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Erst Skepsis, dann Anerkennung

Die Öffnung der Bundeswehr für Frauen vor zehn Jahren war keine rein politische Entscheidung. Es bedurfte des Urteils des Europäischen Gerichtshofes, um die Bundesregierung zu diesem Schritt zu bewegen. Vor allem Soldaten fanden immer wieder Gründe, um die militärische Männerwelt zu erhalten.

Von Rolf Clement | 30.12.2010
    "Viele haben mich auch angerufen: Du bekommst jetzt einen neuen Kompaniechef. Ich sagte: Ja, ich weiß. Ja, aber dein Kompaniechef heißt mit Vornamen Ulrike. Es war dann schon sehr spannend, als sich das in der Kompanie verbreitet hat."

    Stabsfeldwebel Dirk Holtsträter ist Kompaniefeldwebel, also der Spieß der Nachschubkompanie im Logistikbataillon 7 in Augustdorf in Westfalen. Die Kameradin, über die er spricht, ist eine der ganz wenigen Frauen der ersten Stunde, die mittlerweile die Ebene der Kompaniechefs erreicht haben. Ulrike Wittig ist zum 1. Juli 2001 zur Bundeswehr gekommen, dem ersten Einstellungstermin für weibliche Offiziersanwärter für den Truppendienst, wie das im Bundeswehrdeutsch heißt. Unteroffiziersanwärterinnen wurden bereits zum 1. Januar 2001 eingestellt.

    Holtsträter gehört zu den Urgesteinen der Bundeswehr, zu denen, die sich erst daran gewöhnen mussten, dass Frauen in Uniform nicht mehr nur im Sanitätsbereich anzutreffen waren. Der Spieß einer anderen Kompanie hat zunächst Probleme mit den Frauen in seiner Einheit, aber er hat sich dann schnell mit der neuen Lage arrangiert, wie Gudrun Schattschneider, die zuständige Mitarbeiterin beim Bundeswehrverband berichtet:

    "Da hat mich eine Soldatin angerufen, die schwanger war, deren Spieß ihr nun befehlen wollte, dass sie während der gesamten Schwangerschaft die Uniform tragen musste. Ich habe der Soldatin dann gesagt, dass es eine Dienstvorschrift gibt, wonach sie von der Pflicht, die Uniform zu tragen, befreit werden muss. Das hat der Spieß der Soldatin nicht geglaubt. Ich habe dann mit dem Spieß noch mal telefoniert. Einige Monate später hat sich die Geschichte dann so aufgelöst, dass der Spieß sich bei mir für den Rat bedankt und ein Babyfoto geschickt hat."

    Vor zehn Jahren sind Frauen erstmals in den Truppendienst eingerückt, natürlich freiwillig, sie unterliegen nicht der allgemeinen Wehrpflicht. Bis dahin konnten sie nur in den Sanitätsdienst, bei der Militärmusik und bei den Sportfördergruppen eingestellt werden.

    Die Öffnung der Bundeswehr für Frauen vor zehn Jahren war keine rein politische Entscheidung. Es bedurfte des Urteils des Europäischen Gerichtshofes, um die Bundesregierung zu diesem Schritt zu bewegen. Vor allem Soldaten fanden immer wieder Gründe, um die militärische Männerwelt zu erhalten: Wie sollten die sanitären Anlagen für Frauen eingerichtet werden? Auf die Idee, einfach Pappschilder mit entsprechender Aufschrift an die Türen zu hängen, kamen die Verantwortlichen erst, als die Entscheidung für die Öffnung getroffen war.

