Jürgen Liminski: Der Bruch der schwarz-roten Koalition in Schleswig-Holstein mag lokale und regionale Gründe haben und sicher spielen auch persönliche Animositäten eine Rolle, aber angesichts des nahenden Wahltermins im Bund und der Spannungen in der Großen Koalition in Berlin nimmt es nicht Wunder, dass hier und da Parallelen gezogen werden. Wie stichhaltig sind Sie und vor allem, bedeutet Kiel das Ende des Modells Große Koalition? Wo sind die programmatischen Unterschiede zwischen Rot und Schwarz? Zu diesen und anderen Fragen begrüße ich am Telefon Dieter Althaus, den Ministerpräsidenten des Freistaats Thüringen. Guten Morgen, Herr Althaus!
Dieter Althaus: Guten Morgen, Herr Liminski!
Liminski: Herr Althaus, in den nächsten acht oder 48 Stunden wird der Landtag von Kiel aufgelöst, die Große Koalition im Norden ist damit am Ende. Ist das auch das Ende eines politischen Modells, von dem man gehofft hatte, dass es aufgrund großer Mehrheiten auch große Reformen stemmen würde?
Althaus: Also es ist jetzt im Konkreten natürlich das Ende der Großen Koalition in Schleswig-Holstein, aber es beweist sich wieder einmal, dass eine Große Koalition nur in Notsituationen eine bestimmte Zeit zusammenhalten und zusammenarbeiten kann, und es zeigt sich auch, dass wenn das Vertrauen, im Besonderen jetzt von der SPD, nicht dauerhaft gegeben wird, dass dann eine solche Große Koalition auch frühzeitig endet.
Liminski: Ein großer deutscher Reformer, der Freiherr vom Stein, meinte, wer Reformen durchführen will, muss die Köpfe wechseln. Liegt es am Modell oder an den handelnden Personen, konkret, was in Kiel nicht oder nicht mehr funktioniert, kann in Berlin oder vielleicht auch in Erfurt durchaus Bestand haben?
Althaus: Also es liegt immer auch an den Köpfen, aber es liegt auch an den Grundpositionen der beiden Volksparteien, die sind weit auseinander. Und in Schleswig-Holstein hat sich gezeigt, dass wenn im Besonderen dort die SPD immer opportunistisch und populistisch vorgeht, wenn sie bestimmte gemeinsam getroffene Entscheidungen nach außen nicht vertreten will, weil sie wohl schwierig zu vertreten sind, dann ist natürlich eine solche Große Koalition noch schwieriger über eine Wahlperiode durchzuhalten. Insgesamt muss man aber die klaren parteipolitischen und auch inhaltspolitischen Unterschiede zwischen Union und SPD immer wieder benennen, damit die Wählerinnen auch wissen, die Wählerinnen und Wähler, dass hier diese Unterschiede existieren und dass Große Koalitionen nur bestimmte Kompromisse treffen können für eine bestimmte Zeit, um diese Unterschiede beiseite zu legen oder aber, um Gemeinsamkeiten zu entwickeln.
Liminski: Zu den Grundpositionen, die so weit auseinanderliegen, wie Sie sagen, kommen wir gleich, vielleicht vorher noch eine andere Frage: Halten Sie eine Neuauflage der Großen Koalition in Berlin für möglich, wenn es für Schwarz-Geld nicht reicht? Sie müssen jetzt natürlich sagen, es wird reichen, aber gehen wir doch mal von der Hypothese aus?
Althaus: Also wir werden alles dafür tun, dass wir zu einem Wechsel kommen, das heißt, dass am Ende Union und FDP in der nächsten Legislaturperiode gemeinsam unter der Kanzlerin Angela Merkel Deutschland führen. Wenn das nicht reichen sollte, dann muss natürlich wiederum der Weg zu einer Großen Koalition gesucht werden, dazu hat Angela Merkel in den letzten knapp vier Jahren eine sehr gute Vorleistung erbracht. Aber unser Ziel bleibt es natürlich, dass wir eine klare Perspektive mit einer Unions-FDP-Regierung wollen, weil einige wichtige Reformen auf der Tagesordnung stehen, die wir nur dann umsetzen können.
Liminski: Welche wichtigen Reformen sind das?
