Dienstag, 23. April 2024

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"Es ist eine Diskussion über das CDU-Programm"

Nach dem Kanzlerduell zwischen Bundeskanzler Schröder und Unions-Kandidatin Merkel hat Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) kritisiert, dass Schröder in seinem Abschlusswort nicht auf das Problem der Arbeitslosigkeit eingegangen sei. Frau Merkel habe deutlich gemacht, dass die Auseinandersetzung zwischen den Kandidaten auf Augenhöhe stattfinde. Die Deutschen wüssten gar nicht, was im SPD-Programm stehe, sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk.

Moderatio: Friedbert Meurer | 05.09.2005
    Friedbert Meurer: Auf der anderen Leitung hat mitgehört der hessische Ministerpräsident Roland Koch von der CDU. Guten Morgen Herr Koch!

    Roland Koch: Guten Morgen!

    Meurer: Herr Koch, alle großen Meinungsforschungsinstitute sehen Gerhard Schröder vorne, mit mindestens 15 Punkten jeweils. Können Sie da tatsächlich sagen, dass Angela Merkel das Duell gewonnen hat?

    Koch: Ich glaube, wie, wie es auch in Amerika größere Erfahrungen mit solchen Duellen gibt, dass es sicherlich noch spannend wird, was in den nächsten zwei Tagen auch in den Meinungsumfragen passiert. Viele, mit denen in der kurzen Zeit zwischen Nacht und Morgen jemand wie ich sprechen kann, haben einen ganz anderen Eindruck. Deshalb muss man trotzdem mit den Umfragen leben.
    Ich glaube, dass Angela Merkel für jeden, unabhängig was das Ergebnis am Ende gesagt hat, deutlich gemacht hat, da findet etwas auf Augenhöhe statt. Beide können das! Und das war ja eine Diskussion, die es durchaus in der Vergangenheit gab: na ja, wie wird Frau Merkel gegen den Medienkanzler abschneiden. Er wird in seiner Art, wie er auch mit schauspielerischer Leistung durchaus das eine oder andere überbrücken kann, nach wie vor viele Menschen faszinieren, aber wir wissen ja, dass es am Ende einen deutlichen Unterschied zwischen der Frage gibt, welche Person würde ich alleine wählen – da hat immer der Amtsinhaber einen Vorteil, selbst in schwierigen Situationen – und welche Partei würde ich wählen. Dafür ist diese Tatsache, Augenhöhe erreicht zu haben, schlagfertig zu sein, sich vorstellen zu können, wie Angela Merkel auch eine solche Aufgabe meistert, für uns sehr wichtig. Ich glaube deshalb, dass sie den Trend zu sagen, es braucht einen Wechsel in Deutschland, nicht aufhalten wird.

    Meurer: Hätten Sie sich Frau Merkel etwas streitlustiger und aggressiver gewünscht?

    Koch: Nein. Ich glaube, dass viele ja gestern Abend auch gesagt haben, dass Angela Merkel eher lockerer war als in anderen Auseinandersetzungen. Sie muss dort ihren Weg finden und ich glaube, dass sie ganz klar auch für sich zurecht entschieden hat, dass es keinen Sinn macht, fixiert auf den Kanzler an dieser Stelle noch mal zu beweisen, dass er da und dort gescheitert ist. Wir haben immerhin eine Wahlsituation, in der der deutsche Bundestag aufgelöst worden ist, weil der Kanzler keine eigene Mehrheit mehr im Rahmen seiner Partei und seiner Fraktion finden konnte. Das wissen die Menschen. Also man muss nicht immer ganz vorne anfangen in dieser Diskussion und es ist eben in diesem Wahlkampf so und es war auch gestern Abend so: es ist eine Diskussion über das CDU-Programm. Die Deutschen wissen ja gar nicht, was im SPD-Programm steht. Woher sollen sie das auch wissen? Kein Journalist beschäftigt sich damit. Die SPD redet auch nicht darüber. Die SPD führt einen Wahlkampf, als regiere schon seit Jahren die CDU und es müsse nun mal deren Politik kritisiert werden. Es hat sich alles in Deutschland darauf fokussiert, nachdem die Menschen unzufrieden sind mit dem, was ist, gibt es eigentlich nur eine Alternative, über die man nachdenken muss, ob man es ändern kann. Das ist das gesamte Klima des Wahlkampfs und das ist ja sehr eindrucksvoll auch gestern Abend deutlich geworden.