    Andere trauten Frauen das militärische Handwerk nicht zu. Sie sollten keinen Waffendienst leisten. Es gab viele mehr oder weniger vorgeschobene Begründungen, um den Frauen den Zugang zur Bundeswehr zu versperren. So setzte sich der Bundeswehrverband für die Öffnung der Armee ein. Er hat die Klage vorangetrieben, wie sich der damalige Vorsitzende des Verbandes, Bernhard Gertz, erinnert:

    "Wir hatten ein Vorstandsmitglied, den leider mittlerweile verstorbenen Helmut Meier, der war Dezernatsleiter beim Nachwuchsgewinnungszentrum in Hannover. Und über dessen Tisch liefen nicht nur die Bewerbungen, sondern vor allem auch die Ablehnungen. Und es gab wesentlich mehr Ablehnungen, weil viele von ihnen keine Sanitätsvorausbildung hatten und deshalb ja nur Frauen eingestellt wurden, die diese aufwiesen. Und eine von den Abgewiesenen war Tanja Kreil, Elektronikerin von Beruf. Wir haben überlegt, dass wir jemanden bräuchten, der mit uns über das Verwaltungsgericht bis nach Luxemburg zieht."

    Und da kam die Elektronikerin gerade recht, die sich für eine Bewerbung bei der Bundeswehr erwärmen ließ.

    "Helmut Meier hat Tanja Kreis überzeugt, dass sie in die Geschichte eingehen kann der Bundeswehr und der Bundesrepublik Deutschland, wenn sie diesen Weg mit uns geht. Sie hat dann den Antrag gestellt, außerhalb des Sanitätsdienstes eingezogen zu werden. Der wurde prompt abgelehnt. Der Widerspruch gegen diese Entscheidung wurde zurückgewiesen. Dann sind wir mit ihr zum Verwaltungsgericht Hannover gegangen, haben Klage erhoben gegen die Ablehnung und haben Verweisung an den Europäischen Gerichtshof beantragt, weil wir der festen Überzeugung waren, dass diese Ablehnung und auch die Regelung des Artikel 12a, Absatz 4 Satz 2 des Grundgesetzes der europäischen Gleichstellungsrichtlinie von Mann und Frau widersprach. Und genau das hat ja dann etwa drei Jahre später der Europäische Gerichtshof im Sinne von Tanja Kreil beschlossen. Und daraufhin setzte dann in Deutschland der Prozess des Umdenkens ein."

    Dieses Umdenken dauerte in der Politik, trotz des jahrelangen Zögerns zuvor, nicht mehr lange. Sehr schnell setzte sich Verteidigungsminister Rudolf Scharping über die ihm vorgetragenen mehr oder weniger stichhaltigen Begründungen hinweg und teilte mit, dass er den Spruch des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg umsetzen würde.

    Doch diese Entscheidung warf viele Fragen auf: Wie weit sollte die Öffnung der Laufbahnen für Frauen gehen? Sind Frauen physisch und psychisch in der Lage, alle militärischen Aufgaben zu erfüllen? Auch aus der Bundeswehr kamen Bedenken, vor allem aus dem Heer: Zunächst diskutierte man vielsagend, ob Frauen in jene Elitetruppe "Kommando Spezialkräfte" aufgenommen werden könnten, das unter anderem zur Evakuierung festgesetzter deutscher Staatsbürger weltweit eingesetzt werden soll. Dann hieß es von Infanterie und Panzertruppe, dass Frauen für Kampfhandlungen jedenfalls nicht geeignet seien. Vor allem Zweifel an der körperlichen Leistungsfähigkeit spielten dabei eine Rolle.

    Die anderen Teilstreitkräfte zogen nach und versuchten ebenfalls, mit Gegenargumenten Barrikaden zu errichten: Die Marine wollte den Frauen den Zugang zu den Kampfschwimmern - der maritimen Elitetruppe - verweigern. Die Luftwaffe wehrte sich gegen Kameradinnen bei den damals neuen Sicherungsverbänden und in Kampfjets. Rudolf Scharping ließ sie reden, hörte sich das alles an und entschied dann:

    "Beispielsweise werden wir ab dem Jahr 2001 alle Laufbahnen und Verwendungen innerhalb der Bundeswehr für Frauen öffnen."