Althaus: Da ist zum Beispiel die klare Aussage für die Steuerpolitik. Wir wissen, dass natürlich gerade jetzt in der Krise steuerpolitische Aussagen schwierig sind, aber wir bleiben dabei, wir brauchen eine generelle Entlastung, gerade im Mittelstand und in der Mittelstand, das ist mit der SPD nicht zu machen. Sie schauen immer auf die sogenannten Großverdiener und wollen die Steuersätze eher nach oben schrauben. Zweites großes Thema: Familienpolitik. Wir vertrauen den Eltern, wir wollen, dass Eltern unterstützt werden und dass gleichzeitig Betreuungsangebote ausgebaut werden, aber dass Eltern selbst entscheiden. Und drittes Gebiet, das betrifft im Besonderen die Länder, aber es betrifft auch die SPD generell, die Bildungspolitik, wo die SPD auf Einheitssysteme statt auf Differenzierung und auf Wettbewerb setzt. Und man kann auch den großen Bereich der politischen Grundausrichtung nennen, der Umgang mit der Linkspartei ist bei der SPD vollkommen offen. Es gibt immer dann, wenn es die Möglichkeit gibt, Koalitionen auf Landesebene mit der Linkspartei, gleichzeitig wird sie aber auch als Protestpartei eingestuft. Und dieser Umgang zeigt, dass am Ende die SPD kein verlässlicher Partner ist, wenn es darum geht, die Linkspartei klar zu bekämpfen und auch klar den Wählerinnen und Wählern zu sagen, die Linkspartei ist keine lebbare Alternative in einer Demokratie.
Liminski: Im Rückblick auf die letzten dreieinhalb Jahre könnte man im Bund sagen, Union und SPD sind kompromissfähig gewesen, ja so kompromissfähig bis zur Austauschbarkeit. Wo sehen Sie denn heute die programmatischen Unterschiede? Sie haben eben einige genannt, aber die sind ja sozusagen mit der Zukunft. Im Rückblick gab es eigentlich keine.
Althaus: Es gab auch natürlich Konflikte, aber es ist gelungen, gerade unter der guten und weitsichtigen Führung unserer Kanzlerin Angela Merkel, dass solche Konflikte beigelegt werden konnten, dass wir Kompromisse finden konnten für schwierige Situationen. Das lag sicher auch an den beteiligten Partnern. Aber die offenen Fragen, die sich gestellt haben, bleiben natürlich offen und müssen in der nächsten Legislaturperiode gelöst werden. Beispiel bleibt Familienpolitik - wir wollen, nachdem wir in Thüringen ja auch mit dem Thüringer Erziehungsgeld ein Beispiel gesetzt haben, auch auf Bundesebene das Betreuungsgeld einführen. Ebenso gilt es, die offenen Fragen in der Steuerpolitik zu lösen. Und dritter Bereich ist die generelle Ausrichtung unseres Staates, wir wollen, dass die soziale Marktwirtschaft jetzt im 21. Jahrhundert ihre dritte große Bewährungsprobe bestehen kann, nämlich in der globalisierten Ordnung, in den Grundüberzeugung der sozialen Marktwirtschaft auch die Grundüberzeugung für die globalisierte Welt zu sehen.
Liminski: Herr Althaus, das ist natürlich eine Wahlkampfrede, die Sie da gerade sozusagen schwingen, das ist auch unbenommen, aber wenn ich das Beispiel Familienpolitik nehme, das Sie gerade genannt haben, da kann man doch sagen, in diesem Bereich wurde von der CDU-Ministerin bis jetzt vor allem SPD-Politik gemacht. In Thüringen sieht es anders aus, da haben Sie politisches Profil bewiesen mit einer landeseigenen Familienpolitik. Sehen Sie Ihre Familienpolitik aus Thüringen jetzt als Modell für den Bund?
Althaus: Ja, auf jeden Fall. Wir haben es erreicht, dass auf unserem Bundesparteitag das Thema Betreuungsgeld in der Programmatik verankert werden konnte und damit die Konzentration auf die Verantwortung der Familien gestärkt wird. Wir wollen nicht, dass der Staat vorschreibt, was Familien zu tun haben, sondern im Gegenteil, wir wollen, dass Familien diese Verantwortung wahrnehmen. Da kann man von Thüringen auch lernen, und wir wollen dieses Modell auch in der Union in anderen Ländern mit einbringen, aber vor allen Dingen auch als generelle bundespolitische Leitlinie weiter stärken.
Liminski: Sie sagen häufig, wir wollen, wir werden - sind diese Unterschiede für die Zukunft nicht nur der heranrückenden Wahl geschuldet? Im Wahlkampf müssen Parteien ja ihr Profil immer schärfen.
