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"Es gibt den Blick nach vorne auf ein klares Ziel, das heißt Ministerpräsident"

Die rot-grüne Regierung in Düsseldorf sei "schnell und krachend" gescheitert, sagt Norbert Röttgen, CDU-Spitzenkandidat in Nordrhein-Westfalen. Abgesehen von einer Zusammenarbeit mit der Linkspartei sei er bei einem Wahlsieg für alle Koalitionen offen.

Norbert Röttgen im Gespräch mit Bettina Klein | 15.03.2012
    Bettina Klein: Drei Landtagswahlen also in diesem Jahr, statt wie bisher gedacht nur eine, nämlich neben Schleswig-Holstein wird nun auch noch im Saarland und, wie seit gestern klar, in Nordrhein-Westfalen ein neues Landesparlament gewählt. Und den Spitzenkandidaten für die CDU begrüße ich jetzt am Telefon, Bundesumweltminister Norbert Röttgen. Guten Morgen!

    Norbert Röttgen: Guten Morgen, Frau Klein.

    Klein: Herr Röttgen, eine unerwartete Neuwahl im bevölkerungsreichsten Bundesland, bei der die Umfragen für Rot-Grün sprechen. Das kann Sie nicht restlos erfreuen?

    Röttgen: Doch, es erfreut mich, denn erst mal ist Rot-Grün gescheitert, und zwar so schnell und krachend, wie bislang noch keine Regierung gescheitert ist. Sie ist an sich selber gescheitert, an der Verschuldungspolitik, für die sie das Vertrauen im Parlament verloren hat. Das war am Ende auch sehr unwürdig und unprofessionell. Und darüber jetzt die Bürger zu befragen, das ist genau im Interesse der CDU, denn das war immer unser Thema: solide Finanzen, Zukunft für unsere Kinder statt Leben und Politik auf Pump, und darüber wird jetzt der Wahlkampf geführt, und das ist sehr gut.

    Klein: Der Wahlkampf hat begonnen. – Mit wem, Herr Röttgen, hoffen Sie denn, eine Regierung bilden zu können?

    Röttgen: Wir arbeiten für die CDU und dafür, dass die CDU die stärkste Partei wird, erneut die stärkste Partei wird, und dann werden auch Koalitionsoptionen bei der stärksten Partei liegen.

    Klein: So weit, so klar. Die Bürger interessieren sich natürlich schon, welche Optionen Sie für sich sehen. Hoffen Sie auf eine Regierungsbildung mit der FDP, die laut Umfragen gar nicht mehr in den Landtag kommen wird?

    Röttgen: Nein. Es war immer meine Position, habe ich schon lange auch vertreten, dass in einem Fünf-Fraktionen-Parlament sich Regierungsbildungen ändern. Also wir haben jetzt den besonders unerfreulichen Fall einer Minderheitsregierung gehabt, die mit der Linkspartei ins Amt gekommen ist. Das werde ich sicherlich so nicht machen. Aber die Bürger entscheiden vielfältiger und dann haben die Fraktionen, die Parteien die Verantwortung, daraus stabile Mehrheiten zu bilden, und nun arbeiten, kämpfen wir dafür, dass die CDU möglichst stark wird, damit es eine stabile Regierung wird, und dann entscheiden die Bürger.

    Klein: Sie sind demnach offen, das halten wir fest, für Koalitionen mit anderen Parteien, zu denen SPD, Grüne und FDP gehören könnten?

    Röttgen: Das können Sie festhalten, genau.

    Klein: Wahlen in NRW, Herr Röttgen, haben nicht selten Signalwirkung und mancher hofft auch in Berlin auf ein Signal für Schwarz-Grün, gerade zwischen einem Umweltminister und der Partei Bündnis 90/Die Grünen. Die müssen sich ihre Hoffnungen auch noch nicht abschminken?

    Röttgen: Nein. Also wir leben zwar nicht von Hoffnungen, sondern wir arbeiten für unsere Ziele, und dann werden die Bürger befragt. Die Grünen waren allerdings in Nordrhein-Westfalen in diesen gut eineinhalb Jahren auch eine Enttäuschung. Die Grünen haben sich ja mal als Partei der Nachhaltigkeit definiert, das hat eine ökologische Dimension, aber es hat eben auch eine finanzielle und haushaltsmäßige. Da haben auch die Grünen versagt, das müssen sie jetzt rechtfertigen. Aber Ihre Ausgangsfrage stimmt: Die CDU möchte stärkste Partei werden und dann kommen die eben genannten Parteien als Koalitionspartner in Frage. Dazu zählen auch die Grünen und dann muss man ein vernünftiges Programm hinbekommen. Das ist auch möglich, wenn die Bürger erst mal entschieden haben.