    Der Zugang der Frauen in die verschiedenen Laufbahnen der Bundeswehr sollten nur über die Qualifikationsmerkmale geregelt werden. Wenn eine Frau diese erfüllt, sollten ihnen alle Möglichkeiten offen stehen. Scharping entsprach damit einem Wunsch der Frauen, die sich für mehr Gleichberechtigung engagiert hatten. Sogar im Sport wollten die Frauen die bisher nur für Männer geltenden Normen auch für sich gelten lassen. Damals war Feldwebel Uta Paproth, eine Sanitätssoldatin, eine derer, die sich für Gleichbehandlung einsetzten:

    "Ganz einfaches Beispiel: Hammelburg, Vorausbildung für UN-Einsatz. Da steht ein kleiner Unteroffizier, der nicht mal so groß war wie ich, noch schmaler als ich, und hat den Jägerunteroffizier. So, jetzt erklären Sie mir: Wie hat er das gemacht?"

    Ein anderes Beispiel nannte der damalige Minister Scharping selbst:

    "Frau darf verletzten Kameraden aus dem Minenfeld nicht rausholen, weil Frau kann Mann nicht tragen, geht nicht. Gemeinsamer Einsatz, gemeinsame Leistungsfähigkeit, gemeinsame Kriterien zum Nachweis der Leistungsfähigkeit, völlig klar."

    Auch mit dem Dienst an der Waffe hatten die Frauen, die zur Bundeswehr gehen wollten, von Anfang an kein Problem.

    Das war in der Bundeswehr schnell akzeptiert. Denn dass es nicht ohne ging, war jedem klar - vor allem jenen Frauen, die sich für den Dienst in der Truppe beworben hatten.

    Damals kam Ulrike Wittig, die heute die Nachschubkompanie im westfälischen Augustdorf kommandiert, in die Bundeswehr. Sie erinnert sich:

    "Das war eine große Neugierde da, gepaart mit einer großen Unsicherheit, weil man nicht genau wusste, wie geht man damit richtig um? Aber das hat sich in den ersten Jahren dann auch relativ schnell gelegt."

    Heute heißt es in ihrer Kompanie über Ulrike Wittig: Sie kümmere sich intensiver um die persönlichen Belange der Soldaten. Sie spreche viel mit den Männern und Frauen und gehe auf deren Probleme doch deutlich einfühlsamer ein als ihre männlichen Vorgänger, berichten Soldaten, die auch die Zeit ohne Frauen in der Bundeswehr kennen.

    Ihre Kameradin, Oberleutnant Mandy Guthmann, ist als Flugsicherungskontrolloffizier - im Zivilen würde man Fluglotse sagen - auf dem Heeresfliegerhorst Fritzlar in Hessen. Dort starten und landen die ersten Kampfhubschrauber mit der Typenbezeichnung Tiger, noch in der Testphase - die Bundeswehr kann über die Hubschrauber noch nicht verfügen.

    Auch sie erinnert sich an die Anfänge vor zehn Jahren.

    "Die Fürsorge war halt sehr groß geschrieben, es wurde immer gefragt, ob alles recht ist und ob es irgendwelche Probleme gibt, ja, man wurde halt speziell angesprochen, obwohl die anderen Kameraden auch genau mit dabei saßen."