Althaus: Sicher muss jetzt stärker profiliert, diskutiert werden, aber es ist auch sicher wichtig, dass wir generell in der politischen Alltagsdebatte und auch in der politischen Festlegung deutlich machen, dass es diese politischen Unterschiede gibt, denn die Wählerinnen und Wähler haben ein Recht und haben auch die Pflicht, in Demokratie zu entscheiden. Und entscheiden muss man an Unterschieden orientiert.
Liminski: Ist Profil nicht auch eine Frage der Glaubwürdigkeit? Wirtschaftsminister Guttenberg ist ja auch deshalb so plötzlich beliebt, weil er ordnungspolitisch Rückgrat zeigt - Stichwort Quelle und Opel -, das ist bei den Kollegen Seehofer, Koch, Wulff nicht so deutlich, um es mal so zu sagen.
Althaus: Also die persönliche Überzeugung und die inhaltliche Aussage müssen übereinstimmen, das heißt dann Profilierung, das heißt dann auch profilierter Politiker oder profilierte Politikerin. Insofern ist es ganz wichtig, gerade weil die Themen immer komplizierter werden, auch die Antworten auf die Themen komplizierter werden, dass wir profilierte Politikerinnen und Politiker haben, die durch ihre Glaubwürdigkeit für Positionen stehen und auch für diese Positionen gewählt werden.
Liminski: Der Historiker Michael Stürmer hat uns vor einer halben Stunde gesagt, dass es heute in einer globalisierten Welt vor allem Persönlichkeiten seien, die das Volk und die Wähler überzeugten, weniger die Programme. Nun stimmt das sicher für Frankreich und auch für die USA, stimmt es auch für Deutschland?
Althaus: Es stimmt, denke ich, im Blick auf die Komplexität des politischen Alltags, der zu gestaltenden Aufgaben auf jeden Fall, wobei ich gerne sagen würde, diese Person - ein Mann, eine Frau, eine Politikerin, ein Politiker - muss natürlich Programmatik auch verkörpern, Programmatik anwenden. Wenn das also zusammenfällt, eine überzeugende Persönlichkeit und ein überzeugendes Programm, dann ist das ideale Konstellation in der Demokratie.
Liminski: Profil, Programme, Persönlichkeiten und Parteien und warum Kiel kein Beispiel für den Bund ist - das war Dieter Althaus, der Ministerpräsident des Freistaats Thüringen. Besten Dank für das Gespräch, Herr Althaus!
Althaus: Ja, ich bedanke mich auch!
Dieter Althaus: Guten Morgen, Herr Liminski!
Liminski: Herr Althaus, in den nächsten acht oder 48 Stunden wird der Landtag von Kiel aufgelöst, die Große Koalition im Norden ist damit am Ende. Ist das auch das Ende eines politischen Modells, von dem man gehofft hatte, dass es aufgrund großer Mehrheiten auch große Reformen stemmen würde?
Althaus: Also es ist jetzt im Konkreten natürlich das Ende der Großen Koalition in Schleswig-Holstein, aber es beweist sich wieder einmal, dass eine Große Koalition nur in Notsituationen eine bestimmte Zeit zusammenhalten und zusammenarbeiten kann, und es zeigt sich auch, dass wenn das Vertrauen, im Besonderen jetzt von der SPD, nicht dauerhaft gegeben wird, dass dann eine solche Große Koalition auch frühzeitig endet.
Liminski: Ein großer deutscher Reformer, der Freiherr vom Stein, meinte, wer Reformen durchführen will, muss die Köpfe wechseln. Liegt es am Modell oder an den handelnden Personen, konkret, was in Kiel nicht oder nicht mehr funktioniert, kann in Berlin oder vielleicht auch in Erfurt durchaus Bestand haben?
Althaus: Also es liegt immer auch an den Köpfen, aber es liegt auch an den Grundpositionen der beiden Volksparteien, die sind weit auseinander. Und in Schleswig-Holstein hat sich gezeigt, dass wenn im Besonderen dort die SPD immer opportunistisch und populistisch vorgeht, wenn sie bestimmte gemeinsam getroffene Entscheidungen nach außen nicht vertreten will, weil sie wohl schwierig zu vertreten sind, dann ist natürlich eine solche Große Koalition noch schwieriger über eine Wahlperiode durchzuhalten. Insgesamt muss man aber die klaren parteipolitischen und auch inhaltspolitischen Unterschiede zwischen Union und SPD immer wieder benennen, damit die Wählerinnen auch wissen, die Wählerinnen und Wähler, dass hier diese Unterschiede existieren und dass Große Koalitionen nur bestimmte Kompromisse treffen können für eine bestimmte Zeit, um diese Unterschiede beiseite zu legen oder aber, um Gemeinsamkeiten zu entwickeln.
