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Estland
Regierungsbündnis verliert Mehrheit

In Estland hat die liberale Reformpartei die meisten Sitze gewonnen und wird wohl weiterhin den Regierungschef stellen. Allerdings verliert die bisherige Regierungskoalition ihre Mehrheit. Eine Zusammenarbeit mit der prorussischen Zentrumspartei schloss Amtsinhaber Taavi Rõivas aus.

02.03.2015
    Der estnische Ministerpräsident Taavi Roivas am 12. 2. 2015 beim EU-Gipfel in Brüssel.
    Taavi Rõivas, Chef der liberalen Reformpartei, wird zur Regierungsbildung einen zusätzlichen Koalitionspartner benötigen. (imago/Xinhua)
    Rõivas hatte sein Amt im März 2014 angetreten, mit 35 Jahren ist er der jüngste Regierungschef in der EU. Mit Rufen nach mehr Nato-Unterstützung für sein Land angesichts der Ukraine-Krise hatte er im Wahlkampf geworben. Mit relativem Erfolg: Seine Reformpartei hat 30 der 101 Sitze im neuen Parlament gewonnen und ist damit stärkste Kraft, verliert aber drei Sitze. Der bisherige Juniorpartner, die sozialdemokratische Partei, kommt auf 15 Sitze. Damit verliert das Bündnis seine absolute Mehrheit.
    Zweitstärkste Kraft ist die prorussische Zentrumspartei um Edgar Savisaar - rund ein Viertel der 1,3 Millionen Esten ist russischstämmig. Die Zentrumspartei konnte einen Sitz hinzugewinnen und stellt nun 27 Abgeordnete. Eine Koalition mit der ihr schloss aus.
    Es wird erwartet, dass Estlands Präsident Toomas Hendrik Ilves den Amtsinhaber Rõivas trotz der Verluste mit der Regierungsbildung beauftragt. Mögliche Stütze der Regierungskoalition ist die konservative Partei IRL, die neun Sitze verlor und nun 14 Abgeordnete stellt.
    Mit der Konservativen Volkspartei (acht Sitze) und der Freien Partei (sieben Sitze) schafften zwei neue Parteien den Einzug ins Parlament, in dem nun sechs Parteien vertreten sind.
    Im Eindruck des Ukraine-Konflikts
    Die Wahlbeteiligung lag bei 63,7 Prozent. Jeder fünfte Wähler in Estland stimmte per Computer ab - ein neuer Rekord. Das E-Voting gibt es im High-Tech-Land Estland bereits seit zehn Jahren.
    Die Wahl stand unter dem Eindruck des Ukraine-Konflikts, weshalb die Außen- und Sicherheitspolitik das beherrschende Wahlkampfthema waren. Estland fürchtet wie die anderen Baltenstaaten weitere territoriale Ansprüche Russlands nach der Annexion der Krim. Neben der Sicherheit des baltischen Landes spielten vor allem die Wirtschafts- und die Sozialpolitik eine Rolle.
    (bor/vic)