    Das bestätigen auch die Männer. Klar, damals hat man sich des vermeintlich schwachen Geschlechts angenommen, wollte den Frauen das Leben in der Männerdomäne erleichtern. Und die Piloten, die den Flughafen Fritzlar anfliegen, waren auch schon mal überrascht, wenn sie eine Frauenstimme durch das Funkgerät knattern hörten. Hauptmann Daniel Hecker erwartet klare Ansagen vom Flughafentower, aber dann:

    "Wenn diese Schwelle überschritten ist, denkt man schon darüber nach, dass die Stimme eine andere ist. Ich hab das als relativ angenehm empfunden, dass auch mal eine weibliche Stimme über das Funkgerät zu hören gewesen ist - und man kriegt dann tatsächlich bei anderen Flugzeugführern mit, dass die dann im Sprachgebrauch anders auch mit den Frauen über Funk umgehen. Ja, es wird die Sprache etwas deutlicher gesprochen. Wenn etwas nicht so richtig klar ist, dann wird das versucht, besser zu erklären, weil man das Vorurteil hegt, dass die Frau das nicht unbedingt sofort mitbekommt, was man gerne möchte, und dass dann der eine oder andere männliche Kamerad das Schäkern ein bisschen anfängt, das kann man nicht von der Hand weisen."

    Während draußen das Fluggerät zum nächsten Testflug abhebt, sitzt im Büro von Mandy Guthmann eine Runde aus vier männlichen und einem weiblichen Soldaten. Die Männer reden über Frauen in der Bundeswehr, Mandy Guthmann hört sich das an, offensichtlich amüsiert. Denn sie sieht heute keinen Unterschied mehr:

    "Wenn ich keine Uniform anhätte, wäre es wie in einer zivilen Firma auch."

    Oberleutnant Michael Seile sitzt ihr am Schreibtisch gegenüber, er ist zufrieden:

    "Es ist professionell ganz genauso wie früher auch. Früher konnte man mit einem Mann gut zusammenarbeiten, wenn man mit ihm generell gut zusammenarbeiten kann, mit den Frauen ist das ganz genau so."

    Gelegentlich hört man dann doch von allzu flott gemeinten Sprüchen, von plumpen Annäherungsversuchen. Aber für Mandy Guthmann ist das kein Problem:

    "Ich meine, ein Spruch, der kommt schon mal, aber entweder kontert man zurück oder man denkt sich seinen Teil, weil das ist im zivilen Leben auch so, wenn man über die Straße geht, da kommt dann auch mal nen Spruch oder so was, also, das ist nicht anders."

    Aber dann ist da doch noch etwas anders: Wo Frauen arbeiten, ist das Ambiente schöner. Auf der Fensterbank stehen Blumen, manchmal sogar ein Blumenstrauß auf dem Schreibtisch. Es hängen andere Bilder im Zimmer, und der Ton ist weniger rau geworden. Stabsfeldwebel Holtsträter:

    "Wenn Soldaten zusammen sind, ist schon manchmal ein rauer Ton da, das weiß man auch, ich glaube, das ist kein Geheimnis, und wenn Frauen dabei sind, ist es schon angenehmer. Die Soldaten halten sich bei vielen Dingen schon mal zurück, benutzen schon mal einen etwas anderen Sprachgebrauch, was ich aber auch als nicht mehr allzu junger Soldat als sehr angenehm empfinde und auch sehr gut damit leben kann."

    In den vergangenen zehn Jahren, in denen Frauen Zugang zu allen Laufbahnen bekamen, haben sie Karriere gemacht wie die Männer auch. Vor einem Jahr wurde mit Oberleutnant Anita Kalkofen die erste Frau Chefin einer Panzergrenadierkompanie, also einer Kampfkompanie. Andere sind mittlerweile dazu gekommen, Ulrike Wittig ist ein Beispiel. Eine Frau ist als Jet-Pilotin auf einem Kampfflugzeug eingesetzt - sie ist so oft interviewt worden, dass sie das jetzt nicht mehr will. Sie will einfach ihre Arbeit machen. Frauen sind in den Einsätzen, nicht nur als Sanitäterinnen. Sie gehen mit auf Patrouille und werden für jede Aufgabe eingesetzt.

