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"Es wird zu wenig verdient am Sprit"

Wirtschaftsminister Rösler will Mineralölkonzernen verbieten, ihren eigenen Tankstellen Sprit billiger zu verkaufen als freien Anbietern. Deren Bundesverband begrüßt den Schritt, fordert aber weitere Maßnahmen.

Axel Graf Bülow im Gespräch mit Dirk Müller | 25.11.2011
    Dirk Müller: Auf der anderen Leitung mitgehört hat Axel Graf Bülow, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband freier Tankstellen. Guten Morgen!

    Axel Graf Bülow: Guten Morgen!

    Müller: Herr Bülow, können Sie denn etwas mit der Rösler-Initiative anfangen, mehr Wettbewerb zugunsten der freien Tankstellen?

    Bülow: Ja, natürlich können wir da was mit anfangen. Das ist eine Forderung, die wir schon seit Jahren gehabt haben gegenüber der Politik, dass man uns zumindest die Wettbewerbsbedingungen gibt, die wir brauchen, um hier in diesem Markt bestehen zu können und vernünftig bestehen zu können. Wir haben nur das Problem, dass dieses Gesetz, was jetzt als die große Neuerung dargestellt wird, schon seit 2006 da ist. Es geht nicht darum, dass wir hier eine neue Regelung bekommen, sondern diese Regelung war befristet bis 2012, Ende 2012, und jetzt wird sie dauerhaft gemacht.

    Da freuen wir uns natürlich drüber, es ändert aber nichts an der derzeitigen Rechtslage. Und was wir brauchen, ist etwas, was darüber hinausgeht. Es ist auch mit Verlaub nicht das österreichische Modell, was ich für absoluten Unsinn halte, weil das, was eben gesagt wurde von Herrn Singhammer, ist einfach nicht wahr. Österreich hat ein höheres Preisniveau, seitdem das eingeführt worden ist, und die Verbraucher zahlen die Zeche. Es ist auch völlig logisch, denn wenn man nur einmal am Tag die Preise anheben darf, und muss dann damit 24 Stunden auskommen, werde ich immer die obere Kante nehmen und nicht die untere Kante, und das macht das Preisgebiet insgesamt tendenziell höher.

    Müller: Also hat der Wirtschaftsminister recht?

    Bülow: Da gehe ich fest von aus. Allerdings würde ich mich freuen, wenn er das Kartellrecht nicht nur jetzt sozusagen zur Dauerlösung macht, was wir da brauchen, sondern wenn er auch das etwas weiter fasst. Das ist jetzt etwas komplex im Radio, aber wir brauchen auch eine Unterbindung von Preisunterbietungen, die über das hinausgehen, was wir bisher erleben. Da sind wir im Gespräch und hoffen, dass wir da jetzt zum Zuge kommen. Das jetzt im Radio zu erklären, wäre etwas zu kompliziert.

    Müller: Herr Bülow, um da noch einmal Klarheit reinzubringen. Wir reden ja über die großen Fünf, also Aral, BP, Shell, Esso, Jet und Total. Die dominieren die Preise, sie legen die Preise fest, und es ist in der Vergangenheit häufig vorgekommen, so haben wir die Kritik jedenfalls von Ihrer Seite aus verstanden, dass der Einkaufspreis, den Sie bekommen haben, höher war als das, was die Großen Fünf an der Zapfsäule angeboten haben.

    Bülow: Das kommt immer wieder vor, das ist richtig, und dagegen wehren wir uns natürlich. Das Problem war bloß, dass wir uns immer nur gegen die wehren konnten, die auch unsere eigenen Lieferanten sind. Ich sage es mal ganz konkret: Eine Jet beliefert in der Regel keine freien Tankstellen. Die waren mit diesem Gesetz und sind auch in Zukunft mit diesem Gesetz nicht greifbar. Da müssen wir heran und da muss man das Gesetz eigentlich nur um zwei, drei Worte verändern.

