Donnerstag, 28. März 2024

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"Es hat sich doch gelohnt"

Im Rennen um den Titel einer Elite-Universität in Deutschland haben die TH Karlsruhe, die TU München und die Universität München heute den Zuschlag erhalten. Die ehemalige Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn hat in ihrer Amtszeit die Exzellenzinitiative auf den Weg gebracht. Sie betont, dass Spitzen- und Breitenförderung nicht als Gegensätze betrachtet werden sollten. Beides sei gleichermaßen notwendig.

Moderation: Kate Maleike | 13.10.2006
    Kate Maleike: Was hatte sich die SPD-Parteispitze nicht alles anhören müssen, als sie Anfang 2004 verkündete, mit etwa zehn Elite-Universitäten die deutschen Hochschulen wieder an die Weltspitze heranzuführen. Viele Bildungsexperten lehnten den Vorstoß ab; die damalige Vorsitzende der Kultusministerkonferenz Doris Ahnen etwa erteilte der Idee eine Absage; und auch von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft kam damals klare Ablehnung. Eine gute Breitenförderung sei wichtiger und der Begriff "Elite" schon gleich völlig fehl am Platze. Und so war die weitere Entwicklung der heutigen Exzellenzinitiative auch von viel Streiterei und Gezerre, auch zwischen Bund und Ländern, gekennzeichnet. Das "Netzwerk der Exzellenzen", wie die Sache zwischendurch auch mal hieß, drohte mehrfach zu zerplatzen und lag auf Eis. Mit dabei, und zwar an entscheidender Stelle, war Edelgard Bulmahn, die damalige Bundesministerin für Bildung und Forschung. Guten Tag, Frau Bulmahn.

    Edelgard Bulmahn: Guten Tag, Frau Maleike.

    Maleike: Ja, heute werden nun die ersten Gewinner bekannt gegeben in diesem doch so heftig diskutierten Wettbewerb. Was empfinden Sie?

    Bulmahn: Ich empfinde Befriedigung darüber, dass es gelungen ist. Und auch Befriedigung darüber, dass sich der Streit, die Auseinandersetzung, die Konflikte im Ergebnis doch gelohnt haben. Nicht nur, weil es gelungen ist, mit diesem Wettbewerb ja schon in den vergangenen Jahren wirklich eine erhebliche Wirkung zu erreichen, sondern weil es auch gelungen ist, dass einfach die Leistungsfähigkeit der Universitäten, die Zukunft der Universitäten endlich auch in den Mittelpunkt einer größeren öffentlichen Debatte gerückt worden ist. Auch das ist ja ein Ergebnis dieses Wettbewerbes.

    Maleike: Aber wird es nicht auch so was wie "ich bin dabei" und "ich bin nicht dabei" geben? Also, sagen wir mal: die Universitäten ersten und zweiten Ranges?

    Bulmahn: Nein, ich glaube nicht, weil ich die ganze Diskussion für falsch halte, Spitzenförderung und Breitenförderung als Gegensätze zu betrachten. Ich habe immer dafür mich eingesetzt und dafür gekämpft, dass beides notwendig ist, dass wir eine gute Breitenförderung haben für die Universitäten - und dafür habe ich ja als Ministerin auch eine Menge gemacht durch das Hochschulwissenschaftsprogramm zum Beispiel, aber auch durch die Verstärkung der Forschung an den Hochschulen - und der Vorschlag - ich will nur daran erinnern - beinhaltete ja auch auf der einen Seite die Förderung von Spitzen - zehn Universitäten war der Vorschlag -, auf der anderen Seite, der zweite Teil des Vorschlages bedeutete ja auch eine sechsprozentige Erhöhung jährlich der Mittel für die Deutsche Forschungsgemeinschaft, um damit auch noch mal die Breite zu unterstützen. Und deshalb sage ich ausdrücklich: Man braucht beides. Man darf weder das eine noch das andere vernachlässigen.