    Klein: Herr Röttgen, viele erinnern sich in diesen Stunden an das Jahr 2005. Auch damals waren es Wahlen in Nordrhein-Westfalen, die das Ende einer Koalition im Bund eingeläutet haben, damals die des SPD-Kanzlers Gerhard Schröder. Sind für Sie solche Analogien komplett abwegig?

    Röttgen: Ja. Geschichte wiederholt sich nicht, es ist auch eine völlig andere Situation, denn in Wahrheit war ja Gerhard Schröder auch gescheitert und dann war das das auslösende Moment. Davon kann im Bund keine Rede sein.

    Klein: Aber wenn die FDP aus dem Landtag herausfällt in Düsseldorf, das wird keinerlei Auswirkungen für die Koalition im Bund haben? Das können Sie garantieren?

    Röttgen: Ja was heißt, das können sie garantieren? Es ist jedenfalls ein völlig anderer Fall. Wir haben eine stabile Regierung im Bund, wir haben eine extrem, äußerst erfolgreiche Kanzlerin, die die europäische Führungspersönlichkeit ist, also da stimmt nichts. Wir hatten bei Gerhard Schröder fünf Millionen Arbeitslose, wir haben jetzt einen fast schon historischen Tiefstand, jedenfalls seit der Wiedervereinigung, unter drei Millionen Arbeitslose, wir sind wettbewerbsfähig, also wir haben eine exzellente wirtschaftliche Lage, das war alles völlig anders bei Schröder, er war eben auch mit seiner Politik gescheitert.

    Klein: Herr Röttgen, verschiedene Kollegen haben sich schon versucht mit dieser Frage, ich werde das auch tun. Gehen Sie im Zweifel auch als Oppositionsführer in den Landtag von Nordrhein-Westfalen? Ist das Ihre politische Lebensplanung?

    Röttgen: Also wir haben bislang immer die Fragen nach und nach entschieden, und zwar immer gemeinsam mit der Partei, und jetzt haben wir eine klare Fokussierung auf den Wahlsieg, stärkste Partei zu werden und den Ministerpräsidenten zu stellen, und dann werden sich nach der Wahl alle anderen Fragen stellen und die werden ebenso klar und eindeutig dann beantwortet werden.

    Klein: Aber ist denn das überzeugend genug für den potenziellen CDU-Wähler in Nordrhein-Westfalen, der auf Sie bauen möchte, möglicherweise egal was kommt und das gerne vorher wissen würde?

    Röttgen: Ja. Ich glaube, dass die Leute, die wir gewinnen wollen, darauf bauen, dass wir die Regierung stellen, denn darum geht es doch bei der Auseinandersetzung, wer die Regierung stellt, wer Regierungschef wird. Ich glaube, das ist das, was die Menschen interessiert. Dass Journalisten auch noch andere Fragen stellen, ist völlig legitim, aber das sollte man nicht verwechseln.

    Klein: Aber das heißt, die Tür zurück nach Berlin im Falle einer Wahlniederlage bleibt für Sie offen?

    Röttgen: Nein, es gibt keine offenen Türen, sondern es gibt den Blick nach vorne auf ein klares Ziel, das heißt Ministerpräsident und Regierungsbildung in Nordrhein-Westfalen.

    Klein: Und die Kanzlerin kann sich darauf verlassen, dass ihr der Bundesumweltminister auf gar keinen Fall abhanden kommt?

    Röttgen: Nein, darauf kann sie sich nicht verlassen, denn Angela Merkel unterstützt ja uns in Nordrhein-Westfalen, auch mich persönlich bei diesem Ziel, Regierungschef, Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen zu werden. Das ist für die CDU in Deutschland natürlich von enormer Bedeutung.

    Klein: Aber nur dann, wenn Sie in Nordrhein-Westfalen gewinnen?

    Röttgen: Das stimmt.

    Klein: Norbert Röttgen war das, der Bundesumweltminister und Spitzenkandidat für die CDU in Nordrhein-Westfalen. Ich glaube, wir hatten gerade noch ein technisches Problem in der Leitung. Herzlichen Dank zunächst für das Gespräch, Herr Röttgen.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.