    Befürchtungen, Frauen in Uniformen könnten in islamischen Staaten zu besonderen Zielen für Attacken werden, haben sich nicht bestätigt. Die Aufständischen in Afghanistan unterscheiden nicht, ob da eine Frau oder ein Mann in einer NATO-Uniform steckt. Aber manchmal haben Frauen einen anderen Zugang zu den afghanischen Frauen, von denen sie schon mal wertvolle Informationen erhalten. Unter den Gefallenen ist noch keine Frau, aber die Bundeswehr muss bereits weibliche Schwerverletzte beklagen.

    Von den Unteroffizieren, die 2001 bei der Bundeswehr angefangen haben, sind viele bereits wieder entlassen. Dort sind Verpflichtungszeiten unter zehn Jahren durchaus üblich. Hier macht sich auch bemerkbar, dass der Soldatenberuf mit seinen Dienstzeiten sowie Übungs- und Einsatzerfordernissen nicht gerade familienfreundlich ist. Viele haben die Bundeswehr wieder verlassen, weil sie eine Familie gründen wollten. Darauf hat die Bundeswehr reagiert. Und inzwischen sind die Frauen eigentlich sehr zufrieden mit dem, was ihr Dienstherr für die Vereinbarkeit von Familie und Dienst getan hat. Mandy Guthmann:

    "Die Bundeswehr bietet für Familien sehr viel an, man muss es dann halt auch nutzen, egal ob Mann oder Frau. Man muss sich halt informieren, was es gibt und kann das dementsprechend dann auch nutzen."

    Während die Frauen sich ganz gut aufgehoben sehen, spricht Gudrun Schattschneider vom Bundeswehrverband davon, dass die zehn Jahre eine erfolgreiche Phase für die Frauen waren, aber das müsse noch konsolidiert werden.

    "Insbesondere in den Bereichen Vereinbarkeit von Familie und Dienst sehen wir Nachsteuerungsbedarf, um junge, qualifizierte Frauen auch langfristig an die Streitkräfte zu binden, aber auch, wenn es um so kleine Bereiche geht, in denen besondere Belange von Frauen berücksichtigt werden müssen."

    Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat angekündigt, künftig Eltern-Kind-Zimmer in Kasernen einzurichten, eine Maßnahme, die bei den Frauen nicht nur auf Zustimmung trifft. Sie wollen ihre Kinder nicht in der Kaserne, sondern in einer anderen Betreuungseinrichtung sehen. Die Bundeswehr hat in den letzten zehn Jahren ein beachtliches Maß an Teilzeit- und Heimarbeitsplätzen geschaffen. 400 Anträge für Teilzeitarbeit sind allein 2008 gestellt worden. Dabei müssen diejenigen, die solche Arbeitsplätze annehmen, gelegentlich die Verpflichtung eingehen, dass sie zu Einsätzen ihres Verbandes ins Ausland mitgehen müssen. Solche Einsatzzeiten sind für die Soldatenfamilien immer problematisch.

    Es wurde ein Soldatengleichstellungsgesetz geschaffen, das Frauen dann den Vorrang gibt, wenn bei zwei Bewerbern für eine Stelle die Beurteilungen identisch sind. In der Praxis ist dieses Gesetz so gut wie bedeutungslos, zweimal haben Frauen sich darauf berufen. Manche Interessenvertreter haben den Verdacht, dass dieses Problem gar nicht erst entsteht, weil die Beurteilungen schon entsprechend geschrieben werden - da sollen dann Frauen eher schwächer beurteilt werden. Davon wollen die Frauen in der Truppe nichts wissen. Auch bei den Kollegen auf ihrer Ebene seien sie anerkannt, berichtet Ulrike Wittig, wenn sie auf den internen Umgang unter den Kompaniechefs in ihrem Bataillon angesprochen wird.

    "Also, ich bin, und ich denke, das kann ich mit Recht behaupten, akzeptiert und anerkannt, es ist ein sehr kameradschaftlicher Umgang, ohne dass ich jetzt das Gefühl habe, dass ich anders behandelt werde."