    Maleike: Die Exzellenz- ist ja eine Initiative von Bund und Ländern. Diese Woche kam die Meldung, dass wohl auch der Hochschulpakt, also eine weitere Initiative von Bund und Ländern, möglicherweise schon besiegelt ist, oder so gut wie. Damit soll ja sozusagen der kommende Studentenansturm auch finanziell abgefedert werden, der Bund will da helfen. Durch die Föderalismusreform dürfen aber ja diese Gemeinschaftsaktionen eher selten werden. Bedauern Sie das auch?

    Bulmahn: Also wir haben ja in der Föderalismusreform noch durchsetzen können, dass gegenüber den ursprünglichen Vorstellungen einiger Länder - vor allen Dingen CDU-regierter Länder - der Bund die Hochschulen auch weiterhin fördern darf und kann. Das war mir persönlich ja ein ganz wichtiges Anliegen. Sie wissen, dass das auch ein sehr heftiger Streit war. Wir haben das durchgesetzt. Von daher sind eigentlich die Förderungsmöglichkeiten des Bundes für die Hochschulen jetzt sogar besser, als sie teilweise vorher waren. Das muss man aber nutzen. Und ich sage ausdrücklich: Das werden wir in den nächsten Jahren auch sehr stark nutzen müssen. Das, was jetzt vereinbart worden ist, ist ein erster Schritt, das wird aber bei weitem nicht ausreichen. Es ersetzt ja zu einem erheblichen Teil nur das jetzt schon auslaufende Hochschulwissenschaftsprogramm - Sie wissen, dass das in diesem Jahr ausläuft. Es war dringend notwendig, dass es ein Nachfolgeprogramm gibt. Das wird mit dem Hochschulpakt sicherlich gewährleistet sein. Aber wir brauchen angesichts der Notwendigkeit, doch erheblich mehr jüngeren Menschen an den Hochschulen eine sehr gute Ausbildung zu ermöglichen, einfach deutlich mehr. Und deshalb betrachte ich den Hochschulpakt als einen ersten wichtigen Schritt, aber es wird noch mehr notwendig sein.

    Maleike: Der Generalsekretär des DAAD, Dr. Christian Bode, fordert eigentlich, dass man auch eine Exzellenzinitiative speziell für die Lehre nun auflegen müsste, weil eben Forschung und Lehre zwei gleichberechtigte Beine an der Hochschule sein sollten in Deutschland. Würden Sie das unterstützen?

    Bulmahn: Ich unterstütze das. Das war ja auch ursprünglich Bestandteil meines Konzeptes, das ich damals vorgestellt hatte. Das ist leider am Widerstand der Länder gescheitert. Aber ich sage ausdrücklich: Forschung und Lehre sind die wesentlichen Aufgaben einer Hochschule. Und deshalb halte ich es für notwendig, dass man eben auch die Anstrengung in der Lehre durchführt. Aber wenn jetzt dieses von mehreren Organisationen gefördert wird und gefordert wird, wird mich freuen, wenn es auch von der HRK, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft entsprechend unterstützt wird. Es gibt ja vielleicht eine Chance, das jetzt dann in einem zweiten Schritt auch noch zu tun.

    Maleike: Frau Bulmahn, an so einem Tag wie heute, vermissen Sie da Ihr Amt?

    Bulmahn: Ich bin sicherlich mit Herz und Seele Forschungsministerin und Bildungsministerin gewesen. Aber nicht mehr in einem Amt zu sein heißt ja nicht, dass man sich nicht mehr für das Thema interessiert. Und auch in meiner jetzigen Funktion und Aufgabe - Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses - spüre ich und erlebe ich natürlich täglich, dass das Thema Forschung, Qualifikation, Ausbildung natürlich das entscheidende Thema ist auch für die gesamte Wirtschaftspolitik, für die Frage, ob wir in Deutschland eben auch in Zukunft Menschen eine Perspektive geben können, Menschen eine Perspektive sehen. Und deshalb bleibt es auch weiterhin durchaus noch für mich ein ganz wichtiges Thema.

    Maleike: Für Sie weiterhin alles Gute und Danke schön, dass Sie heute Zeit für uns hatten. In "Campus und Karriere" war das Edelgard Bulmahn, die frühere Bundesministerin für Bildung und Forschung.