufers sowie am Deutschen Eck wird vieles umgestaltet und prachtvoll erblühen. Beide Areale sollen durch eine Seilbahn über den Rhein hinweg verbunden werden.

    Der BUND rechnet vor: für einen der zentralen Bereiche der Bundesgartenschau - das Gelände rund um das Kurfürstliche Schloss - werde es trotz Neupflanzungen auch langfristig weniger Grünvolumen geben als heute. Minus zehn Prozent. Für die Naturschützer ein Unding.

    Diese Zahlenspiele weist die eigens für das Großereignis gegründete BUGA GmbH zurück. Geschäftsführer Hanspeter Faas verweist darauf, dass der Großteil der am Schloss schon gefällten oder zur Fällung anstehenden 132 Gehölze nur mindere Qualität hätten. Da
    seien etwa dürftige Robinien dabei:

    "Es sind Bäume, die nicht wirklich langfristig eine Überlebenschance haben. Und wenn ich mir überlege, dass ich einen solchen Baum ersetzen kann mit einer Linde, mit einer Platane, die bereits jetzt die gleiche Größe hat, und dann aber durch das Neupflanzen eine ganz andere Zukunftsperspektive hat, dann wird sich die Blattmasse nicht in dem Maße reduzieren, sondern ganz im Gegenteil, sie wird sich langfristig positiv entwickeln..."

    Dass einige Bäume für die Buga-Gestaltung weichen sollen, müsse man akzeptieren. Sagt die Vorsitzende des Koblenzer Naturschutzbeirates, Carmen Parrado:

    "Es hört meines Erachtens da auf, wo aus gestalterischen Gründen ein großer, alter, vitaler Baum fallen muss, nur weil dann eine Allee aus Linden dann nicht mehr so ist, wie der Planer sich das vorgestellt hat. Weil da jetzt eine Buche dazwischen steht oder so. Und dass die Buche dann weg muss, ist für mich nicht einsehbar."

    Geradezu empört sind die Naturschützer, dass für Bundesbeamte rund 300 Autoparkplätze am Schloss neu angelegt werden. Und das, obwohl in der Nähe eine Tiefgarage neu gebaut werden soll. Tiefgarage vergrößern, die oberirdischen Parkplätze aus der Planung streichen, so die Forderung. Hanspeter Faas von der BUGA GmbH schließt aber aus, dass die Stadt mit dem Bund in diesem Sinne nachverhandeln könne. Er verweist darauf, dass schließlich die Zahl der heute vorhandenen oberirdischen Parkflächen erheblich reduziert werde. Und dass weitere versiegelte Flächen in der Stadt begrünt werden:

    "Wenn man die Bundesgartenschau und was sie in der Stadt bewirkt, in der Gesamtheit betrachtet, dann bin ich überzeugt, dass diese Bundesgartenschau eben für die Stadtentwicklung auch ökologisch gesehen ein ganz klares positives Signal darstellt. Auch deshalb, weil zum Beispiel plötzlich Diskussionen entstehen, wie müssen Konzepte aussehen, um den Baum zum Beispiel auch in den Straßenraum reinzubringen."

    So gibt es inzwischen einen Begrünungsplan, der weit über 2011 hinausreicht. Den loben auch die Naturschützer. Und bleiben dennoch skeptisch.