Dienstag, 23. April 2024

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eTwinning
Virtuelle Partnerbörse für Schulen

eTwinning ist die virtuelle Partnerschulbörse unter dem Dach von Ersamus+. Über die Online-Plattform können Schüler aus unterschiedlichen Ländern gemeinsam an Projekten arbeiten. Wie das virtuelle Projekt für Schulen funktioniert, erklärt Carmen Quintela Gonzalez vom Pädagogischen Austauschdienst der Kultusministerkonferenz.

Carmen Quintela Gonzalez im Gespräch mit Mike Herbstreuth | 15.06.2017
    Eine Computer-Tastatur mit Europa-Flagge
    Ob aus Spanien, Türkei, Polen, Litauen oder Italien: Via eTwinning pflegen Schüler Kontakte über Grenzen hinweg. (Imago)
    Mike Herbstreuth: Frau Quintela, nehmen wir mal an, ich bin Lehrer an einer Schule und möchte bei eTwinning mitmachen. Wie funktioniert das?
    Carmen Quintela Gonzáles: In der Regel ist es so, dass Lehrkräfte sich bei eTwinning registrieren, erst einmal gucken, was das Programm so für sie bereithält. Teilweise kommt es den Lehrkräften auf den Austausch miteinander an, teilweise haben sie schon eine Idee, was sie mit ihren Schülerinnen und Schülern machen können, was vielleicht auch in ihr Curriculum passt, und dann gehen sie erst mal auf die Suche. Und wenn sich dann herausgestellt hat, dass sie eine passende Partnerschule gefunden haben, dann findet zuerst mal reger Austausch unter den Lehrkräften selber statt, und wenn sie sich dann auf ein Projektthema geeinigt haben, dann können sie das auf der Plattform registrieren, also einen Projektplan ausfüllen, und wir würden dann – in diesem Fall für deutsche Lehrkräfte – dem Projekt zustimmen.
    Und damit erhalten die Lehrkräfte dann einen geschützten virtuellen Raum, in dem sie dann auch mit ihren Schülern arbeiten können, das heißt, in dem sie dann auch ihre Schüler ganz ähnlich einem virtuellen Klassenraum einladen können, einbeziehen können, wenn es darum geht, miteinander zu kommunizieren oder Inhalte zu erstellen oder kreativ zu werden, mit digitalen Medien zu arbeiten.
    "Alle Schulformen können bei eTwinning mitmachen"
    Herbstreuth: Also passiert alles virtuell dann?
    Quintela: Ganz genau, in der Regel ist das so. Einige Projekte gehen vielleicht auch etwas weiter, als nur über eTwinning zu arbeiten, und registrieren dann auch eine Erasmus-Plus-Schulpartnerschaft und kommen dann, sofern sie dann ihr Projekt bewilligt bekommen, auch die Möglichkeit, sich real zu treffen.
    Herbstreuth: Aber wenn das erst mal alles so virtuell passiert, dann klingt das ja vielleicht auch so ein bisschen, als wären da jetzt Schulen ohne einen anständigen PC-Raum erst mal außen vor.
    Quintela: Also in der Tat haben Sie recht, die Schulen sind mitunter sehr unterschiedlich ausgestattet. Das ist auch in anderen Ländern so wie bei uns in Deutschland sehr unterschiedlich gestaltet, aber da sind die Lehrkräfte sehr, sehr kreativ unterwegs und haben gute Ideen, das zu überbrücken – sei es, weil sie beispielsweise einen gemeinsamen PC in der Klasse nutzen.
    Und beispielsweise diesen Projektraum, diesen gemeinsamen, über den Beamer an die Tafel projizieren, an das Whiteboard projizieren, und so gemeinsam Inhalte und Vorgehensweisen, Projektthemen darin besprechen, sei es, dass zum Teil auch – die an eTwinning teilnehmen – die Endgeräte die Schüler selbst mitbringen.
    Themen aufgreifen, die den Schülern unter den Nägeln brennen
    Herbstreuth: Wie sehen solche Projekte denn aus, was machen die Schüler da, was kommt dabei denn raus?
    Quintela: Da sind die Lehrkräfte und Schulen wirklich sehr, sehr kreativ. Bei eTwinning ist es so, dass zunächst einmal, das sei vorab gesagt, von der Vorschule bis zur berufsbildenden Schule alle Schulformen bei eTwinning mitmachen können, und sie sind dabei auch nicht an ein bestimmtes Thema, an einen bestimmten Fächerschwerpunkt gebunden, sie sind auch nicht an eine bestimmte Projektlaufzeit gebunden. Das heißt, sie können Projekte so gestalten, wie es gerade für die Schulen selber passt, wie es für den Kontext passt und das auch auf das Alter und die Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler natürlich abstimmen.
    Interessant ist, dass es den Schulen auch gelingt, tagesaktuelle oder Themen, die den Schulen und den Kindern unter den Nägeln brennen, dass sie das mit in ihre Projekte aufnehmen können. Zum Beispiel war es im letzten Jahr ein großes Thema, das Thema Migration mit in Projekte aufzunehmen. Zum Beispiel hat eine berufsbildende Schule mit einer Integrationsklasse gemeinsam ein Lied gestaltet.
    Flüchtlinge, die hier in Deutschland erst mal Deutsch lernen mussten, haben dann gemeinsam und mit Unterstützung ihrer deutschen Partnerschüler mit Partnern in Italien zusammen ein Lied auf die Beine gestellt. Andere Schulen sind beispielsweise beim Thema Migration so vorgegangen, dass sie erst mal geguckt haben, wie viele Länder sind denn überhaupt an unserer Schule auch vertreten, wo kommen die Mitschüler her, welche Geschichte bringen sie mit – also auch das eine gute Möglichkeit, die Wurzeln von Kindern mit Migrationshintergrund auch wertzuschätzen und diese auch für den Unterricht nutzbar zu machen und so ein bisschen zu sensibilisieren für Gründe und Hintergründe von Migration.
    "Das trägt schon dazu bei, den Blick zu weiten"
    Herbstreuth: Glauben Sie denn, dass dieses Programm so eine Art europäisches Gefühl fördert?
    Quintela: Unbedingt, also sowohl bei den Lehrkräften, die daran teilnehmen, als auch bei den Schülerinnen und Schülern: bei den Lehrkräften über den Austausch, der ohnehin jederzeit über die Plattform möglich ist, auch dadurch, dass wir zahlreiche Fortbildungen im In- und Ausland anbieten mit internationaler Beteiligung. Und für Schülerinnen und Schüler, glaube ich, bringt das den großen Mehrwert, dass sie auch Gemeinsamkeiten und Unterschiede erkennen im Miteinander beim Lernen, sei es, dass sie sich austauschen und merken, dass es gemeinsame Interessen gibt, dass es Unterschiede gibt bei der Tagesgestaltung, wie der Schulablauf ist, dass die Küche unterschiedlich ist.
    Ich glaube, das trägt schon dazu bei, den Blick zu weiten. Und es bietet natürlich auch vielen Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, dann tatsächlich auch etwas Ausland zu erleben, denn es ist durchaus nicht so, dass es sich jeder leisten könnte, an einem Schulaustauschprogramm, das mit einer Reise verbunden ist, dann auch teilzunehmen.
    Herbstreuth: eTwinning, also auch als Möglichkeit eines Auslandsschulaufenthalts im Kleinen. Carmen Quintela war das, Referentin für eTwinning beim Pädagogischen Austauschdienst.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.