    Meurer: Es war ja fast noch mehr eine Diskussion über das Paul-Kirchhof-Programm. Entwickelt sich Kirchhof doch ein bisschen zum Bumerang für die CDU?

    Koch: Nein, überhaupt nicht. Natürlich ist jetzt sehr, sehr stark eine inhaltliche Diskussion, die sich ja aus der Sicht der Union und aus der Sicht der Mehrheit der Wählerinnen und Wähler um eine Frage wie Arbeit, Beschäftigung und Wachstum drehen muss. Übrigens ein Punkt, der nicht nur in dem Duell, der Diskussion insgesamt zu kurz kam, sondern was ich viel wichtiger Fand: die doch wohl vorbereiteten Schlussworte. Die haben die beiden sich ja nicht ausgedacht, als die Sendung zu Ende ging. Bei dem Bundeskanzler mit seinen drei Schwerpunkten Sozialversicherung, Ökologie und Außenpolitik. Dass er tatsächlich sozusagen den "Mut" hat, den Menschen ein Angebot zu machen, das den wichtigsten Punkt, den die deutsche Politik in diesem und in den nächsten Jahren haben wird, gar nicht angesprochen hat, das ist schon ungewöhnlich. Und in dem Unionsprogramm: vieles personifiziert sich gern. Viele Menschen reiben sich jetzt an Paul Kirchhof. Meine Erfahrung ist, Dass die Leute sagen, endlich habt ihr mal den Mut, auch so jemand hineinzulassen. Es gibt genug Verkrustung in Deutschland und es gibt genug Diskussionsverbote. Er belebt die Debatte. Der zeigt, Dass auch das, was das Wahlprogramm der CDU beinhaltet und was wir im Januar 2007 ja mit den Steuerreformen umsetzen wollen, mit Kirchhof gemeinsam unter seiner Führung, tatsächlich so ist.

    Meurer: Aber hat denn die Union wirklich den Mut, sich auf Kirchhof einzulassen? Es wirkt doch so, als wollten sie das auf die lange Bank schieben.

    Koch: Das scheint mir ein bisschen eine durchaus auch mit Hilfe der Journalisten unfaire Diskussion zu sein. Keine Partei wird am Ende reinrassig das Programm eines Professors übernehmen, aber wir haben zunächst einmal ein Testat eines Professors, Dass das, was unser Parteiprogramm ist, und das, was wir deshalb in den nächsten vier Jahren umsetzen werden in Deutschland, so gut ist, Dass er deshalb zu uns kommt und wenn man so will den Elfenbeinturm der Wissenschaft verlässt und in die praktische Politik hinein geht und sagt das, was die CDU in ihrem Wahlprogramm zugesagt hat, ist so gut, Dass ich es machen will. Er hat dann hinzugefügt, ich b leibe doch nicht dann in einer Situation, Dass ich alles vergesse, was ich bisher getan habe. Ich will mit der CDU auch über mein Modell diskutieren und da haben viele in der CDU gesagt, darüber wollen wir auch diskutieren, aber wir übernehmen heute überhaupt nicht das Kirchhof-Modell aus Regierungsprogramm der CDU. Der Kirchhof ist als Person ausgezeichnet. Er wird in dieser Fähigkeit, die er hat, das CDU-Wahlprogramm verwirklichen und er wird an der Diskussion um das nächste Wahlprogramm sehr aktiv teilnehmen. Da spricht vieles dafür, das geht dann in Richtung Kirchhof, aber da wird man auch manche Kompromisse machen und die werden wir in den nächsten Jahren diskutieren, weil wir haben ja nicht die Absicht aufzuhören. Vielleicht bleibt es ja auch so, Dass die wirklich intellektuelle Diskussion, wo die Zukunftsfragen in Deutschland sind, in den Reihen der CDU/CSU stattfindet, wie das im Augenblick der Fall ist. Das ist prima! Da haben wir überhaupt nichts dagegen.

    Meurer: Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) zum Fernsehduell gestern Abend zwischen Bundeskanzler Gerhard Schröder und seiner Herausforderin Angela Merkel. Herr Koch, besten Dank und auf Wiederhören!

    Koch: Ich danke Ihnen. Auf Wiederhören!