Liminski: Zu den Grundpositionen, die so weit auseinanderliegen, wie Sie sagen, kommen wir gleich, vielleicht vorher noch eine andere Frage: Halten Sie eine Neuauflage der Großen Koalition in Berlin für möglich, wenn es für Schwarz-Geld nicht reicht? Sie müssen jetzt natürlich sagen, es wird reichen, aber gehen wir doch mal von der Hypothese aus?
Althaus: Also wir werden alles dafür tun, dass wir zu einem Wechsel kommen, das heißt, dass am Ende Union und FDP in der nächsten Legislaturperiode gemeinsam unter der Kanzlerin Angela Merkel Deutschland führen. Wenn das nicht reichen sollte, dann muss natürlich wiederum der Weg zu einer Großen Koalition gesucht werden, dazu hat Angela Merkel in den letzten knapp vier Jahren eine sehr gute Vorleistung erbracht. Aber unser Ziel bleibt es natürlich, dass wir eine klare Perspektive mit einer Unions-FDP-Regierung wollen, weil einige wichtige Reformen auf der Tagesordnung stehen, die wir nur dann umsetzen können.
Liminski: Welche wichtigen Reformen sind das?
Althaus: Da ist zum Beispiel die klare Aussage für die Steuerpolitik. Wir wissen, dass natürlich gerade jetzt in der Krise steuerpolitische Aussagen schwierig sind, aber wir bleiben dabei, wir brauchen eine generelle Entlastung, gerade im Mittelstand und in der Mittelstand, das ist mit der SPD nicht zu machen. Sie schauen immer auf die sogenannten Großverdiener und wollen die Steuersätze eher nach oben schrauben. Zweites großes Thema: Familienpolitik. Wir vertrauen den Eltern, wir wollen, dass Eltern unterstützt werden und dass gleichzeitig Betreuungsangebote ausgebaut werden, aber dass Eltern selbst entscheiden. Und drittes Gebiet, das betrifft im Besonderen die Länder, aber es betrifft auch die SPD generell, die Bildungspolitik, wo die SPD auf Einheitssysteme statt auf Differenzierung und auf Wettbewerb setzt. Und man kann auch den großen Bereich der politischen Grundausrichtung nennen, der Umgang mit der Linkspartei ist bei der SPD vollkommen offen. Es gibt immer dann, wenn es die Möglichkeit gibt, Koalitionen auf Landesebene mit der Linkspartei, gleichzeitig wird sie aber auch als Protestpartei eingestuft. Und dieser Umgang zeigt, dass am Ende die SPD kein verlässlicher Partner ist, wenn es darum geht, die Linkspartei klar zu bekämpfen und auch klar den Wählerinnen und Wählern zu sagen, die Linkspartei ist keine lebbare Alternative in einer Demokratie.
Liminski: Im Rückblick auf die letzten dreieinhalb Jahre könnte man im Bund sagen, Union und SPD sind kompromissfähig gewesen, ja so kompromissfähig bis zur Austauschbarkeit. Wo sehen Sie denn heute die programmatischen Unterschiede? Sie haben eben einige genannt, aber die sind ja sozusagen mit der Zukunft. Im Rückblick gab es eigentlich keine.
Althaus: Es gab auch natürlich Konflikte, aber es ist gelungen, gerade unter der guten und weitsichtigen Führung unserer Kanzlerin Angela Merkel, dass solche Konflikte beigelegt werden konnten, dass wir Kompromisse finden konnten für schwierige Situationen. Das lag sicher auch an den beteiligten Partnern. Aber die offenen Fragen, die sich gestellt haben, bleiben natürlich offen und müssen in der nächsten Legislaturperiode gelöst werden. Beispiel bleibt Familienpolitik - wir wollen, nachdem wir in Thüringen ja auch mit dem Thüringer Erziehungsgeld ein Beispiel gesetzt haben, auch auf Bundesebene das Betreuungsgeld einführen. Ebenso gilt es, die offenen Fragen in der Steuerpolitik zu lösen. Und dritter Bereich ist die generelle Ausrichtung unseres Staates, wir wollen, dass die soziale Marktwirtschaft jetzt im 21. Jahrhundert ihre dritte große Bewährungsprobe bestehen kann, nämlich in der globalisierten Ordnung, in den Grundüberzeugung der sozialen Marktwirtschaft auch die Grundüberzeugung für die globalisierte Welt zu sehen.