    Aber diese kleinen Federstriche sind natürlich immer sehr schwierig, weil sie letztendlich auch an den Grundfesten der freien Marktwirtschaft so ein bisschen rütteln. Aber wie gesagt, wenn wir hier schon mal harte Kante zeigen wollen – und das ist ja jetzt von allen angekündigt worden -, dann wäre da der richtige Weg, aber beileibe nicht beim österreichischen Modell. Das ist Marktwirtschaft, wie wir sie eigentlich überhaupt nicht mehr haben wollen, nämlich Planwirtschaft, und das sollte man lassen. Das ist einfach nicht tragfähig.

    Müller: Herr Bülow, in der Schweiz ist das auch so, dass dort zwei, drei, vier Wochen lang der Spritpreis konstant bleibt, die Spritpreise liegen aber nicht über dem Niveau, was wir hier bezahlen.

    Bülow: Das muss man ja erst mal steuerbereinigt sich angucken. Wenn sie Österreich angucken, das ist ja auch das Paradies für Autofahrer, nur da haben sie 25 Cent weniger Steuern auf dem Sprit. Wir müssen ja auch mal die Ursachen etwas klären. 60 Prozent des Preises sind im Schnitt bei uns Steuern und nichts anderes. Und wenn sie die Preisschwankungen sehen, die lieben wir überhaupt nicht. Das ist für uns genauso ein großes Ärgernis wie für den Verbraucher.

    Der Verbraucher ärgert sich und wir müssen nämlich am Montagfrüh, wenn die Niedrigpreise hier in dieser Republik eingestellt werden, am oder unterm Einstandspreis verkaufen. Das kann ja nicht sein. Und der Verbraucher denkt natürlich ganz klar, dass diese Niedrigstpreise dann die richtigen Preise sind. Weder der niedrigste Preis am Montagfrüh, noch der am Montagabend, wenn wieder angehoben wird, ist der richtige Preis. Irgendwo dazwischen liegt die richtige Wahrheit.

    Müller: Wir haben ja eben im Deutschlandfunk die Stimmen der Autofahrer gehört. Da war viel die Rede von Abzocke. Ist das für Sie auch Abzocke?

    Bülow: Das ist Unsinn. Ich verstehe zwar die Verärgerung der Autofahrer, aber de facto stimmt das einfach nicht. Ich sagte ja gerade: Wenn wir die Tiefstpreise nehmen in der Woche, dann sind die zu niedrig, und wenn wir die Höchstpreise nehmen, sind sie wahrscheinlich zu hoch. Das ist genau dieser Effekt, den wir durchs österreichische Modell noch verschärfen würden. Man muss vernünftige Preise in Deutschland einstellen und man sollte sie auch etwas länger halten können. Da wäre ich sehr dabei. Aber auf diese Weise, also mit dem österreichischen Modell oder anderen, westaustralischen und was da alles genannt wird, das ist mit Verlaub Stammtisch.

    Müller: Herr Bülow, wir haben nicht mehr viel Zeit. Ich möchte dennoch am Ende die Frage stellen. Das durchschnittliche Preisniveau, was wir im Moment auch in dieser Woche haben, sagen wir mal 1,46, 1,47 Euro zum Beispiel für den Diesel, das ist ein realer gerechtfertigter Preis?

    Bülow: Ich kann jetzt den Tagespreis noch nicht mal sehen heute Morgen, da müsste ich erst mal in die Firmen gucken. Allerdings ist es so, dass wir ein sehr hohes Dieselpreisniveau haben, es wird zu wenig in Deutschland hergestellt, die Raffinerien haben ja zum Teil auch schon geschlossen, auch ein Effekt. Es wird zu wenig verdient am Sprit, zumindest in dem Bereich. Wir müssen die internationalen Notierungen bezahlen, da bleibt uns nichts anderes übrig, und von daher ist der Dieselpreis im Augenblick sehr hoch. Das ist aber nicht das erste Mal in dieser Welt, dass der Dieselpreis im Winter steigt.

    Müller: Axel Graf Bülow, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband freier Tankstellen. Vielen Dank für dieses Gespräch und auf Wiederhören.


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.