Mittwoch, 24. April 2024

Archiv


Es brennt!

Umwelt. - Exakt zehn Jahre ist es her, dass das Kyoto-Protokoll zum Schutz des Weltklimas verabschiedet wurde. Während Vertreter aus aller Welt derzeit auf Bali um Nachfolgevereinbarungen ringen, treffen sich die Mitglieder der Amerikanischen Geophysikalischen Union in San Francisco und blicken aus ihrer Warte auf das Thema.

Von Dagmar Röhrlich | 11.12.2007
    2007 war ein Feuerjahr, jedenfalls für Kalifornien, wo die Waldbrände außer Kontrolle gerieten und Gouverneur Arnold Schwarzenegger den Notstand ausrief. Weitgehend unbemerkt von der Weltöffentlichkeit hatte es zuvor schon anderswo im Westen der USA heftig gebrannt. Solche Feuerjahre werden künftig immer häufiger werden, erklärt Penelope Morgan von der University of Idaho:

    "Seit 1980 beobachten wir einen Anstieg von Bränden in Wäldern und Buschland, und dieser Anstieg läuft parallel zu Veränderungen im Klima: Die Feuer häufen sich in Jahren mit einem warmen und trockenen Frühling und wenig Regen im Sommer. Dann herrschen lange Zeit gute Brandbedingungen."

    In einem Wald, der unter Trockenstress leidet, sterben durch die Dürre mehr Pflanzen ab und der Borkenkäfer hat leichtes Spiel. So sammelt sich viel totes Material an, das zu allem Überfluss auch noch sehr trocken ist und deshalb kaum verrottet. Damit finden die Flammen reichlich Nahrung.

    "Wir beginnen gerade zu begreifen, wie der Kimwandel das Feuer beeinflussen wird. Schon für die vergangenen 400 Jahre können wir nachweisen, dass die Brände in Jahren mit trockenem Frühjahr schwerer waren. Also wird der Klimawandel größere und gefährlichere Feuer bringen. Denn die Modellrechnungen sagen voraus, dass sich solche Wetterlagen häufen werden."

    Das gilt nicht nur für weite Bereiche der Vereinigten Staaten. Auch der Mittelmeerraum ist betroffen oder Teile Deutschlands. Waldbrände werden also immer mehr zum Problem werden. Dazu kommt – hüben wir drüben vom großen Teich – noch ein anderer Trend:

    "Immer mehr Menschen ziehen in ländliche Gebiete und besonders in die Nähe von Wäldern oder Buschland, also in Gegenden, die besonders feuergefährlich sind. Und weil die Pflanzen schneller wachsen, als sie in Dürrejahren zersetzt werden können, haben die Flammen heute mehr Brennstoff als früher."

    Verhindern lassen sich Waldbrände auf keinen Fall. Die Gesellschaft muss sich darauf einstellen, das heißt: beim Hausbau mehr Wert auf Brandschutz legen. Außerdem entwickeln Forstwissenschaftler ausgefeilte Feuer-Regimes – sprich: Pläne für künstlich gelegte, kontrollierbare Feuer, die den gefährlichen Zunder unschädlich machen:

    "Wenn wir das Feuer generell unterdrücken, wächst die Vegetation immer weiter. Überall da, wo die Zersetzung nicht Schritt halten kann, weil die Bedingungen zu trocken sind, akkumuliert die Biomasse, und der nächste Blitz entzündet ein Feuer, dass viel intensiver und schwieriger einzudämmen ist."

    Weil auch Kälte die Zersetzung der Biomasse behindert, nehmen durch den Klimawandel auch in den arktischen Regionen die Waldbrände zu. Dort hat die absterbende Vegetation im Lauf der Zeit eine dicke organische Schicht gebildet. Dieser spezielle Waldboden speichert ungeheure Mengen Kohlenstoff: Allein in Alaska und Kanada etwa 30 Milliarden Tonnen. Das ist etwa doppelt so viel wie in allen anderen Wäldern der Vereinigten Staaten zusammen. Diese organische Schicht isoliert außerdem den Permafrost gegen die warme Sommerluft, erklärt Eric Kasischke von der University of Maryland:

    "In Alaska und den arktischen Zonen Kanadas hat sich zwischen den 60er und 90er Jahren die jährlich verbrannte Fläche verdoppelt. Je trockener das Wetter vor dem Brand war und je später im Sommer sich der Wald entzündet, um so tiefer brennt das Feuer in die organische Lage hinein. Verbrennt sie komplett, setzt das nicht nur ungeheure Mengen an Kohlendioxid frei, die den Treibhauseffekt ankurbeln. Vielmehr taut auch der Permafrost ohne diese Isolierschicht auf. Und wo der Boden getaut ist, verändern sich die Ökosysteme."

    Ein neuer Waldtyp entsteht. In Alaska sind das dann keine Fichten mehr, sondern Birken, Espen und Büsche – und damit wird sich ein ganzes Ökosystem verändern. Was das für die Lebewesen darin bedeutet, lässt sich noch nicht abschätzen.