Liminski: Herr Althaus, das ist natürlich eine Wahlkampfrede, die Sie da gerade sozusagen schwingen, das ist auch unbenommen, aber wenn ich das Beispiel Familienpolitik nehme, das Sie gerade genannt haben, da kann man doch sagen, in diesem Bereich wurde von der CDU-Ministerin bis jetzt vor allem SPD-Politik gemacht. In Thüringen sieht es anders aus, da haben Sie politisches Profil bewiesen mit einer landeseigenen Familienpolitik. Sehen Sie Ihre Familienpolitik aus Thüringen jetzt als Modell für den Bund?
Althaus: Ja, auf jeden Fall. Wir haben es erreicht, dass auf unserem Bundesparteitag das Thema Betreuungsgeld in der Programmatik verankert werden konnte und damit die Konzentration auf die Verantwortung der Familien gestärkt wird. Wir wollen nicht, dass der Staat vorschreibt, was Familien zu tun haben, sondern im Gegenteil, wir wollen, dass Familien diese Verantwortung wahrnehmen. Da kann man von Thüringen auch lernen, und wir wollen dieses Modell auch in der Union in anderen Ländern mit einbringen, aber vor allen Dingen auch als generelle bundespolitische Leitlinie weiter stärken.
Liminski: Sie sagen häufig, wir wollen, wir werden - sind diese Unterschiede für die Zukunft nicht nur der heranrückenden Wahl geschuldet? Im Wahlkampf müssen Parteien ja ihr Profil immer schärfen.
Althaus: Sicher muss jetzt stärker profiliert, diskutiert werden, aber es ist auch sicher wichtig, dass wir generell in der politischen Alltagsdebatte und auch in der politischen Festlegung deutlich machen, dass es diese politischen Unterschiede gibt, denn die Wählerinnen und Wähler haben ein Recht und haben auch die Pflicht, in Demokratie zu entscheiden. Und entscheiden muss man an Unterschieden orientiert.
Liminski: Ist Profil nicht auch eine Frage der Glaubwürdigkeit? Wirtschaftsminister Guttenberg ist ja auch deshalb so plötzlich beliebt, weil er ordnungspolitisch Rückgrat zeigt - Stichwort Quelle und Opel -, das ist bei den Kollegen Seehofer, Koch, Wulff nicht so deutlich, um es mal so zu sagen.
Althaus: Also die persönliche Überzeugung und die inhaltliche Aussage müssen übereinstimmen, das heißt dann Profilierung, das heißt dann auch profilierter Politiker oder profilierte Politikerin. Insofern ist es ganz wichtig, gerade weil die Themen immer komplizierter werden, auch die Antworten auf die Themen komplizierter werden, dass wir profilierte Politikerinnen und Politiker haben, die durch ihre Glaubwürdigkeit für Positionen stehen und auch für diese Positionen gewählt werden.
Liminski: Der Historiker Michael Stürmer hat uns vor einer halben Stunde gesagt, dass es heute in einer globalisierten Welt vor allem Persönlichkeiten seien, die das Volk und die Wähler überzeugten, weniger die Programme. Nun stimmt das sicher für Frankreich und auch für die USA, stimmt es auch für Deutschland?
Althaus: Es stimmt, denke ich, im Blick auf die Komplexität des politischen Alltags, der zu gestaltenden Aufgaben auf jeden Fall, wobei ich gerne sagen würde, diese Person - ein Mann, eine Frau, eine Politikerin, ein Politiker - muss natürlich Programmatik auch verkörpern, Programmatik anwenden. Wenn das also zusammenfällt, eine überzeugende Persönlichkeit und ein überzeugendes Programm, dann ist das ideale Konstellation in der Demokratie.
Liminski: Profil, Programme, Persönlichkeiten und Parteien und warum Kiel kein Beispiel für den Bund ist - das war Dieter Althaus, der Ministerpräsident des Freistaats Thüringen. Besten Dank für das Gespräch, Herr Althaus!
Althaus: Ja, ich bedanke mich auch!