    Festzustellen ist auch, dass Frauen gelegentlich besonders hart sind, weil sie das Gefühl haben, sie könnten sich nicht anders durchsetzen. Diese Überkompensierung baut sich, so berichten Kenner der Szene, mit der Zeit ab, wenn die Frauen merken, dass sie anerkannt werden. Manche versuchen auch, die sogenannten weibliche Waffen verstärkt einzusetzen. Da rollen bei kritischen Personalgesprächen schon mal Tränen über die Wangen, da kokettieren manche mit männlichen Vorgesetzten. Solches Verhalten finden die anderen Frauen nicht originell. Sie klären das unter sich, ohne es an die große Glocke zu hängen. Aber das alles sind Ausnahmen - das Zusammenleben in der Truppe funktioniert weitgehend reibungslos.

    Zur Zeit dienen in der Bundeswehr rund 17.500 weibliche Soldaten, das sind etwas mehr als neun Prozent. Besonders stark sind die Frauen immer noch im Sanitätsdienst vertreten, rund 40 Prozent der Soldaten sind dort weiblich. Bei den Ärzten, die sich bewerben, liegt die Quote sogar bei 50 Prozent. Bei der Truppe dagegen dienen nur sechs Prozent Frauen. In den Eliteverbänden sind die Frauen gar nicht vertreten. Es gab zwar Bewerbungen, aber die Anforderungen waren denn doch zu hoch für die Frauen. Die Klägerin Tanja Kreil ist nach dem gewonnenen Prozess übrigens nicht zur Bundeswehr gegangen. Sie hatte während der dreijährigen Verfahrensdauer einen anderen Job angenommen. Alles in allem spricht Gudrun Schattschneider vom Bundeswehrverband von einer Erfolgsstory. Aber sie hat zwei Vorschläge, wie dieser Erfolg langfristig gesichert werden sollte. Zum ersten fordert sie eine wissenschaftliche Untersuchung:

    "Die Bundeswehr hat das am Anfang, also vor zehn Jahren sehr regelmäßig gemacht, indem sie das ihr zugeordnete sozialwissenschaftliche Institut der Bundeswehr beauftragt hat, Studien zu erheben. Leider wird derzeit an einer aktuellen Studie nicht gearbeitet. Hier sollte dringend nachgearbeitet werden."

    Zudem plädiert sie dafür, dass das Frauenthema doch in die Ausbildung der Vorgesetzten mit aufgenommen werden sollte:

    "Ich könnte mir vorstellen, dass ein halber Tag während der ganzen Ausbildung reichen würde, um einfach Aufmerksamkeit zu schaffen, um auf die Vorschriftenlage hinzuweisen, was zum Beispiel Mutterschutz anbelangt, was Bekleidungsvorschriften anbelangt, einfach, um eine gewisse Sensibilität zu wecken."

    Übrigens: Unter Aufmerksamkeit verstehen die Frauen nicht, was Ministergattin Stephanie zu Guttenberg ihnen bei ihrem vorweihnachtlichen Afghanistanbesuch anbot:

    "Mich interessieren die Menschen hinter dem Einsatz, die Menschen, die hier sind und dieses tagtägliche Hier-Leben, wie das Zusammenstehen und Zusammenarbeiten funktioniert, vielleicht auch mal, wo es nicht funktioniert, und vor allem natürlich auch ein Stück weit mit den Soldatinnen zu sprechen, das kann man wahrscheinlich manchmal von Frau zu Frau besser."

    Wenn die Mikrophone ausgeschaltet sind, schweigen die weiblichen Soldaten beredt, wenn sie auf diesen Besuch angesprochen werden. Wenn sie Probleme haben, wollen sie diese - wie die Männer in Uniform - dem Dienstherrn selbst kundtun, nicht seiner Ehefrau. Aber die Loyalität gegenüber dem Dienstherrn verbietet es ihnen, das öffentlich zu sagen.